A2-Reiseenduro Test: KTM 390 ADV R, Himalayan 450, Brixton Storr

Welche A2-Reiseenduro taugt für die grosse Tour?

Weniger Leistung, weniger Gewicht, weniger Angst vor dem ersten Ausflug ins Gelände - A2-Reiseenduros versprechen viel. Wir haben die KTM 390 Adventure, Royal Enfield Himalayan 450 und Brixton Crossfire 500 Storr drei Tage lang durchs Friaul getrieben: Autobahn, Nassfeldpass, Monte Zoncolan und Schotterpässe inklusive.

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Weniger ist mehr? Drei A2-Reiseenduros im Härtetest

Weniger Leistung, weniger Gewicht, weniger Angst vor dem ersten Ausflug ins Gelände: Das Versprechen der A2-Reiseenduros klingt verführerisch. Die Frage ist nur, ob "weniger ist mehr" auch dann noch gilt, wenn man mit 48 PS und überschaubarem Budget eine richtige Tour fahren will, mit allem, was dazugehört. Genau deswegen sind wir mit drei Motorrädern losgezogen, die die A2-Reiseenduro-Idee komplett unterschiedlich interpretieren: KTM 390 Adventure R als leichtfüssige Offroad-Spezialistin, Royal Enfield Himalayan 450 als traktormässige Reichweitenkönigin und die Brixton Crossfire 500 Storr als neuer Zweizylinder-Tourer im Feld. Drei Tage Friaul, mit Autobahn-Anreise, Nassfeldpass, Monte Zoncolan, Winkelwerk ohne Ende und Schotterpässen, sollten zeigen, wer was wirklich kann.

Anreise und Autobahnetappe: A2-Reiseenduros im Realitätstest

Motorradfahrer aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz, die zumindest halbwegs legal auf unbefestigtem Untergrund fahren möchten, müssen in der Regel zuerst Autobahn fressen. So führt auch unser Weg zunächst über das Asphaltband der A2 von Wiener Neustadt bis zum Gailtal. Knapp vier Stunden Konstantfahrt mit 125 bis 130 km/h waren der erste Härtetest für die kleinen Reiseenduros. Alle drei Motorräder verfügen über ein Sechsganggetriebe und halten die 130 km/h Reisegeschwindigkeit problemlos, allerdings in deutlich höheren Drehzahlregionen als grosse Reiseenduros. Die Royal Enfield Himalayan 450 liegt bei etwa 6500 U/min, KTM 390 Adventure und Brixton Storr knapp unter 7000 U/min. Das spürt man im Geräuschniveau, aber auch in den Vibrationen: Die KTM meldet sich mit klar spürbaren, hochfrequenten Vibrationen über Lenker und Fussrasten, bleibt aber noch im akzeptablen Bereich. Die Brixton überrascht auf der Autobahn mit erstaunlicher Ruhe, Vibrationen sind hier eher auf der Landstrasse bei Volllast ein Thema. Die Himalayan wirkt insgesamt am beruhigtesten, mit leichten Vibrationen, aber dem insgesamt gelassensten Motorlauf.

Mit knapp über 6.000 U/min hält die Royal Enfield Himalayan die Autobahngeschwindigkeit am entspanntesten.
Mit knapp über 6.000 U/min hält die Royal Enfield Himalayan die Autobahngeschwindigkeit am entspanntesten.

