GSR 600 - Überall dabei

Reichen 600? Bei der Tour, auf der Rennstrecke und fürs eigene Ego? Ja! Wenn man den Motor richtig schreien lässt.

Schauplatz 1: Die Rennstrecke


Photo: Panfoto


Interessantes Konzept.
Man nehme den drehzahlgierigen Motor aus der GSX-R 600 und stecke ihn in ein modernes nacktes Chassis. Für uns ein ideales Werkzeug für geplante Naked Bike Einsätze auf der Rennstrecke. Ich hab damit viele nette Runden am Pannoniaring gedreht und sogar zwei Pokale liessen sich bis letzte woche nicht vermeiden. Ich war jedoch verunsichert. Auf den Gabeln und Federbeinen der Gegner klebten immer Aufkleber von Öhlins, WP und Co. während ich im Originalzustand meine Runden zog. Kann nicht sein dachte ich und pilgerte ins Fahrwerksmekka zu Hans Haslacher nach Thalgau.

Wo liegt das Problem fragte er? "Problem? Ich hab kein Problem. Die GSR rennt gut. Nur die Gegner haben alle Öhlins und WP drinnen. Ich brauch das auch. Ausserdem hat man mir im Fahrerlager gesagt, dass ich demnächst abfliegen werde. Beim Anbremsen fahr ich angeblich immer nur auf dem Vorderrad. Ist mir aber noch nicht aufgefallen."

Eine gemeinsame Analyse er originalen Komponenten brachte einige Erkenntnisse. Die Fahrwerksteile an der GSR 600 sind zwar günstig aufgebaut funktionieren in der Praxis aber sehr gut. Verlässt man jedoch den Bereich, für den das Fahrwerk der GSR 600 konzipiert ist, fehlen die Einstellmöglichkeiten am Fahrwerk um hier mitzuziehen. Bei harten Bremsmanövern auf der Rennstrecke taucht die Gabel zu schnell ein, das Heck kommt etwas in die Höhe.

Neues Fahrwerk, neue Zeiten?

Haslacher montiert ein neues Cartridge in der Gabel vorne und weil wir grad beim Umbauen sind auch ein neues Federbein hinten. Der erste Rollout auf der Rennstrecke brachte zuerst eine Ernüchterung. Die Zeiten purzelten nicht von alleine. Doch ein 45 Minuten Turn brachte Klarheit. Weniger Stress beim Fahren! Die GSR bleibt in der Anbremszone stabil und auch nach langen Turns wird das Heck nicht weich. Ich war zufrieden und fühlte mich schnell. Bis zu jenem Zeitpunkt als ich erfuhr, dass es in der Steiermark einen irren Suzuki Händler gibt, welcher mit der originalen GSR 2:13 fährt. Ohne Tuning! Da fehlen mir noch 2. Es darf geübt werden.

Erster Sieg

Bei den Berger Race Days am 4. September rechnete ich eigentlich nicht mit starker Konkurrenz. Bei den vergangenen Termine im Sommer, war die Naked Bike Klasse "Limited", also bis 600ccm, nicht besonders dicht besetzt. Daher auch die 2 Pokale. Doch diesmal waren einige flotte Burschen dort. Ein Platz auf den Podest wird wohl ausser Reichweite sein.

Doch auch diesmal war ein guter Start die halbe Miete. Ich konnte dem Gemetzel der ersten Kurve entkommen, indem ich einfach ganz innen blieb. Also von der Strecke und den Curbs aus gesehen genau genommen aussen. Die Ernte konnte ich dann in den folgenden Kurven einfahren. Während sich hinter mir ein wildes Gestochere abspielte hatte ich vor mir freie Bahn und konnte sofort richtig Gas geben. Denn vor mir waren nur noch die richtig schnellen Jungs auf ihren 1000ern. Die zähen Gegner hinter mir hielt ich mir mit viel Ehrgeiz in der Bremszone vom Leibe. Die GSR liess mich in der Anbremszone niemals im Stich. Die Sache mit dem Zwischengas hab ich mir schon vor Jahren abgewöhnt - es übersteigt einfach meine motorischen Fähigkeiten. Doch die GSR bügelte den kurzen Ruck aus dem Heck vor dem Umlegen immer perfekt aus.

Diesmal erlaubte ich mir ausnahmsweise nicht einen einzigen Fehler am Schaltgestänge. Die GSR fährt gut und schnell, doch im falschen Gang wird sie mit 1000ern im Nacken sofort zum Opfer. Bleibt die Nadel jedoch über 10.000 reicht der Schub der Verfolger nicht um noch vor der Anbremszone vorbeizugehen.

Am Ende des Rennens holte Berzerk mit der Ducati Monster S4Rs den Sieg in der offenen Klasse. Nach einem Start aus der Boxengasse pflügte er durchs Feld und war am Zielstrich 3 Tausendstel vor dem strammen Berger auf der FZ1. Dahinter folgten Sigi Blam und Doc Enders. Ich selbst holte den Sieg in der kleinen Klasse vor dem schnellen Hornet Racer Stefan Staritz (2:13!) und Reinhard Berreiter. Ich habe Angst vor der Revanche!

