Elektrofachmesse

Elektrofahrzeuge werden elektronisch. Fachmesse in Stuttgart. Electric Vehicles - Land, Sea, Air Europe 2011

Elektrofahrzeuge werden elektronisch

Der Gesamtwert eines militärischen Düsenflugzeugs ergibt sich zu etwa 80 % aus dessen Schaltkreisen. Dabei ist der erste Motorenflug wenig mehr als ein Jahrhundert her. Passagierflugzeuge bestehen zu etwa 50% aus Elektronik und Elektrik, ein gängiges Familienauto hingegen zu rund 30 %. Wobei all diese Prozentangaben kontinuierlich wachsen. Ein Flugzeug besteht heute aus weit mehr als dem Radar, der Kommunikationseinheit und anderen Instrumenten, die vom Piloten kontrolliert werden. Eine Fülle an Sensoren, Kraftstoffregelung und weiteren Regelungssystemen in den Motoren, Flügeln und anderswo machen ein Flugzeug ebenso aus. Sogar das herkömmliche Familienauto besteht aus weit mehr als Navigationssystem, Telefon, Einparkhilfe und anderer Elektronik zur direkten Fahrerunterstützung. Der MEMS-Beschleunigungssensor für Airbags ist nur ein Beispiel für die stetig steigende Anzahl an versteckten Sicherheitskomponenten und -massnahmen, die mithilfe von Schaltungstechnik gesteuerte werden.

Elektrofahrzeuge sind voller Schaltkreise

Mit der Einführung von hybriden und voll elektrischen Fahrzeugen wird der Trend zu immer mehr Schaltkreisen weiter angetrieben. Es ist allseits bekannt, dass die Antriebsbatterie eines Elektrofahrzeugs bis zu 50% der Kosten ausmachen kann, egal ob Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug. Weniger bekannt ist, dass die Zellen selbst auch lediglich 50% des Batteriegesamtwertes ausmachen können. Entsprechend bietet Lithium-Balance-Technologie einen komplett neuen Ansatz für Batteriemanagementsysteme (BMS). Elektrische und elektronische Schaltungen überwachen die Zelltemperatur, bewahren die Zellen vor Überlastung, speichern und versorgen Spannungsspitzen mit Superkondensatoren, wandeln Energie aus Energy Harvestern und Ladestationen in adäquaten Gleichstrom und Spannung um, und veranlassen ausserdem sofortige Abschaltung bei Aufprall, Feuer, Zellschaden oder anderen Ausfällen.

Elektronik übernimmt Motoren

Nicht nur Antriebsbatterien werden zu elektronischen Bauteilen. Antriebsmotoren arbeiten heutzutage überwiegend mit Wechselstrominduktion statt bisherigem Gleichstrom. Letzteres wird allerdings weiterhin bevorzugt in Hochgeschwindigkeits-Elektroflugzeugen und für Höchstleistungen wie beispielsweise bei Bussen und vielen Radnarbenmotoren eingesetzt. Erstmalig wurden Wechselstrommotoren in Golfautos und Gabelstaplern eingesetzt und befinden sich heute in den meisten führenden Elektroautos von General Motors (GM). Auch BMW, Fiat, Ford und andere Automobilhersteller wie Toyota schwenken um bei neuen Modellen. Entsprechend soll der Tesla Roadster 88% Übertragungseffizienz Batterie-zu-Reifen erreichen. Das wäre 3-mal besser als bei herkömmlichen Fahrzeugen. Andere Gründe für das Umdenken liegen in der inhärenten Sicherheit, der Vermeidung von Permanentmagneten und damit dem seltenen Neodym, sowie steigender Zuverlässigkeit und Haltbarkeit. Ausserdem ist die Nutzbremsung möglich sowie entsprechende Äquivalente für Luft und Wasser ohne zusätzliche Komponente. Ein Induktionsmotor kann passiv gekühlt werden und entbehrt oft Klimaanlage, Wasserpumpe und zugehörigen Rohrleitungen. Siemens und AC Propulsion gehören zu den führenden Anbietern von Wechselstrommotoren.
Wechselstrommotoren sind einfacher programmierbar und gerade dieser Aspekt ist für die immer beliebter werdenden Radnarbenmotoren sehr wichtig. Der Rückwärtsgang lässt sich einfach realisieren und die Montage ist relativ simpel. Wechselstrominduktionsmotoren sind zwar einfacher konstruiert und günstiger als die meisten gängigen Gleichstromäquivalente, sehr zuverlässig und in vielen verschiedenen Grössen und Betriebsspannungen erhältlich, allerdings benötigen leistungsstärkere Modelle auch höherer Spannung und niedrige Stromstärke als Gleichstrommotoren. Dies kann zu effizienterer Stromversorgung führen, derartige Schaltkreise bedeuten aber noch eine Herausforderung.