Perfekter Ausgangsort für Motorradtouren im Friaul

Wer noch nicht das Friaul auf zwei Rädern beehrt hat, sollte die kleine Provinz im äussersten Nordosten Italiens unbedingt auf die To-Ride-Liste schreiben. Während sich in der Lombardei und Südtirol die Touristenmassen über die berühmten Pässe stauen, herrscht im Friaul noch Ruhe und Urigkeit. Dabei bieten die friulischen Alpen ebenfalls grandiose Panoramen, schroffe Berglandschaften, verwinkelte Passstrassen und sogar eine überdurchschnittliche Menge an legal befahrbaren Schotterpässen. Um dieses vielseitige Angebot optimal während unserer dreitägigen Tour ausnutzen zu können, sind wir im Motorrad Hotel Bellavista in Ravascletto untergekommen. Von dort gelangt man direkt zu einigen der besten Strassen der Region, wie zum Beispiel der direkt darüber liegenden Panoramica delle Vette oder dem benachbarten Monte Zoncolan. Typisch für MoHo Motorradhotels, hat sich das Team herausragend um uns und unsere Zweiräder gekümmert: freundlich, hilfsbereit und stets mit einem offenen Ohr für unsere Pläne. Ein idealer Stützpunkt für alle, die Friaul auf zwei Rädern erleben wollen.

Motorräder direkt auf der Terrasse geparkt, gut geschmaust und bei Einheimischen Streckentipps eingeholt - das MoHo Bellavista gestaltet unsere Tage im Friaul sehr angenehm.
Motorräder direkt auf der Terrasse geparkt, gut geschmaust und bei Einheimischen Streckentipps eingeholt - das MoHo Bellavista gestaltet unsere Tage im Friaul sehr angenehm.

Ergonomie und Sitzposition: Drei Philosophien für A2-Touren

Beim Thema Ergonomie verfolgen die drei Hersteller komplett unterschiedliche Ansätze, auch wenn alle drei Motorräder grundsätzlich eine brauchbare Reise-Ergonomie bieten. Die KTM 390 Adventure R gibt klar die sportlichste Sitzposition vor. Die Fussrasten sitzen relativ hoch und weit hinten, der Kniewinkel ist spürbar enger. Durch die schmale Front und die Sitzbank, die weit nach vorne gezogen ist, kann man sehr nahe am Lenker sitzen. Das fühlt sich auf der Strasse aktiv an und funktioniert im Gelände ausgezeichnet, weil man einfach viel Bewegungsfreiheit hat. Die Royal Enfield Himalayan 450 tritt wesentlich entspannter auf. Die Fussrasten sind klassischer positioniert, die Beine weniger spitz angewinkelt, die gesamte Sitzposition wirkt touristischer und relaxter. Man sitzt aber eher exponiert oben drauf, als würde man sich auf dem Motorrad thronend durch die Landschaft tragen lassen. Die Brixton Storr punktet mit einer überraschend gemütlichen Haltung, bei der die Rasten relativ weit vorne liegen, die Oberschenkel fast waagerecht verlaufen und der Kniewinkel beinahe rechtwinklig ausfällt. Der breitere Tank integriert den Fahrer angenehm ins Motorrad. Mit meinen 1,85 m kann ich auf allen drei Kandidaten lange Etappen absolvieren, ohne zu leiden, aber die Charaktere sind ergonomisch so unterschiedlich, dass man sie kaum in einen Topf werfen kann.

Verbrauch, Reichweite und Vibrationen: Wer ist der Reichweitenkönig?

Auf unserer haben wir den Verbrauch bei realistischen Einsatzbereichen gemessen. Zur Autobahnfahrt gesellen sich noch ein paar Hundert Kilometer Landstrasse und Schotterwege dazu. Die Motorräder waren alle mit leichtem Gepäck unterwegs. Die Royal Enfield Himalayan 450 bringt mit ihrem 17-Liter-Tank und einem Verbrauch von 3,97 Litern auf 100 Kilometer klar die beste Reichweite zustande und bleibt als einzige unter der Vier-Liter-Marke. Sie ist damit die unangefochtene Reichweitenkönigin im Test. Die KTM 390 Adventure kombiniert ihren kleineren 14-Liter-Tank mit einem Verbrauch von 4,22 Litern auf 100 km. Trotzdem sind realistische Reichweiten von deutlich über 300 Kilometern möglich, wenn man es nicht völlig eskalieren lässt. Die Brixton Storr tritt mit 16-Liter-Tank und einem Verbrauch von 4,36 Litern auf 100 km als hungrigste im Test an, liegt damit aber immer noch in einem absolut vertretbaren Bereich. Die Bordelektronik zeigt vollgetankt 380 Kilometer Reichweite an, und das wirkt angesichts unseres Testverbrauchs nicht unrealistisch. Unterm Strich lässt sich sagen, dass lange Etappen mit allen drei Motorrädern machbar sind. Wer aber einfach nur fahren will, ohne permanent nach Tankstellen Ausschau zu halten, wird mit der Himalayan am glücklichsten.

