Fahrwerksoptimierung für Einsteiger!

Georg Hofmann von der Motorbox bringt etwas Licht ins Dunkel. Nastynils fragt: Wie bringt man sein Fahrwerk auf Vordermann?

NN: Viele Motorradfahrer sitzen auf Bikes wie ZR7, XJR1300, Bandit, Hornet, SV650 usw. Wie stellt man ein Fahrwerk auf solchen Radln ein?

GH: Bei vielen Motorrädern in dieser Klasse gibt es wenig bis keine Abstimmungsmöglichkeiten. Wenn vorhanden sind diese auch sehr begrenzt. Man werfe einen Blich auf diese SV hier...Man muss kein Profi sein um zu erkennen das die Grenzen des Fahrwerks bei forcierter Fahrweise rasch erreicht werden.

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NN: Wie merkt man wenn die Grenzen des Fahrwerks erreicht sind?

GH: Das merkt man dann relativ rasch beim Anbremsen. Das Gefühl fürs Vorderrad ist schlecht und es ist kein stabiles Fahrverhalten mehr gegeben.

NN: Welche günstigen Möglichkeiten gibt es um das Fahrwerk solcher Bikes zu optimieren?

GH: Für fast alle gängigen Modelle gibt es einen super funktionierenden Federnkit von Wilbers. Die Federn sind dann härter als die originalen und passend dazu wird ein Wilbers Gabelöl in die Gabel eingefüllt. Durch das andere Öl und die Höhe des Luftpolsters kann man quasi die Druck- & Zugstufe "einstellen". Kosten: 99 Euro für die Federn und 13 Euro fürs Öl. Arbeitszeit fällt je nach Modell ca. eine Stunde an. Geschickte Schrauber können die Federn mit Hilfe der Einbauanleitung jedoch auch selbst einbaun.

NN: Kann Deine positive Meinung nur bestätigen. Habe Feedback von 4 zufriedenen 1000PSlern bekommen, die einen solchen Federnkit eingebaut haben. Aber was kann man hinten machen?

GH: Hinten wird es leider etwas teurer. Es gibt voll verstellbare Federbeine von Wilbers ab 432 Euro. Gemeinsam mit dem Federnkit vorne hat man dann jedoch ein Fahrwerk mit umfassenden Einstellmöglichkeiten das dann je nach Fahrer entsprechend angepasst werden kann.

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NN: Neumotorräder sind ja nicht gerade billig. Wieso muss ich dann noch in ein neues Fahrwerk investieren?

GH: Für viele Motorradfahrer reicht das Originalfahrwerk vollkommen. Gemütlich in die Arbeit fahren, durch die Gegend gondeln usw. Alles kein Problem. Aber wenn man dann eine recht flotte Fahrweise einschlägt stösst man mit den Originalfahrwerken schnell an die Grenzen. Die Fahrwerke von solchen Motorrädern sind auf die sichere Seite hin ausgelegt. Der Fahrer kann da nicht viel falsch machen. Möchte man jedoch das Motorrad auf der Rennstrecke bewegen braucht man einfach einen weiteren Einstellungsbereich um das Fahrwerk für seine Bedürfnisse anpassen zu können.

NN: Nasenbohrer wie ich kommen durch Glück oder Plünderung sämtlicher Ersparnisse zu einem Supersportler wie R1, CBR, ZXR, GSXR und Co. Da gibts ja zig Einstellmöglichkeiten. Wie geh ich da vor um das Radl für mich abzustimmen?

GH: OK gehen wir es Schritt am Beispiel Deiner Fireblade durch.

1) Zuerst drehen wir die Dämpfung der Druckstufe und Zugstufe ganz auf. Auf heisst nach links drehen und den Schrauben des metrischen Rechtsgewindes rausdrehen. Sowohl vorn bei der Gabel als auch hinten beim Federbein. Somit haben wir den Einfluss der Dämpfung abgestellt...

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2) Jetzt können wir beginnen die Balance der Federung abzustimmen. Dazu drückt man beiden Händen das Motorrad nach unten. Dabei sollte es vorne und hinten gleichmässig nachgeben.

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3) Hinten sollte ein Negativfederweg von 1-2cm bei der Sitzbank gemessen vorhanden sein.  Beim Bordwerkzeug ist der entsprechende Schlüssel dabei um die Federvorspannung einstellen zu können. Bei der neuen Fireblade kommt man recht gut ran. Bei einigen Bikes kann diese Arbeit recht mühsam werden.

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4) Vorne sollte man die Federvorspannung so wählen, dass der Federweg mit Fahrer im Stillstand 2/3 vom Gesamtfederweg entspricht. Man merkt schon dass es nun schwierig wird. Sowohl Balance im Punkt 2, Negativfederweg in Punkt 3 und jetzt noch die korrekte Vorspannung vorne muss man auf einen gemeinsamen Nenner bringen. 

