Motorradfahren lernen - die persönlichen Reflexe

Reaktionsweg, Bremsweg, Anhalteweg am Motorrad

Wie schnell du beim Motorradfahren reagierst, hängt von vielen Faktoren ab. Auf jeden Fall beeinflusst deine Reaktionszeit deinen Reaktionsweg und somit auch den Anhalteweg. Die wichtigsten Punkte zum Thema Reflexe, die du im Sattel wissen solltest!

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Nicht alle Reaktionen sind Reflexe. Klären wir gleich zu Beginn den Begriff! Ist zwar nicht so spannend, aber notwendig, damit getroffene Aussagen auch präzise gemacht werden können. Ein Reflex hat streng genommen noch nicht viel mit der Reaktionszeit zu tun sondern damit, über welche Infokanäle in unserem Körper eine Aktion auf einen Reiz passiert. Ein klassischer Schutzreflex ist zum Beispiel, dass du dich automatisch duckst, wenn bei hohen Geschwindigkeiten ein Vogel auf Kopfhöhe, wie aus dem Nichts, plötzlich auftaucht. Ohne dass du es vielleicht merkst, schliesst du dabei auch kurz deine Augen. Viele deiner Reaktionen kannst du zwar durch Training verkürzen, es handelt sich dabei aber um Mischformen, die wir in diesem Zusammenhang als Quasireflexe bezeichnen. Wie das dein Körper und dein Hirn machen, dass nach viel Übung der Informationstransport von einem Sinnesorgan zum richtigen Muskel, der dann das richtige machen soll, schneller funktioniert? Aus der Forschung dazu erwähnen wir hier nur einige Ergebnisse.

Die Reaktionszeit. Wie lange dauert sie und warum ist das wichtig?

Die kürzeste Reaktionszeit um einen Muskel zu aktivieren, beträgt 0,02 sec oder 2 Hundertstelsekunden. Das nützt dir leider nichts, denn das trifft z.B. zu, wenn dir der Arzt mit dem Gummihammer unter die Kniescheibe klopft und dein Unterschenkel ohne Zutun deines Hirns nach vorne schnellt. Die kürzesten Reaktionszeiten, die in der Praxis etwa beim Bremsen erzielt werden, betragen 0,15 Sekunden. Aber: Dieser Wert wird nur erreicht, wenn du absolut fit bist, schon vorher entschieden hast, dass du bremst, wenn ein Ereignis, auf das du schon wartest, eintritt, wenn du schon in die richtige Richtung blickst und wenn du absolut bremsbereit fährst, also den Bremshebel schon bis zum Druckpunkt angezogen hast. Also in einer absolut unrealistischen Situation, die bestenfalls im Rennsport vorkommt. Mach dir also keine Hoffnung! Selbst wenn du ein höchst aufmerksamer Motorradfahrer bist, kannst du davon ausgehen, dass du im Verkehr bei unerwartet auftretenden Aufgaben länger brauchst.

Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech als 1000PS-Partner!

Ein grosses Projekt verlangt nach grossen Partnern - weshalb wir uns entschieden, für unsere Berichteserie Motorradfahren lernen mit hochwertigen Herstellern wie Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech zusammen zu arbeiten. Für einen feinen Querschnitt durch die aktuellen Motorradkategorien haben wir von Honda eine einsteigerfreundliche CB500 Hornet, eine sportliche CBR650R sogar mit E-Clutch (muss man mal probiert haben!) und als Referenz für das Adventure-Segment eine CRF1100L Africa Twin Adventure Sports mit elektronisch verstellbarem Fahrwerk gewählt. Bestückt wurden alle Bikes mit Taschen oder Tankrucksäcken von SW-Motech, damit wir diverse Utensilien, die wir bei unseren Fotofahrten brauchten, gut verstauen konnten. Da wir natürlich nicht wussten, wie das Wetter wird, vertrauten wir bei der Kleidung auf Highend-Ware von Stadler Bekleidung, die dank GoreTex-Material und innovativen SASS-Belüftungsöffnungen sowohl bei nasskaltem als auch bei heissem Wetter ausgezeichnet funktionieren. Schliesslich wollten wir auch bei den Reifen nichts dem Zufall überlassen, für unsere Vorführ-Fahrten wurden auf allen drei Maschinen Qualitäts-Pneus von Metzeler aufgezogen. Und ja, richtig vermutet, natürlich hat mit allen vier Herstellern alles problemlos funktioniert!

Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech
Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech als 1000PS-Partner

1 Sekunde Reaktionszeit - auch wenn du hellwach und fit bist

Was heisst das? Das bedeutet, dass du, wenn vor dir etwas auftaucht oder das Fahrzeug vor dir bremst, einmal eine Sekunde mit deiner aktuellen Geschwindigkeit weiterrollst, ohne dass du eine Gegenmassnahme setzt, weil du in dieser Zeit nämlich nur reagierst. Deine Reaktionszeit bestimmt somit gemeinsam mit deiner Geschwindigkeit, den sogenannten Reaktionsweg. Welchen Einfluss das in der Praxis hat, ist am einfachsten am Beispiel der Notbremsung erklärt.

Reaktionsweg, Bremsweg und Anhalteweg

Bei einer Notbremsung unterscheidet man drei wichtige Begriffe, mit deren Hilfe man die Einflussfaktoren benennen und bewerten kann, die dafür verantwortlich sind, ob du rechtzeitig vor einem Hindernis stehenbleibst und wenn nicht, mit welcher Geschwindigkeit du aufprallst - Reaktionsweg, Bremsweg und Anhalteweg.

Motorradfahren lernen - simulierte Notbremsung mit einer Honda CB500 Hornet
Die kürzesten Reaktionszeiten, die in der Praxis beim Bremsen erzielt werden können, betragen 0,15 Sekunden. Aber nur, wenn du wie bei dieser simulierten Vollbremsung weißt, was auf dich zukommt. Im echten Leben hast du in der Regel eine volle Sekunde Reaktionszeit!

Der Anhalteweg

Der Anhalteweg setzt sich zusammen aus Reaktionsweg und Bremsweg. Je nachdem, wie lange Reaktionsweg und Bremsweg jeweils sind, die Summe daraus ergibt den Anhalteweg.

Der Anhalteweg setzt sich zusammen aus Reaktionsweg und Bremsweg

verantwortlich für die Länge des Reaktionswegsverantwortlich für die Länge des Bremswegs
Reaktionszeit vom Erkennen der Gefahr bis BremsbeginnDeine Bremsmethode
Deine GeschwindigkeitDeine Geschwindigkeit
Griffigkeit der Fahrbahn
Neigung/Steigung der Fahrbahn
Performance deiner Reifen
Gesamtgewicht (Fahrzeug+Du+Beifahrer+Beladung)
Dein Motorrad (Radstand, Bremse, Schwerpunkt, Fahrwerk)
Deine elektronischen Helferlein (z.B. ABS)

Der Reaktionsweg

Die Länge des Reaktionswegs wird also von zwei grundlegenden Einflussfaktoren bestimmt: Wie lange brauchst du, bis du bremst (was also ist deine Reaktionszeit)? Und wie schnell bist du unterwegs? Beide Einflüsse wirken direkt linear. Was heisst das? Wenn du doppelt so lange brauchst zum Reagieren, ist dein Reaktionsweg doppelt so lang. Wenn du doppelt so schnell fährst, ist dein Reaktionsweg ebenfalls doppelt so lange. Wann der Reaktionsweg beginnt und wann er endet, ist Definitionssache. In der Fachliteratur wird meist verwendet: vom Erkennen der Gefahr bis zum Wirksamwerden der Bremse (denn dann beginnt der Bremsweg!). Deine Geschwindigkeit musst du ja ständig an die Gegebenheiten anpassen, eben auch deshalb, weil: in der Reaktionszeit ist es zu spät, da musst du mit der aktuellen Geschwindigkeit leben! Wie sieht es mit der Reaktionszeit aus?

Motorradfahren lernen - eine Honda CRF1100L Africa Twin Adventure Sports DCT in einer Gefahrensituation
Der Reaktionsweg beginnt laut Fachliteratur mit dem Erkennen der Gefahr und endet mit dem Wirksamwerden der Bremse.

Wie kannst du deine Reaktionszeit verkürzen?

Deine Reaktionszeit in einer bestimmten Situation ist von vielen Faktoren abhängig. Deine geistige und körperliche Fitness spielen dabei eine Rolle. Auch deine Erfahrung sowie die Sicht- und andere Technikbedingungen und ganz besonders deine Aufmerksamkeit. Das sind sehr umfangreiche Begriffe, was ist gemeint?

Hast du dir schon einmal diese Fragen gestellt?