450 HImalayan 390 Adventure Storr 500 Verbraucht
Unsere Verbrauchsmessung nach knapp 1.500 Kilometern on Tour.

Windschutz, Sitzkomfort und Fahrwerk auf der Langstrecke

Beim Windschutz zeigt sich eine ähnliche Bandbreite wie bei der Ergonomie. Die KTM 390 Adventure bietet mit ihrem grossen Windschild für kleinere Fahrer vermutlich den nahezu idealen Schutz. Mit meinen 1,85 m trifft mich der Wind knapp an der Oberseite des Helms, dazu gesellen sich leichte Verwirbelungen und ein erhöhter Geräuschpegel. Mache ich mich ein Stück kleiner, wird es deutlich leiser, und ich höre bei Tempo 130 im Wesentlichen nur noch den Einzylinder bei knapp 7000 Touren schreien. Für eine A2-Enduro ist das ein sehr guter Windschutz. Auf der Brixton Storr trifft mich der Wind damit ziemlich genau auf Höhe des Helms und sorgt für laute Verwirbelungen. Der breitere Tank nimmt dafür Brust und Körpermitte gut aus dem Wind, was auf langen Etappen angenehm wirkt. Die Himalayan 450 bietet den schwächsten Windschutz im Trio. Der Windschild ist eher klein, und man sitzt am exponiertesten. Ein höherer oder breiterer Windschild kann aber sehr einfach nachgerüstet werden.

Vorbildlicher Windschutz auf der KTM 390 Adventure R
Vorbildlicher Windschutz auf der KTM 390 Adventure R

Bei der Sitzbank gibt es klare Unterschiede. Die KTM bietet das härteste Polster im Vergleich, passend zu ihrem radikaleren Offroad-Charakter. Man kann sich gut bewegen und immer wieder die Belastung verlagern, aber nach einer gewissen Zeit sitzt sich die Bank durch. Die Brixton ist ebenfalls kein Sofa, bietet aber am hinteren Teil etwas mehr Fläche. Schiebt man den Hintern nach hinten, spürt man deutlich mehr Druckentlastung. Die Royal Enfield Himalayan 450 hat ganz klar die komfortabelste Sitzbank. Sie ist gut gepolstert und schön gefüllt, man sitzt auch nach einem langen Tag noch gerne im Sattel.

Die günstige Brixton Storr überrascht mit einem schön ansprechenden und einstellbaren KYB-Fahrwerk.
Die günstige Brixton Storr überrascht mit einem schön ansprechenden und einstellbaren KYB-Fahrwerk.

Beim Fahrwerk liefert die KTM mit ihrem WP-Fahrwerk und breitem Einstellbereich die sportlichste Basis. Ab Werk eher straff abgestimmt, haben wir sie für den Test etwas weicher gedreht. Gröbere Unebenheiten werden sauber geschluckt, die Stabilität ist top, nur bei kleinen Kanten spürt man das nicht perfekte Ansprechverhalten. Die Brixton Storr überrascht mit einem für die Marke bärenstarken KYB-Fahrwerk. Rund 180 Millimeter Federweg vorne und etwa 175 bis 176 Millimeter hinten, dazu Einstellmöglichkeiten und ein sehr angenehmes Ansprechverhalten sowohl auf der Strasse als auch auf leichtem Schotter, machen sie in dieser Disziplin zum heimlichen Geheimtipp. Die Himalayan 450 bringt 200 Millimeter Federweg mit, vorne ohne Einstellmöglichkeiten, aber mit hervorragendem Ansprechverhalten. Besonders bei normalem Fahrergewicht funktioniert das Fahrwerk extrem gut, komfortabel und mit Reserven. Wer deutlich schwerer ist oder mit viel Gepäck unterwegs ist, wird diese Reserven schneller aufbrauchen, für unseren Einsatzzweck gab es jedoch ein klares Lob.

