Facts rund um die Tourist Trophy

Insiderwissen zum Angeben

inmal jährlich findet inmitten der Irischen See das härteste Straßenrennen der Welt statt – und das schon seit über hundert Jahren. Genug Zeit, damit sich Fakten zum Angeben anhäufen konnten.

Gehört zwar zum britischen Kronbesitz, ist aber weder United Kingdom noch offizielles Überseegebiet. War auch vor dem Brexit nie Teil der EU, aber dennoch teilweise rechtlich eingebunden. Unterliegt zwar britischen Gesetzen, aber auch wieder nicht und gilt deshalb als Steueroase und Sitz zahlreicher Unternehmen.

Was die Isle of Man anbelangt, gibt es viele Kuriositäten da machen weder die Flagge noch das Inselmotto (Wohin du es auch wirfst, es wird stehen) einen Unterschied. Dass die Bewohner derzeit stolz versuchen, die eigentlich seit den 1970ern ausgestorbene, in direkter Linie auf das Keltische zurückgehende Inselsprache Manx wiederzubeleben, kommt noch hinzu.

Und jetzt mal Hand aufs Herz: Wundert es euch, dass auf einer so abstrus wirkenden Insel auch ein Motorradrennen stattfindet, das wegen seiner Gefährlichkeit wohl an jedem anderen Ort in der zivilisierten Welt schon seit Jahrzehnten verboten wäre? Fakt ist, die Isle of Man Tourist Trophy, euch wahrscheinlich besser als TT bekannt, ist das in jeglicher Hinsicht mit Abstand krasseste Rennen auf zwei und drei Rädern. Und nicht nur, weil diese Verneigung an alles, was Motorradrennsport ausmacht, schon seit 1907 stattfindet, gibt es genug Fun-Facts, mit denen ihr euch bei der nächsten Ausfahrt vor euren Touren-Buddys profilieren könnt.

1. Der unbestrittene König der Insel

Nein, damit meinen wir definitiv nicht jemanden, der aus dem Hause Windsor stammt. Allerdings meinen wir durchaus jemanden, der hinter seinem Namen das Kürzel OBE tragen darf und mittlerweile auch zum Ritter ehrenhalber ernannt wurde.

Die Rede ist von einem Mann, der kaum sinnbildlicher für dieses härteste und very britische Motorradrennen der Welt stehen dürfte: der Nordire Joey Dunlop. Geboren 1952 nahm er im Alter von 24 das erste Mal die Isle of Man unter die Räder und wurde aus dem Stand immerhin 16. Bei der Teilnahme an insgesamt 102 TT-Rennen wurde er 26mal Sieger und räumte 80 Preise ab. Um euch zu demonstrieren, was für ein Charakter Mister Dunlop war: Womit er gewann, war ihm fast egal. In seiner Siegesliste stehen 1000er Maschinen ebenso wie 125er und alles dazwischen.

Zudem erhielt er besagten OBE-Titel sogar zweimal 1986 für seine außergewöhnlichen Rennerfolge und zehn Jahre später, weil er sich abseits des Sattels enorm für Waisenkinder auf dem Balkan engagierte.

Dass ein solcher Mann den TT-Gedanken buchstäblich bis zum Schluss lebte, dürfte euch ebenfalls nicht wundern im Jahr 2000 verunfallte Joey Dunlop bei einem Rennen in Tallinn tödlich, nachdem er kurz zuvor noch die TT-Klassen Lightweight, Ultra Lightweight und Formula One TT gewonnen hatte.

2. Eigentlich nicht für Touristen

Preisfrage: Warum heißt die Tourist Trophy eigentlich Tourist Trophy? Wer jetzt etwas mit Tourismus im Sinn hat, ist leider draußen. Tatsächlich leitet sich der Name vom Grundgedanken der TT ab: Es sollte ein Rennen für Motorräder similar to those sold to the public sein. Da man diese damals generell Touring Bikes nannte und die Fahrer im Singular Tourist, entstand der Name der übrigens auch damals für andere Rennen genutzt wurde; deshalb auch die Hervorhebung der Isle of Man im offiziellen Titel.

3. Kuriose Sieger möglich

Noch eine Preisfrage: Wer darf eigentlich bei der TT antreten? Die Antwort: Eigentlich jeder und auch ihr. Ihr müsst nur:

  1. Eine Straßenrennlizenz eures Landes nach den Regeln der FIM besitzen
  2. Eine TT Mountain Course Licence zu 25 Pfund erwerben
  3. Als Neuling Durchschnittsgeschwindigkeiten vorlegen
  4. Je nach Klasse innerhalb der Top 60 oder -70 das Qualifying abschließen

Genaueres findet ihr in den offiziellen Regularien auch was das Bike anbelangt. Und am Mad Sunday, bzw. neuerdings die ganze Rennzeit über, ist die Mountain Road auch wirklich für sämtliche Touristenfahrer freigegeben, natürlich dann ohne Wertung.

Das bedeutet einfach folgendes: dadurch, dass die TT auch in ihren Wertungsläufen derartig quasi free for all ist, sind durchaus auch sehr unerwartete Personen ganz oben dabei. Das könnt ihr auch im Vorfeld bei den Wettquoten sehr schön sehen. Zwar gibt es immer gewisse Favoriten, jedoch längst nicht so deutlich wie bei anderen Motorradrennen.

