Interview mit BMW Motorrad Werksleiter Dr. Helmut Schramm

Lieferzeiten, Elektro, Zukunft! BMW Werk Berlin!

Das BMW Motorrad Werk in Berlin ist eine Erfolgsgeschichte. 3.000.000 Motorräder rollten dort schon von den Bändern. Bei der Werksbesichtigung war NastyNils begeistert. Die stolzen Mitarbeiter hatten bei der Zeremonie Tränen in den Augen. Gewaltige Motivation! Doch der Erfolg der Modelle und vom Werk hat auch seine Schattenseiten. Die Modelle laufen teilweise besser als geplant und teilweise kann man mit der Produktion die Nachfrage nicht schnell genug bedienen. Im Interview spricht der Werksleiter Dr. Helmut Schramm mit NastyNils über die Zukunft vom Werk, Produktionsengpässe, Innovation und Motivation.

NastyNils:

Ich weiss das ist ein intensiver Tag heute. Sie sind ja nur stellvertretend für das gesamte Team hier, aber Ihre Belegschaft ist ein Wahnsinn! Die haben teilweise Tränen in den Augen das 3.000.000ste Motorrad ist ja ein wahnsinnig intensiver Moment!

Dr. Helmut Schramm:

Also ich muss sagen, ich habe auch Gänsehaut. Ich glaube der heutige Tag zeigt, wo wir stehen und wer wir hier sind. Und genau das versuchen wir herüberzubringen und der Mannschaft wieder zurückzugeben. Das ist die Stärke des BMW Motorradwerks in Berlin. Das macht uns aus und das macht uns extrem wettbewerbsfähig. Jetzt [nach der Jubiläumsfeier] versteht man, wieso wir auch einige Komponenten hier selber herstellen und dass wir uns auch nicht vor der Zukunft fürchten.

NastyNils:

Da habe ich eine Frage, die wahrscheinlich sehr viele interessiert: Ihr werdet jetzt das Opfer euren eigenen Erfolges, das ist ja unglaublich wie eure Verkaufszahlen vorangehen. Zudem habt ihr die zweite Million innerhalb von 10 Jahren vollgemacht, die nächste innerhalb von acht Jahren. Trotzdem wollen jetzt viele Leute noch früher eine R 1250 GS oder S 1000 RR in Empfang nehmen. Wo liegt da das Nadelöhr? Zu wenig Platz? Zu wenig Personal? Warum geht noch mehr nicht noch schneller?

Dr. Helmut Schramm:

Also wir haben ja das Produktionsvolumen von der GS zum Beispiel bereits gesteigert und es ist so wie Sie sagen: die Leute wollen noch mehr, weil sie mitkriegen, dass die GS der Wahnsinn ist. Wir haben in der gesamten Wertschöpfungskette natürlich immer wieder mal einen kritischen Punkt, insbesondere auch bei den Lieferanten, wo wir jetzt nachlegen müssen - wo die Lieferanten jetzt am Limit fahren und wir schauen müssen, wie wir die Engpässe beseitigen können. Wir hier in Berlin haben uns bereits anders aufgestellt, als wir das haben kommen sehen und wir haben eben genau die Flexibilität genutzt und fertigen die 1250er GS auf zwei Bändern. Das war früher auf einem Band und jetzt sind wir auf zwei. Das entkrampft das alles ein wenig, aber die Lieferanten müssen wie gesagt auch hinterher kommen. Wir arbeiten hier in einer Partnerschaft und wir wollen ein ausgewogenes Produktionsprogramm, sonst gibt es Störungen. Störungen führen dann wieder zu Qualitätsthemen und das wollen wir nicht. Das gibt es bei uns nicht, wir stehen hier für perfekte Qualität und das muss auch so bleiben.

NastyNils:

Dann ist es natürlich so, wenn neue Produkte kommen, wie die RR, glänzen sie mit tollen Zahlen, hohen PS-Werten und niedrigem Gewicht. Da kriegen die Entwickler und Marketingleute die Lorbeeren ab wie viel des Fortschritts ist diesen Produktionsprozessen geschuldet? Was trägt ihr im Werk bei, worauf seid ihr stolz, wenn ein 207 PS Superbike rauskommt?