Hier die kompletten Ergebnisse vom Berger Race Day am 4.9

 

Schauplatz 2: Die Tour

 


Photo: Peter Bogoly

Schnell! Eine Tour mit der GSR wird sehr schnell! Der Motor der GSR 600 wird gedreht. Ab 10.000 Touren gibt es dann prächtige akustische Untermalung und die Sitzposition wird aggressiv. Immer und immer wieder ertappe ich mich auf der GSR 600 beim kräftigen Andrücken. Eigentlich sollten die zahlreichen Kilometer auf der Rennstrecke ja reichen, doch der Lausbub in mir kann einfach nicht anders. Ein schreiender 600er Motor weckt scheinbar irgendwelche Urinstinkte in meiner rechten Hand. Die GSR 600 ist definitiv ein geiles Bike für Streetracer.

Big Bike Gegner? Die GSR 600 spielt auf der Strasse sicherlich in der grossen Liga mit. Also bei den 1000ern. Nur fällt der Speed auf der GSR 600 nicht ganz so leicht wie auf den Hubraummonstern. Das kreischende Aggregat der GSX-R verlangt nach Drehzahl und hat nach oben hin Reserven. Also dort wo die anderen schon längst schalten, kann man noch ein paar Pferde aus dem Motor kitzeln. Ich erinnere mich nur zu gut an ein nettes Intermezzo mit einem Kollegen auf der K 1200 von BMW. Zuerst befürchtete ich ein hoffnungsloses Unterfangen doch das steirische Winkelwerk bot viele Überraschung. Zu viele um die 160 Pferde der BMW zügellos marschieren zu lassen. Ich schaltete oft und bremste später. Bei Wechselkurven machte ich viel Meter gut und verlor erst auf den langen Geraden. Wir beendeten das Schauspiel bei der ersten Ortstafel und resümierten: Unterschätze niemals die Kleinen! Die haben schmerzhafte Tiefschläge parat.

Gemütliche Ausfahrt? Ich muss gestehen, dass ich selten gemütliche Ausfahrten auf der GSR erlebe. Denn sobald ich mich im Sattel entspanne werde ich unruhig. Der Windschutz fehlt ab 130km/h und mit der kurzen Übersetzung (1 Zahn am Ritzel weniger als original) ist dem alten Herren der Motor auch im sechsten Gang zu laut. Also schalte ich zweimal zurück und hole mir ein wenig Adrenalin.

Alltagsbike? Termine in dem für uns Burgenländer etwas suspekten Wien erledige ich sehr gerne mit der GSR. Die Anfahrt über das wohl langweiligste Stück Strasse (A2 von Wr. Neustadt nach Wien) überlebe ich auf der GSR 600 immer im sicheren Bereich des Scheins. Denn dort wo der rosa Deckel zu flattern beginnt, flattere auch ich selbst zu sehr im Wind. Doch sehr lustig wird es dann in der Stadt. Dort ist das Revier von Rollern, Supermotos und Naked Bikes. Im Sattel der GSR sitze ich komfortabel, behalte den Überblick, fühle mich sicher und kann auf sämtliche Situationen blitzartig reagieren.

Beliebt ist die GSR 600! Aktuell liegt die GSR 600 bei den Verkäufen auf Platz 3 in Österreich. Und das obwohl die Mitbewerber ihre Bikes mit scharfen Aktionen um einiges günstiger machten. Doch die Käufer entschieden richtig. Die GSR ist das modernste Bike in dieser Klasse und markiert den derzeitigen Standard in der 600er Nakedklasse. Bei der nackten Suzuki wurde nicht an neuralgischen Stellen gespart. Nehmen wir zum Beispiel die Schwinge. Oft fällt das lässige Teil aus der Supersportecke dem Rechenstift zum Opfer und man montiert ein billiges Teil auf ein tolles Motorrad. Die GSR-Schwinge ist hingegen fett dimensioniert und bildet mit dem Alurahmen und dem guten Fahrwerk eine solide Einheit. Auf der Strasse erfreue ich mich somit täglich an einer überraschend billigen und schnellen 600er. In engen Kurven super agil und in weiten Radien schnell und stabil.


Photo: NilsNasty
 

Schauplatz 3: Die Garage

 

Tipps für GSR Piloten: Sinnvolle Investments für die Strasse

  • Prüfstand: Serienmässig kommt die neue GSR leider etwas zu mager in die Schauräume. Euro 3 lässt grüssen. Noch bevor ihr euch Gedanken über Auspuff und Motortuning macht, bringt die GSR einfach zu einem erfahrenen Suzuki Händler mit Prüfstand. Meine GSR war bei der Fa. Bogoly in Bruckneudorf (www.bogy.at) und ich fuhr auch schon ein gut abgestimmtes Exemplar von der Fa. Mayer aus Leobersdorf (www.suzuki-mayer.at). Mit ein paar Handgriffen entlockte man der GSR ganz normal 10 PS. Der Prüstand spricht: Knapp 100 PS am Hinterrad. Der Auspuff bleibt bei mir übrigens original. Ich bin in dieser Hinsicht ein wenig spiessig. Ich mag laute Motorräder auf der Strasse nicht. Peinlich aber wahr.