Die Himalayan bietet ebenfalls schön ansprechende Federelemente, bietet aber als einzige keine Federelemente. Das kann zum Problem für besonders schwere Fahrer oder Touren mit massiv Gepäck werden.
Die Himalayan bietet ebenfalls schön ansprechende Federelemente, bietet aber als einzige keine Federelemente. Das kann zum Problem für besonders schwere Fahrer oder Touren mit massiv Gepäck werden.

Nassfeldpass und Monte Zoncolan: Handling, Motor und Bremsen im Härtetest

Der Nassfeldpass von Kärnten nach Italien ist unsere Erlösung nach der langen Anfahrt und ein Motorrad-Spielplatz mit einer Kurve nach der anderen, teils nicht perfektem Asphalt und ständig wechselndem Rhythmus. Genau das Richtige, um Unterschiede bei Handling, Motorcharakter und Bremsen herauszufahren. Beim Gewicht liegen die drei Testkandidaten weit auseinander. Vollgetankt bringt die Royal Enfield Himalayan 450 200,5 Kilo auf die Waage, die KTM 390 Adventure R bleibt bei sehr agilen 176,5 Kilo, während die Brixton Storr bei rund 215 Kilo landet. Das merkt man in jeder Kehre. Die KTM wirkt extrem agil, lässt sich über den breiten Lenker fast spielerisch in den Radius drücken und bleibt dank ihres sportlichen Fahrwerks trotzdem stabil. Die Brixton fühlt sich in Schräglage harmonisch und berechenbar an, doch die knapp 48 PS müssen hier deutlich mehr Masse bewegen, besonders bergauf merkt man, wie der Motor mit dem Gewicht zu kämpfen hat. Die Himalayan sitzt gewichtsseitig in der Mitte und fährt sich genauso: nicht superleicht, aber sehr berechenbar und stabil.

Die Himalayan ist durch ihren Drehmoment-starken Motorcharakter das beste Bike für jene, die gerne schaltfaul unterwegs sind.
Die Himalayan ist durch ihren Drehmoment-starken Motorcharakter das beste Bike für jene, die gerne schaltfaul unterwegs sind.

Beim Motorcharakter trennen die Konzepte die Spreu vom Weizen. Die KTM 390 Adventure setzt auf den bekannten drehfreudigen 390er Einzylinder, der bergauf klar nach Drehzahl verlangt. Bei 50 bis 55 km/h im dritten Gang würde man bei einem Einzylinder-Motor bauchigen Vortrieb erwarten, doch es passiert unten herum relativ wenig. Erst ab etwa 7000 Touren geht es richtig vorwärts. Das bedeutet: viel Schalten. Der Quickshifter hilft dabei insgesamt gut, auch wenn das Schaltgefühl zwischen deutlich spürbarem Gegendruck und butterweichem Durchrutschen schwankt. Die Brixton Storr zeigt eine ähnliche drehzahlhungrige Charakteristik, hat aber die höheren Kilos an der Backe. Man muss ihr kräftig einschenken und ebenfalls viel schalten, doch grosse Beschleunigungsrennen bergauf gewinnt man mit ihr sicher nicht. Die Royal Enfield Himalayan 450 ist hier das komplette Gegenteil. Der Traktor-Charakter des Motors ist das, was sie von den anderen abhebt. Im dritten Gang aus der Kehre kommen, Drehzahl im Keller, kurzes Gasaufziehen - und statt dem Gefühl, dass der Motor gleich abstirbt, gibt es ein sattes "tuk tuk tuk" und einen souveränen, sanften Schub aus dem Drehzahlkeller.

