EXC450 vs. TE300

Die ewige Debatte geht weiter Zwei- oder Viertakt?
 

KTM EXC 450 vs. Husqvarna TE 300

Eine weitere Schlacht im Glaubenskrieg zwischen Zwei- und Viertakter. Gibt es einen Sieger, oder haben beide ihre Vorzüge? Ein Bericht in Theorie und Praxis.
 
Die Debatte um die richtige Taktzahl ist wahrscheinlich so alt wie der Endurosport selbst. Dieser kleine Unterschied ist verantwortlich für stundenlange Debatten und sogar Freundschaften gingen hier schon zu Bruch. Doch versuchen wir zuerst mal etwas sachlich an das Thema ranzugehen und erläutern mal die gravierendsten Unterschiede.

Der grösste Vorteil des Zweitakter liegt in der einfacheren Bauart. Das zieht natürlich einen geringeren Anschaffungspreis sowie überschaubare Erhaltungskosten mit sich. Der Viertakter hat hier das Nachsehen, die aufwendigere Technik kostet Geld. In unserem Beispiel der EXC 450 und der TE 300 fallen hier Mehrkosten von 500 € für die EXC an. Auch in der Wartung können die 4T den 2T nicht das Wasser reichen. Die Materialkosten für einen Kolbentausch (bei der TE je nach Gebrauch nach ca. 120Bh) betragen etwa 150 € - einen Bruchteil vom Viertakter. Das trägt sich dann weiter über den Ölfilterwechsel, Ventileinstellen usw. Kostenstellen, die man beim Zweitakter vergebens sucht.

   
Knallharte Fakten, die nicht lügen können - links die TE 300, rechts die vermeintlich "viel" schwerere 450 EXC.
 
Die schon angeschnittene einfachere Bauweise spiegelt sich auch im Gewicht nieder. Wir stellten beide Kontrahenten vollgetankt  auf die Waage und waren dann doch etwas überrascht. Das Ergebnis deckt sich zwar mit unserer Vermutung, jedoch rücken die 450er immer näher an die leichten 2Takter. Konkret zog die TE 300 mit knapp 114 Kg an meiner Schweinehälften-Waage, mit den 121,2Kg der EXC 450 liegen nur mehr gut 7Kg zwischen den beiden Modellen. Der Fairness halber sollten aber die unterschiedlichen Tankinhalte nicht unerwähnt bleiben: 9 Liter fasst der Tank der KTM, 11 Liter jener der Husqvarna. Eine Differenz, die nicht von ungefähr kommt, durch die Vermischung von Frischgasen mit Abgasen bei der Verbrennung haben die Zweitakter einen spürbar höheren Kraftstoffverbrauch.

Mehr Unterschied als auf der Waage sichtbar.

Noch ein kurzer Exkurs bezüglich des Gewichtes. Vergleicht man Strassenbikes mit einem Gewichtsunterschied von 10 Kilogramm miteinander, werden nur wenige einen spürbaren Unterschied betreffend Handling feststellen können. Hier ist das etwas anders, da sich ein nicht zu Unterschätzender Teil des Mehrgewichtes an den beweglichen Teilen des Viertakters wiederfindet wirkt sich das auch auf das Handling aus.

So sind etwa Kolben, Pleuel, Kurbelwelle und Schwung beim Viertakter schwerer als beim Zweitakter. Zusätzlich sind noch Ventile, Nockenwelle und Ventiltrieb verbaut, die im Zweitakter keinen Platz finden. Während der Fahrt sind all diese Teile in Bewegung, was einen syroskopischen Effekt bewirkt. Deshalb wirkt ein Viertakter in schnellen Passagen etwas satter und sicherer, ein Zweitakter in kniffligen Situationen aber agiler und wendiger.

 
Bis dato waren das nun mehr Minuspunkte für den Viertakter, der kann jedoch in der Leistungsentfaltung punkten. Während die Leistungsentfaltung beim Zweitakter gerade für Anfänger nervös, aggressiv und teilweise sogar unkontrolliert wirkt, geht es der Viertakter weitaus ruhiger an. Die etwas zivilere Leistungsentfaltung kommt vor allem ungeübten Fahrern zu Gute. Doch nicht nur die Rookies haben damit ihre Freude, auch Fortgeschrittene schätzen den ruhigen Viertaker auf schnelleren und einfachen Passagen. Doch nun genug der grauen Theorie, rauf auf die Maschinen und rein in den Wald.
 