Dr. Helmut Schramm:

Da muss ich zur Fairness sagen, dass die Entwickler und die Marketingleute uns am Erfolg teilhaben lassen. Denn sie wissen, das wir hier sehr sehr viel beitragen. Ich gebe einmal ein paar Beispiele: wir haben eine Motorenproduktion, die wir ganz schnell und reibungslos von den alten Motoren auf die neuen Motoren umgestellt haben und haben gleichzeitig eine Rennmotorenabteilung, die mit Prüfständen die Motoren analysiert. Wir stehen da im engsten Austausch mit den Kollegen in München. Nur mal als Beispiel zum Motor. Ein anderes Thema ist die Kunststofflackierung. Da haben wir neue Technologien hier, um neue Designs auch kaufmännisch möglich zu machen, um sie für den Kunden bezahlbar zu machen. Das wissen unsere Kunden zu schätzen. Das dritte Beispiel ist die Variabilität. Was wir hier für Varianten darstellen können das kann glaube ich kein Mitbewerber in Serie. Das macht uns natürlich stolz, denn das ist eine unserer Stärken und das honoriert der Kunde auch. All das sind Themen, bei denen wir eng mit den Münchner Kollegen zusammenarbeiten und wir feiern gemeinsam den Erfolg.

NastyNils:

Ich habe im Werk gesehen, dass hier alles wahnsinnig kompakt ist jeder Quadratzentimeter wird ausgenutzt. Sie haben vorhin erwähnt, dass der Standort Berlin für die nächsten Jahre gesetzt ist aber wird das nicht Opfer des Erfolges, wenn BMW wieder verdoppeln muss?

Dr. Helmut Schramm:

Dazu gibt es zwei Dinge zu sagen. Das eine ist, das wir an unserer Effizienz arbeiten. Wie schaffen wir es, auf gleicher Fläche eine höhere Produktivität zu erreichen? Da fällt uns durchaus noch einiges ein. Es ist ja nicht so, dass wir hier überall das Optimale haben. Wir kennen unsere Reserven und unser Potential. Das zweite ist, wir schauen natürlich auch im direkten Umfeld an der Werksgrenze, wo noch Optionen sind, um noch etwas für den Standort zu tun. Wir haben da noch ein paar Ideen, wie wir noch etwas für das Werk hier in der Stadt erschliessen können.

NastyNils:

Die Motorradfertigung ist hier eine wahnsinnige mechanische Angelegenheit mit irrsinnig viel Manpower das hätte ich nicht gedacht! Diese elektrische Revolution [C-Evolution Roller] kommt auch mit viel weniger Personal aus. Ist das eine Zukunft, in der sich das BMW Werk hier in Berlin wiederfindet, oder ist das eine Angelegenheit, die wo anders im BMW Universum stattfindet?

Dr. Helmut Schramm:

Nein, also erst einmal findet sich dieses Werk definitiv in der Zukunft der Elektromobilität wieder. Das ist eines unserer Geschäftsfelder und wir arbeiten ja schon seit Jahren an dem Thema. Ich muss dazu sagen, dass wir den C-Evolution ja seit vier bis fünf Jahren in Serie bauen etwas, was uns kein anderer Hersteller vormacht. Wir haben damit ja nicht nur Erfahrung gesammelt, sondern auch jede Menge Kompetenz bei den Leuten aufgebaut, die uns jetzt befähigt, in die nächsten Generationen an Elektrofahrzeugen zu gehen. Dazu kommt, dass der C-Evolution, oder andere elektrische Fahrzeuge, sich nicht selber bauen, sondern wie Sie bereits gesagt haben, ist alleine der Antriebsstrang anders zu montieren. Auch die mechanische Fertigung ist geringer. Aber trotzdem verlangt dieses Fahrzeug noch einiges an Manpower und vor allem Kreativität und Flexibilität, um es schnell zum Kunden zu bringen. Noch dazu haben wir hier am Standort eine Stärke im Sinne der Fertigungstechnik und der Fertigungstiefe. Das heisst wir können mit der Fertigungstiefe stärkenorientiert, variabel umgehen, um teilweise Kompensationen zu erreichen. Wenn wir also jetzt durch sehr viele Elektrofahrzeuge weniger Arbeitskräfte benötigen, können wir diese sehr gut einsetzen, um andere Komponenten zu verstärken.

NastyNils:

Vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Dr. Schramm!

NastyNils war live vor Ort aus dem Werk in Berlin: www.facebook.com/1000ps

Bericht vom 13.04.2019 | 10'347 Aufrufe

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