Reifendimensionen und Bremsen spielen im Passbetrieb ebenfalls eine grosse Rolle. KTM und Himalayan rollen vorne auf 90/90-21 und damit auf echten Offroad-Dimensionen. Die Brixton setzt vorne auf 19 Zoll und hinten auf 17 Zoll, kombiniert mit einem 110er Vorderreifen, 150er Hinterreifen und Pirelli Scorpion Rally STR, die im Test zur strassenorientiertesten Kombination werden. Das Einlenkverhalten der Brixton wirkt dadurch fast am harmonischsten, mit viel Gummi und breiterem Vorderreifen, der Vertrauen schafft.

Die leichte 390 Adventure R lässt sich am flottesten durch die Radien treiben. Nur wiederholte harte Bremsmanöver sollte man meiden, da die Bremsen nicht sehr standhaft sind.
Die leichte 390 Adventure R lässt sich am flottesten durch die Radien treiben. Nur wiederholte harte Bremsmanöver sollte man meiden, da die Bremsen nicht sehr standhaft sind.

Die Bremsen haben auf der Nassfeld-Abfahrt ihren eigenen Härtetest absolviert. Die Vorderradbremse der Brixton reagiert anfänglich etwas weich, verlangt für stärkeres Verzögern nach klarer Handkraft, baut dann aber schnell guten Druck auf. Hinten ist sie gut dosierbar, aber nach etwa der halben Passabfahrt war die Wirkung quasi verschwunden, Fading ist hier definitiv ein Thema. Die KTM 390 Adventure kommt vorne mit einem typisch Offroad-orientierten Bremspunkt, der sich knautschig und weich anfühlt und scharfes Bremsen erschwert. Die Hinterradbremse sitzt relativ hoch, im Sitzen muss man das Bein deutlich anheben, um sie sauber zu erreichen. Auch hier war die Bremse bergab am Ende fast weg. Die Himalayan 450 ist ebenfalls nicht für Rennstreckentempo am Pass ausgelegt, doch das Gesamtpaket wirkt hier am ausgewogensten. Bei sehr sportlicher Fahrweise lässt auch ihre Bremse nach, aber Dosierbarkeit und Charakter passen stimmig zur Maschine.

Elektronik und Assistenzsysteme der A2-Reiseenduros

Elektronisch trennen die drei A2-Reiseenduros Welten. Die KTM 390 Adventure fährt mit dem umfangreichsten Elektronikpaket vor. Fahrmodi, fein einstellbare Traktionskontrolle und ein sehr gutes ABS, das nicht plump regelt, geben vor allem weniger erfahrenen Fahrern viel Sicherheit. Auf trockenem Asphalt agiert die Traktionskontrolle allerdings eher konservativ. Für unseren Fahrstil war sie zu vorsichtig eingestellt, weshalb wir sie auf griffigem Untergrund deaktiviert haben. Dank der drehzahllastigen Leistungsentfaltung bleibt die KTM trotzdem gut kontrollierbar. Die Brixton Storr hat ebenfalls eine Traktionskontrolle mit an Bord, doch im Testalltag war es gar nicht so einfach, sie überhaupt zum Eingreifen zu bringen. Der Zweizylinder hat mit dem hohen Gewicht genug zu tun, da bleibt schlicht zu wenig überschüssiges Drehmoment übrig, um die Traktion zu überwinden.