Bist du müde? Hast du gestern Alkohol getrunken oder heute in der Früh bewusstseinserweiternde Kräuter geraucht? Stehst du unter Medikamenteneinfluss? Sind deine Finger klamm vor Kälte? Bist du dir unsicher, wie der Strassenverlauf weiter geht oder wie sich andere Verkehrsteilnehmer in den nächsten Sekunden verhalten? Siehst du klar durch dein Visier? Wirst du vom Gegenlicht geblendet? Bremst du zum ersten Mal mit diesem Motorrad und musst deshalb erst nachdenken, wo der Bremshebel jetzt genau und wo der Druckpunkt ist? Interessiert dich gerade dieser dunkle Fleck am Asphalt oder die Navigationsanzeige auf deinem Display, während vor dir ein Auto vom Supermarktparkplatz auf deine Vorrangstrasse biegt? Bewunderst du rundherum die Landschaft oder dieses Werbeplakat mit Bikini-Models da am Strassenrand, während vor dir ein Traktor umdreht?

Kümmere dich um die Strasse und den Verkehr, sei fit und bereit!

Jede Zehntelsekunde, die du länger zum Reagieren brauchst, bringt dich näher zur Gefahr und engt somit deinen Handlungsspielraum ein. Du hast dann nicht mehr so viel Platz, um die notwendigen Fahraktionen umzusetzen. Deshalb ist es so wichtig, dass du bei der Sache bist und rechtzeitig weisst, was du tust. Mit viel Erfahrung kannst du einen grossen Teil der Gefahren vorwegnehmen. Dein Hirn und dein Körper sind auch schneller beim Reagieren, wenn sie es geübt haben, wenn du nicht darüber nachdenken musst, was du da tust, sondern es einfach schnell und richtig machst. Der richtige Blick hilft dir dabei. Aber auch die präzisere Selbsteinschätzung spielt eine Rolle. Es gibt sogar Menschen, die reagieren langsamer, wenn sie hungrig sind.

Motorradfahren lernen - Kurvenfahrt auf einer Honda CB500 Hornet
Es ist besonders wichtig, dass du rechtzeitig weißt, was du zu tun hast. Dein Hirn und dein Körper sind auch schneller beim Reagieren, wenn sie es geübt haben, wenn du nicht darüber nachdenken musst, was du da tust.

Quasireflexe, wie kannst du die trainieren?

Wir haben ja bisher nur über die Spezialsituation Notbremsung gesprochen. Aber du musst allein um das Motorrad im normalen Betrieb richtig und präzise zu bewegen, ständig reagieren. Auf das Feedback von deinem Motorrad, auf akustische, haptische und natürlich optische Informationen, die dir zur Verfügung stehen. Was dein Motorrad macht, erfährst du über die Rückmeldung deiner Kontaktflächen zum Eisen, also Hände-Lenker, Schenkel-Tank, Gesäss-Sattel, Fuss-Fussrasten. Aber auch über Motorgeräusche, Windgeräusche und eben, was du alles siehst sowie über deinen Gleichgewichtssinn und deine kinetischen Sensoren (die dir melden: welcher Körperteil beschleunigt in welche Richtung wie viel).

Im Grenzbereich unbedingt notwendig: automatisierte Reaktionen

Andauernd im Grenzbereich bist du bei ständig wechselnden Griffigkeitsbedingungen, also beim Offroad-Fahren. Es ist wie beim Skifahren oder Skateboard-Fahren: Auch da kommt nämlich noch dazu, dass viele Zusammenhänge physikalisch unheimlich komplex sind, sodass es Roboter (noch) nicht zustande bringen würden, ein paar Kilometer der Dakar-Rallye auf einem Motorrad zu reiten.

Nachschlagewerk: So geht das! Wie man was findet

Auch wenn das 1000PS Nachschlagewerk nicht auf einmal sondern bis Ende des Jahres immer weiter ergänzend erscheint, ist es am Ende eine grosse, einem Lexikon ähnliche, Database, in der man nach Kapiteln und Absätzen geordnet auf die häufigsten Fragen, die in den 1000PS-Foren in den letzten Jahren gestellt wurden, eine Antwort findet.

Die umfassende Serie "Motorradfahren lernen" auf 1000PS im Überblick:

Entdecke unsere umfassende Serie "Motorradfahren lernen" auf 1000PS, in der wir alle Aspekte des Motorradfahrens behandeln. Von der Wahl des richtigen Motorrads, über die korrekte Bedienung von Kupplung und Bremsen, bis hin zur optimalen Körperposition und Kurventechnik. Wir zeigen dir, wie du moderne Fahrassistenzsysteme nutzt, bei Nacht oder auf nasser Fahrbahn sicher fährst und sogar wie du Notmanöver meisterst. Egal ob du Anfänger bist oder deine Fähigkeiten verbessern möchtest, unsere Serie bietet wertvolle Tipps und Ratschläge für jeden Fahrer. Tauche ein in die Welt des Motorradfahrens mit 1000PS!

Bericht vom 18.08.2024 | 3’844 Aufrufe

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