Gleichstrommotoren werden weiterhin in Hochleistungsanwendungen genutzt, wie beispielsweise exzellente Beschleunigungswerte von 0 auf 100 sowie für scheibenförmige Räder usw. Das Swigz Pro Racing Team erreichte kürzlich einen neuen Topspeed-Weltrekord für E-Bikes beim Mojave Mile Shootout. Angetrieben von einem Gleichstrommotor von UQM Technologies erreichte das E-Bike eine Spitzengeschwindigkeit von 307 km/h. Das Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelte einen Gleichstrom-Bugradantrieb, der Passagierflieger zu Elektrofahrzeugen machen soll. Nichtsdestotrotz holen Wechselstrommotoren rapide auf. Der Tesla Roadster beschleunigt von 0 auf 100 in 3,9 Sekunden. Das Unternehmen Evans Electric aus Österreich bereitet unterdessen die Einführung eines Radnarben-Gleichstrommotor-Systems vor, dass sogar eine Gesamtleistung von 280 kW bei einer Beschleunigung von 0 auf 100 in unter 3 Sekunden erreichen soll.

Die Komplexität und Kosten für Wechselrichter in Wechselstrommotoren sind grösstenteils überwunden. Tatsächlich wurden Gleichrichter in Gleichstrommotoren durch Schaltungen aus elektrischen Gleichstrommotoren ersetzt. Parallel dazu ist auch die Steuerungselektronik anspruchsvoller und komplexer geworden - mehr Elektrik und elektronische Schaltungen.

Verbreitung von Energy Harvesting-Schaltungen

Die Motortemperatur sowie die Abgase eines Hybridfahrzeugs werden schon bald von thermoelektrischen Energiewandlern in Elektrizität umgewandelt. Ausserdem gibt es ein grosses Interesse an Schaltkreisen für Batterien und Elektromotoren zur Kühlungs- und Wärmeumwandlung. Bis dahin wird die Temperatur bereits überwacht. Fiats Interesse an autonomen Beleuchtungseinheiten in Fahrzeugen ist Teil der Strategie hin zu Funkschaltung mit lokaler Energiegewinnung und gedruckter Elektronik und Elektrik zur Strom-, Gewichts- und Platzeinsparung.

Vereinfachung des Wirrwarrs aus Elektronik und Elektrik

Wie verbessert man das immer grösser werdende Gewirr aus Kabeln und Schaltungen, aus denen das Elektrofahrzeug der Zukunft besteht? Rogers Corporation setzt die spezielle Halbleiter-Struktur des Directly Bonded Copper" (DBC) auf Keramik ein. Geringe Leistung und Anzeigen werden immer häufiger durch gedruckte und teilweise gedruckte Elektronik realisiert. Es wäre sogar denkbar, dass ein Grossteil der gedruckten Schaltkreise, flächigen Beleuchtung, Photovoltaik, grossflächigen Sensoren etc. eine Art intelligente Aussenhülle des Fahrzeuges bilden oder zumindest der Batterie. Das hätte auch den Vorteil der Selbstkühlung, neben der Einsparung von Kosten, Gewicht und Platz.
Die Firma T-Ink realisierte bereits Gepäckfach- und Armaturenbeleuchtung mit gleichmässig bedruckter flächiger Beleuchtung, Bedienelementen usw. übereinander. Diese Technik wird in Kürze in einem führenden Elektrofahrzeug für bis zu 40 % Platz-, Gewicht- und Kostenersparnis gegenüber herkömmlichen mechanischen/elektrischen Geräten sorgen. Hinzu kommt verbesserter Witterungsschutz und Zuverlässigkeit. Die Tinte ist sprichwörtlich in der Lage sich der Form anzupassen, während nachträglich die Kunststoffelemente geformt werden. T-Ink hat 20 Millionen Dollar eingeworben, um mit dieser Technologie an den Markt zu gehen. Sie ersetzten sogar die schweren und teuren Kupferleitungen in Elektrofahrzeugen durch gedruckte Leiterstrukturen.
Flexible Electronics Concepts erstellen innovative Konzepte und Anwendungsbeispiele gedruckter Elektronik und Elektrik. Forscher der Daimler AG präsentieren intelligente Textilien. Die nächste Generation Antriebsbatteriezellen von Oxis Energy werden gedruckt sein oder mithilfe druckähnlicher Verfahren hergestellt werden, genauso wie die flexiblen und konformen CIGS Photovoltaikelemente an Solarbooten von Kopf Solarschiff.

Hinweis für technisch interessierte Leser oder Techniker in der Motorradbranche: Viele der oben genannten Unternehmen werden auf der Electric Vehicles - Land, Sea, Air Europe 2011" präsentieren. Die Veranstaltung findet in Stuttgart, Deutschland am 28. und 29. Juni statt. Begleitet wird die zweitägige Konferenz von einer Ausstellung, optionalen Seminaren und Besuchen in regionalen Kompetenzzentren für Elektromobilität am Tag davor und danach. Ausserdem wird es ein Investmentseminar und eine Preisverleihung geben. Mehr Informationen zur Veranstaltung unter www.IDTechEx.com/EVEurope.

Text: Dr Peter Harrop, IDTechEx
Teaserbild: KTM Freeride

Bericht vom 02.06.2011 | 3'055 Aufrufe

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