Royal Enfield wählt bei der Himalayan 450 einen bewusst pragmatischen Ansatz. Zwei Fahrmodi, Eco und Performance, stehen zur Wahl. Im Eco-Modus wird die Leistung gedrosselt und die Maschine fühlt sich in etwa wieder so an wie die alte 411er, was man ehrlich gesagt nicht braucht. Wir sind daher konsequent im Performance-Modus unterwegs gewesen. Auf eine Traktionskontrolle verzichtet Royal Enfield komplett - und das ist in diesem Fall keine Sparmassnahme, sondern eine bewusste Entscheidung. Durch den traktormässigen Motor mit seinem gutmütigen Drehmomentverlauf lässt sich die Leistung so sauber dosieren, dass eine Traktionskontrolle praktisch überflüssig wäre. ABS ist natürlich überall mit dabei, sogar mit alternativen Offroad-Modi, aber in Summe zeigt sich hier: Mehr Anzeigen und Fahrmodi sind nicht automatisch das bessere Konzept, manchmal überzeugt gerade das einfachere, gut abgestimmte System.

Offroad im Friaul: Straniger Alm, Schotter und ein Abflug

Nach zwei schönen Fahrtagen im Friaul geht es für die letzte Nacht zurück in Richtung Grenze, hinauf zur Straniger Alm und hinein ins lose Gelände. Ursprünglich hatten wir uns noch etwas härtere Offroad-Passagen vorgenommen, doch bevor es so weit kam, lag ich mit der KTM in einer Schotterkurve am Boden. Kein Drama, aber ein ehrlicher Hinweis darauf, dass wir nicht im Prospekt unterwegs sind, sondern unter realen Bedingungen mit nassem, rutschigem Untergrund. Trotzdem haben wir einige Offroad-Kilometer gesammelt, um die Geländetauglichkeit der drei Reiseenduros realistisch einschätzen zu können.

Die KTM 390 Adventure bringt auf dem Papier das klar beste Offroad-Paket mit. Sie ist die leichteste im Test, bietet die längsten Federwege, schmale Verkleidungsteile, eine lange Sitzbank und viel Bewegungsfreiheit. Die Ergonomie im Stehen ist hervorragend, besonders für Fahrer bis etwa 1,85 Meter. Ab ungefähr 1,90 Meter könnte der Lenker etwas tief wirken, hier helfen bei Bedarf Lenkererhöhungen. Das Fahrwerk bietet lange Reserven, die wir an diesem Wochenende nicht annähernd ausgereizt haben, der Einstellbereich ist gross genug, um sich ans persönliche Optimum heranzutasten. Der Knackpunkt ist aus meiner Sicht aber der Motor. In der 390 Duke lieben viele seine Drehfreude, im Offroadbetrieb wirkt die Hochdrehzahl-Charakteristik jedoch etwas unpassend. Bei Endurofahrerei wünsche ich mir spontanes, sattes Drehmoment aus dem Keller, um vor mir auftauchende Hindernisse per Gasstoss zu überwinden oder die Traktion in der Kurve zu durchbrechen. Auf der KTM muss man aber viel schalten und sich permanent in der oberen Drehzahlhälfte aufhalten, um solche Manöver zu vollbringen. Wer dem Fahrertyp "Vollgas" angehört, wird auch damit glücklich. Wer jedoch einen Traktor-Motor erwartet und bei niedrigen Drehzahlen Vortrieb zur Verfügung haben möchte, eher weniger. Dazu kommt die im harten Einsatz wenig standfeste Bremse und ein Preis, der im A2-Segment nicht ganz ohne ist. Trotzdem gibt es am Markt kaum eine andere A2-Reiseenduro, die Offroad so ernst meint. Mit einem bauchigeren, traktormässigeren Motor wäre die KTM für mich persönlich das Optimum.

Die KTM 390 Adventure R ist definitiv die geländegängigste Reiseenduro im A2-Segment. Nur beim Motor scheiden sich die Geister.
Die KTM 390 Adventure R ist definitiv die geländegängigste Reiseenduro im A2-Segment. Nur beim Motor scheiden sich die Geister.