Dementsprechend solltet ihr auch sorgsam vergleichen, wenn ihr selbst Tipps abgeben wollt ein Sieg soll sich ja auch wirklich lohnen. Denkt beispielsweise an Cameron Donald. Australiens schnellster Klempner oder Guy Martin, der auch während seiner Karriere als LKW-Mechaniker arbeitete.

4. Heftiger wirtschaftlicher Fußabdruck

Wie bereits erwähnt ist die Isle of Man ein Steuerparadies. Dementsprechend haben dort viele Firmen ihren offiziellen Sitz und außerdem leben da auch einige ziemlich reiche Persönlichkeiten. Insgesamt bringt es deshalb die von nur knapp 85.000 Leuten bevölkerte Insel auf ein ziemlich üppiges Bruttoinlandsprodukt von etwa 6,2 Milliarden Euro.

Wollt ihr einmal bei euren Kumpels angeben? Dann lasst sie mal eine Schätzung darüber abgeben, welchen Anteil daran allein die TT hat. Es sind 36,5 Millionen und damit immerhin 0,6 Prozent des BIP nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass die TT insgesamt nur 14 Tage andauert.

Allerdings ist es auch kein Wunder. Zuletzt lockte das Rennen regelmäßig allein mehr als 40.000 Fans auf die Insel. Zusammen mit den Fahrern und Teams bedeutet das, dass die Veranstaltung die Inselbevölkerung mal eben für einen halben Monat fast verdoppelt. Dementsprechend macht dort wirklich jeder das eine oder andere Pfund Sterling sei es, weil er Zimmer in seinem Haus vermietet oder auch nur, weil er Getränke verkauft. So, wie die TT ein Rennen für (fast) alle ist, partizipiert auch fast jeder Inselbewohner irgendwie daran.

5. Es sind wohl die Kurven

Was ist es eigentlich, das die TT nicht nur unter Uneingeweihten zum schwierigsten Straßenrennen der Welt macht? Nein, auch wenn diese Zahlen immer wieder hervorgehoben werden, es sind nicht die leider zahlreichen Toten, die das Rennen immer wieder fordert (260 waren es bis 2019, bevor die TT ein Jahr später Corona-bedingt ausfiel). Die sind nur eine Ausprägung dieses Schwierigkeitsgrades.

Tatsächlich ist es der gleiche Grund, der auch die riesige Faszination des Spektakels ausmacht: die Kurven. Der Snaefell Mountain Course in seiner jetzigen Form hat eine Länge von 60,725 Kilometern und nicht weniger als 219 Kurven.

Diejenigen unter euch, die noch kein Rennen gefahren haben, werden vielleicht nicht verstehen, was daran so schwierig sein soll. Dazu vielleicht eine andere Zahl: Einer der wichtigsten Kurse beim MotoGP, Jerez im spanischen Andalusien, bringt es auf lediglich 13 Kurven.

Wer nur halbwegs kompetitiv fahren will, muss für jede einzelne Kurve den Radius, die Brems- und Gaspunkte und die Ideallinie kennen. Doch nicht nur das, er muss diese Punkte mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit irgendwo dicht unterhalb oder jenseits der 200 km/h beherrschen und anwenden der aktuelle Rekord von Peter Hickman liegt bei 217,989 km/h bei einer Rundenzeit von 16:42,778 Minuten.

Dabei kommt noch hinzu, dass dieses sowieso schon schwierige Terrain auch noch über eine normalerweise der Öffentlichkeit freigegebene Straße führt. Praktisch nichts ist entschärft, es gibt keine so umfassenden Sicherheitsmaßnahmen wie auf reinrassigen Rennstrecken.

Diese schiere Menge von Problemstellungen ist es, die die TT auf jeden Fall eine so schwierige Strecke macht aber natürlich auch eine der schönsten.

6. Zahlen zum Staunen

219 Kurven bei 200 Sachen sind natürlich eine Hausnummer. Aber wo wir schon einmal bei den Zahlen sind, lässt sich anhand derer auch ganz wundervoll nachvollziehen, welche Entwicklungssprünge Motorräder über die Jahrzehnte gemacht haben.

  • 1911, als der Mountain Course zum ersten Mal absolviert wurde, benötigte Oliver Godrey in der Senior TT Klasse 3 Stunden, 56 Minuten und 10 Sekunden für das sechsmalige Umrunden der Strecke. Dabei erreichte er eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 76,65 Kilometern pro Stunde.
  • 2018, einem Jahr, in dem außergewöhnlich viele Rekorde purzelten, donnerte Peter Hickman in 1 Stunde, 43 Minuten und 8 Sekunden über die gleiche Distanz. Das bedeutet ein Durchschnittstempo von 211,95 km/h, wobei Hickman, wie weiter oben erwähnt, einen 217,989er Rundenrekord aufstellte und dadurch die TT auch zum schnellsten Straßenrennen der Welt machte; nach Dundrod bei Belfast.

Ihr glaubt, dass das schon wahnsinnig schnell ist? Dann überlegt euch einmal noch kurz, wie sich die Beifahrer in der Gespann-Klasse bei einem derartigen Ritt auf der Kanonenkugel fühlen. Bei denen liegt das Durchschnittstempo nämlich mittlerweile auch deutlich über 180 km/h.

Bericht vom 29.03.2021 | 6.167 Aufrufe

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