KTM EXC 450

kot Ich habe sofort durchschaut, wieso einige meiner Kollegen so gerne Endurofahren gehen. Als voll gepanzerter Endurowanderer sieht man aus wie ein Football-Spieler und Football-Spieler sehen aus wie Krieger. Mit martialischem Helm, überbreiten Schultern und gepanzerten Stiefeln kommen die Waldmenschen daher wie Robocop und denken sie wären hart wie Stahl. Dabei ist im Gelände zu fahren ja viel einfacher als auf der Strasse. Haben wir als Kinder alle mit dem BMX getan und es hat jede Menge Spass gemacht, ohne anstrengend oder gar gefährlich zu sein. Wiese und Erde sind schliesslich wesentlich weicher als Asphalt oder Beton. Dann wagte ich mich zum ersten Mal selbst ins Gelände und musste feststellen, dass hinter der harten Schale noch härtere Typen stecken. Als scheinbar typisches Anfängerbike wurde mir eine KTM EXC-F250 empfohlen und der Selbstverständlichkeit und Sicherheit nach zu urteilen, mit der ich mich über Stock und Stein bewegte, war es der richtige Rat.

Fortan war ich auf Viertakter fixiert und fühle mich auf ihnen nach wie vor am sichersten, so auch auf der 450er EXC, die wir im arlo-Wald getestet haben. Der Motor klingt kräftig, zuverlässig und vertraut, im Gegensatz zum Zweitakt-Geplärre der TE300. Ich habe das Gefühl, wenn ich mich nur ganz fest an sie klammere, würde sie mich jeden Berg hochziehen. Es geht ja nicht darum, von A nach B zu kommen, sondern von A auf B.

Kraftentfaltung und Traktion sind für mich nachvollziehbar, die Verbindung zwischen Gas(hand) und Hinterreifen immer aufrecht. Während der Viertakter bei den Erstbesteigungen und Abfahrten die ganze Arbeit praktisch alleine verrichtete, musste ich im Winkelwerkgehölz sehr aktiv werden, was mir schnell die Kraft aus den Ärmeln zog. Dort fühlte sich die EXC für mich weniger flexibel und schwerfälliger an als die TE, unpräzise Fahrmanöver hatten jede Menge anstrengender Fehlversuche und Nacharbeiten zur Folge. Als wir allerdings in leichteres Gelände mit weiteren Radien, besserem Grip und schneller gefahrenen Passagen kamen, gefielen mir Stabilität und souveräne Stärke der KTM wieder äusserst gut.
 


Husqvarna TE 300

kotBei meinem ersten und bisher einzigen Endurotraining bekam der Kursleiter Probleme mit seinem Motorrad, während wir gerade mitten im Offroadpark von Nagycenk eine Anlieger-Sektion durchexerzierten. Er bat seinen Einser-Schüler, also mich, mit der unzuverlässigen Kraxn zurück zum Fahrerlager zu gondeln, um sie dort gegen sein Ersatzmotorrad, eine EXC300 auszutauschen. Zum Glück hielt die Reibe durch und ich hatte nach 5 Minuten das Hauptquartier erreicht und wechselte auf den Zweitakter. Zurück war ich ca. 20 Minuten später, weil ich bis zum Ziel mehrmals gestürzt bin, der Motor ständig abgestorben ist und ich keine Ahnung hatte, wie zur Hölle man mit dem Unding flott vorankommen könnte.

Danach griff ich jahrelang weder einen Zweitakter noch sonst irgendeine Enduro an. Nun war es wieder soweit und ich konnte unmöglich Nein sagen, schliesslich handelte es sich um einen Vergleich. Zumindest konnte ich diesmal herausfinden, wieso ein Semi-Pro wie arlo absolut immer zur TE greifen würde. Obwohl ihr Gewichtsvorteil nur 9 Kilo beträgt, fährt sie sich so kinderleicht, als wäre sie einen Zentner leichter. Das ermöglicht Könnern nicht nur das Bezwingen ultraharter Passagen siehe Erzberg sondern erleichtert Ungeübten ebenfalls das Manövrieren. Wenn die Hindernisse schon schwierig genug sind, muss das Motorrad möglichst umgänglich sein und mehrere Versuche zulassen, ohne den Fahrer sofort zu ermüden. Korrekturen sind einfacher umzusetzen, die Arbeit am Lenker fällt leichter. Mit der Traktion hatte ich allerdings wieder meine Probleme und der Motor dürfte ca. 70 Mal abgestorben sein, meist am Ende einer Abfahrt. Um das Absterben zu verhindern, versuchte ich, ständig am Gas zu zupfen, was gewaltig nervte. Eine ziemliche Zicke, die gekonnten Umgang verlangt. Wenn man weiss, wie mit ihr umzugehen ist, kann sie einem aber fast jeden Wunsch erfüllen.

 



 
 

Text: Kot / Arlo
Fotos:
Kot / Arlo

Autor

Bericht vom 22.04.2014 | 17'670 Aufrufe

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