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Ohne Fahrer Einstellen Mit Fahrer

5) Am schwierigsten ist die Einstellung der Druckstufe. Für Laien ist es oft sehr schwierig zu erkennen ob die Federvorspannung zu hoch, oder die Druckstufe zu hart ist. Zu Beginn eher mit weniger Dämpfung beginnen die Dämpfung dann weiter zu schrauben. Das Motorrad sollte zügig jedoch spürbar gedämpft einfedern können.

6) Die Zugstufe sollte folgendermassen gewählt werden: Das Motorrad wird an der Sitzbank nach unten gedrückt. Dann wir die Sitzbank ausgelassen. Ca. 1 Sekunde sollte der Vorgang des "Rückfederns" dauern. Geht es zu schnell ist die Zugstufe zu weit offen, geht es zu langsam ist die Zugstufe zu weit geschlossen.

GH: Wichtig! Auf der Rennstrecke erreichen die Federelemente wesentlich höhere Temperaturen als im Alltagsgebrauch. Durch die Hitze wird das Öl in den Elementen dünnflüssiger und somit lassen Zug- und Druckdämpfung nach. Sprich: Auf der Rennstrecke muss ein härteres Setup als im Normalbetrieb gefunden werden.

NM: Jetzt kommt schon langsam Licht ins Dunkel. Was sind denn die häufigsten Fehler die Laien beim Fahrwerkseinstellen passieren?

GH: Anfänger denken oft "Je härter desto besser" und drehen Zugstufe und Druckstufe ganz rein. Das ist natürlich nicht richtig und kann sogar gefährlich werden. Ausserdem muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Federvorspannung nicht zu hart gewählt wird. Ein Negativfederweg muss unbedingt vorhanden sein.

NM: Wo liegen die Grenzen von den Serienfahrwerken der Supersportlern?

GH: Für den Strassenbetrieb sind 90% der Serienfahrwerke vollkommen ausreichend. Bei halbwegs beherzten Einsatz auf der Rennstrecke werden aber auch hier die Grenzen relativ schnell deutlich. Der Verstellbereich ist für die Rennstrecke einfach zu kleine. Ausnahme: Rennfertige Serienmaschinen wie die R7 haben schon teure Racing-Fahrwerke eingebaut.

NM: Was gibt es jetzt für Möglichkeiten das Fahrwerk von Supersportlern zu optimieren wenn ich am Ring in schnelle Regionen vorstossen möchte?

GH: Voll einstellbare Wilbers Federbeine gibt es ab 639 Euro. Für die Gabel gibt es ein Packet um 360 Euro bei welchem nur die "Innerein" getauscht werden. Damit hat man dann aber schon wirklich gutes Material wie z.B. die schnellen Kollegen in der Stocksport oder Supersport Klasse. Grammer Klaus (Anm. der Redaktion: Führender der Stocksport ÖM) fährt z.B. ein solches Packet. Hinten ein Wilbers Federbein und vorne den besprochenen Gabelkit.

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NM: Gibt es solche Komponenten nur für Ringgeräte oder auch für Tourenmotorräder.

GH: Wilbers Fahrwerke gibt es auch für Tourenmotorräder, Enduros und Supermoto-Maschinen. Sehr oft verkaufen wir z.B. das komplette Wilbers Fahrwerk um 1287 Euro für die BMW 1150 GS.

NM: OK. Noch eine wichtige Frage! Thema Wartung. Welche Elemente des Fahrwerkes gehören regelmässig gewartet?

GH: Das Gabelöl gehört im harten Ringbetrieb nach 5 Wochenenden getauscht. Auf der Strasse ca. alle 10.000km. Steht aber ohnehin in den Bedienungsanleitungen, wird aber gerne vergessen. Ein defekter Simmer-Ring macht sich durch Austritt von Gabelöl bemerkbar. Dieser muss dann unbedingt getauscht werden. Ebenfalls wichtig ist eine regelmässige Kontrolle von Gabelkopflager und Schwingenlager.

NM: Vielen Dank für die Infos. Ein Statement zum Abschied?

GH: Fahrwerks-Setup ist immer ein Kompromiss. Es gibt kein perfektes Fahrwerk. Man muss versuchen das vorhanden Fahrwerk optimal für seine Bedürfnisse abzustimmen.

Ein grosses Dankeschön an Georg von der Motorbox dass er sich Zeit für uns genommen hat.

Bei der Motorbox gibt es natürlich wesentlich mehr Möglichkeiten und noch mehr Know-How wie in meiner Bastelgarage ein Fahrwerk einzustellen. Zum Beispiel den Fahrwerksprüfstand und ein Rahmenmessgerät.

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Links:
Kontakt:

Motorbox - Peter Horvath
Lanzendorferstrasse 7
2481 Achau
Tel: 02236/72 735
Fax: 02236/72 792
mail: office@motorbox.at

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Bericht vom 30.07.2002 | 41'611 Aufrufe

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