Die Brixton Crossfire 500 Storr ist von ihren Eckdaten her klar auf Reise statt Rallye ausgelegt. Sie bringt das höchste Gewicht, die kürzesten Federwege und rollt auf 19/17-Zoll-Rädern mit strassenorientierten Reifen. Im Gelände schlägt sie sich respektabel, bleibt aber vom Charakter her klar auf gemütliches Tempo festgelegt. Das KYB-Fahrwerk arbeitet auch auf losem Untergrund feinfühlig, die Vorderradbremse lässt sich gut dosieren, wenn auch anfangs etwas giftig, und die Ergonomie im Stehen ist absolut okay, ohne riesige Platzreserven, aber ausreichend für lockere Schottertouren. Auf rutschigem Untergrund, bei Schlamm und naturbelassenen Stufen merkt man jedoch deutlich, wie der drehzahlhungrige Zweizylinder mit der hohen Masse kämpft. Wenn die Traktion abreisst oder das Hinterrad kurz abhebt, braucht es spürbar, bis der Motor wieder Druck aufbaut. Ernsthaft sportliche Offroad-Ambitionen sind mit der Storr schwierig. Für mich ist sie im Gelände klar eine "gemütlich, gemütlichst"-Maschine: Schotterwege ja, ambitionierte Enduro eher nein.

Die Brixton Crossfire 500 Storr geht es auch im losen Gelände gerne gemütlich an, was kein Nachteil sein muss.
Die Brixton Crossfire 500 Storr geht es auch im losen Gelände gerne gemütlich an, was kein Nachteil sein muss.

Die Royal Enfield Himalayan 450 ist der Allrounder mit Traktor-Herz. Ich kenne sie bereits von anderen Touren und war auch nach diesem Trip wieder beeindruckt. Sie ist die günstigste im Vergleich, bietet den grössten Tank und die beste Reichweite und liefert eine Ergonomie, die ähnlich balanciert wirkt wie bei der KTM, aber relaxter. Sie ist entspannter als die kompromisslose KTM, aber immer noch aktiv genug, um motivierter über Stock und Stein zu bollern. Trotz 17-Liter-Tank bleibt ausreichend Platz, um sich zu bewegen. Der Star ist eindeutig der Motor. Egal ob man sich verschaltet, kurz abgelenkt ist, in tiefem Matsch steckt oder auf griffigem Asphalt unterwegs ist, man legt Gas an und bekommt souveränen Schub. Die Kupplung ist gut dosierbar, das Fahrwerk zwar nicht einstellbar, aber ab Werk pippifein abgestimmt, egal ob auf Asphalt oder offroad. Die Himalayan vermittelt dieses "alles easy, ich hab dich"-Gefühl, das man bei Schottertouren sucht, ohne dass man ein Offroad-Profi sein muss.

Die Royal Enfield Himalayan ist der Allrounder, der in keiner Disziplin Spitze, aber überall gut dabei ist.
Die Royal Enfield Himalayan ist der Allrounder, der in keiner Disziplin Spitze, aber überall gut dabei ist.

Ausstattung der drei A2-Reiseenduros

Ein Blick auf die Ausstattung zeigt, dass alle drei Hersteller ihre eigenen Akzente setzen. Die Brixton Storr tritt in Österreich rund um die 7000-Euro-Marke an und bringt dafür Zusatzscheinwerfer, USB-Port, ein grosses Display und praktische Tanktaschen mit. Das ergibt ein rundes Ausstattungspaket für den Erstauftritt in diesem Segment. Die Royal Enfield Himalayan 450 kombiniert ihre komfortable Sitzbank und den grossen Tank mit einem echten Alleinstellungsmerkmal in dieser Klasse: einem 3D-Navi auf Google-Maps-Basis direkt im Display. Gerade für Reiseenduros ist das ein modernes Feature, das den Alltag erheblich erleichtert. KTM setzt bei der 390 AdventureR auf ein klar offroad-orientiertes Chassis, einen Quickshifter und umfangreiche Elektronik.