  • Breiter Lenker: Kostet ebenfalls einen Nasenrammel macht aber aus der agilen GSR eine noch agilere Kampfwespe. Könner legen die GSR damit in Sekundenbruchteilen von einer Raste auf die andere. Besonders in unbekannten Gebiet, wo viele korrigierende Manöver notwendig sind, ist die GSR mir breitem Griff eine Macht. Ich habe einen Lucas Lenker mit Teilegutachten montiert. www.bogy.at

  • Ein Tag am Ring: Keine Sorge! Das fehlende X im GSR Schriftzug soll euch nicht von gemeinsamen Fahrten mit GSX-Rs auf der Rundstrecke abhalten. Ich selbst fuhr heuer bei den Suzuki Race Days und war nicht der einzige GSR Pilot im Fahrerlager und leider auch nicht der schnellste.

  • Originalzubehör: Besonders die grosse Cockpit Verkleidung sollte ich eigentlich auf meiner GSR montieren. Wäre praktisch, wäre gut, sieht dann aber nicht mehr so lässig aus. Im Suzuki Zubehörprogramm gibt es einige optische Schmankerln aus Alu und in Carbon Look.

Tipps für GSR Piloten: Sinnvolle Investments für die Rennstrecke (Nach Notwendigkeit gereiht)

  • Ein Zahn kürzer vorne: Obligatorisch. Die Übersetzung ist dann genau richtig für den Pannoniaring.

  • Stahlflexbremsleitungen: Die Bremserei an der GSR ist gut und auch die Leitungen machen einige flotte Runden mit. Wird die Anzahl der Runden jedoch höher und die Bremsmanöver härter, bieten die Stahlflexleitungen einfach mehr Sicherheit. Kosten knapp über 100 Euro. www.bogy.at

  • Härtere Federn bzw. Gabelumbau vorne: Gleiches Thema wie bei den Bremsen. Für den gelegentlichen Ausflug auf die Rennstrecke ist ein Fahrwerksumbau offen gesagt Luxus. Wer jedoch öfters fährt und immer schneller wird, freut sich über die erweiterten Möglichkeiten welche ein Gabelumbau bietet. Die billige Variante (Gabelöl und Federn tauschen) kostet ca. 190 Euro. Die Deluxe Variante mit kompletten Cartridge Umbau, neuen Federn und einstellbarer Druck- und Zugstufe kostet 1.100 Euro. www.haslacher.at

  • Federbein: Hab ich eigentlich nur fürs Ego montiert, freue mich nun aber in der schnellen Bergauflinks am Pannoniaring über gespenstische Ruhe im Heck. Das volleinstellbare WP Federbein kostet beim Haslacher 850 Euro. Dann gibt es genug Reserven.

  • Fussrastenanlage: Wäre in meinem Fall die logische nächste Investition. Die Originalfussrasten setzen mittlerweile in fast jeder Kurve auf und mein Nervenkostüm hält diesen Geräuschen nicht Stand. Doch ich bin feige: Denn die Schräglage bis zu den Rasten machen die Metzeler Racetek spielerisch mit. Brenzlige Situationen gibt es so keine. So halte ich mich selbst an der kurzen Leine.

  • Wem das nicht genug ist der hole sein Sparbuch und klickt hier.

 

Technische Daten

 
Motor4-Zylinder Reihenmotor, 4-Takt, DOHC
Hubraum599.4 ccm
Bohrung x Hub67 x 42,5
Leistung98 PS / 72kW  bei 12.000 U/min 
Drehmoment64,70 NM bei 9.600 U/min
Verdichtung12,5 : 1
Gemischaufb.Elektron. Einspritzung
Antrieb6-Gang, Kette
RahmenAluminiumrahmen
Gabel43 mm Federvorspannung einstellbar
FederbeinFedervorspannung 7 fach. und Zugstufe einstellbar
Reifen vo.120/70ZR17
Reifen hi.180/55ZR17
Bremsen vo.2 Scheibenbremsen 310 mm, 4-Kolben-Bremssattel
Bremsen hi.1 Scheibenbremse 240 mm, 1-Kolben-Bremssattel
Länge2.090 mm
Breite795 mm
Höhe1.075 mm
Radstand1.440 mm
Bodenfreiheit130 mm
Sitzhöhe785 mm
Trockengewicht183 kg
Topspeed ca.220 km/h
Tankinhalt ca.16,5 L
Preis:7.999 Euro

 

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Fazit: Suzuki GSR 600 2006

Bei der nackten Suzuki wurde nicht an neuralgischen Stellen gespart. Auf der Strasse erfreut man sich am hochwertigen Motor und Chassis. In engen Kurven ist sie super agil und in weiten Radien schnell und stabil.


  • Drehzahlgieriger Motor
  • stabil und quirlig zugleich
  • hervorragendes Gesamtpaket
  • klarerweise fehlt der Windschutz
  • USD Gabel würde ihr gut stehen.

Bericht vom 07.09.2006 | 32'008 Aufrufe

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