Fazit zum A2-Reiseenduro Vergleich 2025

Nach drei intensiven Tagen im Friaul, mit Autobahn, Alpenpässen, Winkelwerk, Schotter und einem Abflug in der KTM-Schotterkurve, bleiben drei klare Charakterbilder zurück. Die Royal Enfield Himalayan 450 ist die günstigste und gleichzeitig rundeste Gesamtlösung im Trio. Sie kombiniert Reichweite, Komfort, gutmütigen Traktormotor und gelungene Fahrwerksabstimmung zu einem Paket, das A2-Tourenfahrer breit anspricht. Die Brixton Storr ist ein respektabler Einstieg mit starkem Fahrwerk, guter Ausstattung und angenehmer Ergonomie, der beim nächsten Update mit bauchigerem Motor und weniger Gewicht zur ernsthaften, wenn auch schwereren Reiseenduro reifen könnte. Die KTM 390 Adventure R bleibt die kompromissloseste Offroad-A2-Reiseenduro am Markt, für Fans des 390er-Motors und für Piloten, die bewusst eine leichte, hochbeinige A2-Reiseenduro mit starkem Offroad-Fokus suchen und bereit sind, im Gelände im oberen Drehzahlband zu leben.

Erfahrungsbericht: Stadler Transformer Enduro-Kombi im Test-Einsatz

Für diesen Test war ich mit dem Stadler Transformer unterwegs, einem hochbelüfteten Sommeranzug aus abriebfestem Cordura mit grossflächigen Stretcheinsätzen und Level-2-Protektoren. Abseits der Stadler-typischen, sehr hohen Qualität, hat die Transformer Jacke ein Alleinstellungsmerkmal, welches sie super für motivierte Enduro-Touren macht: Die Ärmel lassen sich abnehmen. Mit einer Protektorenweste kombiniert erreicht der Transformer Anzug dadurch ein ungeahntes Level von Durchlüftung und Bewegungsfreiheit. Die Passform ist körpernah, bleibt aber dank der flexiblen Stretch-Materialien extrem beweglich - besonders im Offroad-Einsatz. Die elf Ventilationsöffnungen der Jacke und die gut positionierten Belüftungen der Hose sorgen für starken Luftdurchsatz, was im warmen Friaul ein echter Komfortgewinn war. Der Sturz auf Schotter zeigte zudem: Der Transformer steckt harte Beanspruchungen souverän weg. Für sommerliche Adventure-Touren ist der Stadler Transformer eine der hochwertigsten Optionen am Markt. Mehr dazu gibt es hier im ausführlichen Stadler Transformer Erfahrungsbericht.

Fazit: Royal Enfield Himalayan 450 2025

Die Royal Enfield Himalayan 452 ist ein Motorrad mit einzigartigem Charakter, das besonders durch seine Zugänglichkeit und Zuverlässigkeit besticht. Sie ist ideal für Fahrer, die eine unkomplizierte, aber dennoch leistungsfähige Enduro suchen, die sich in verschiedenen Geländetypen bewährt. Obwohl sie nicht das leistungsstärkste oder sportlichste Bike ist, überzeugt sie durch ihr einfaches Handling, robuste Bauweise und verlässliche Elektronik. Ihr Fahrwerk ist bei flotter Fahrt stabil, jedoch schnell an seine Grenzen gestossen. Insgesamt bietet die Himalayan ein angenehmes Fahrerlebnis für Abenteurer, die eine robuste und gutmütige Maschine suchen.


  • Einfaches Handling und zugängliche Fahrweise
  • Robustes und verlässliches Fahrwerk
  • Kompakte Masse und niedrige Sitzhöhe machen sie zugänglich
  • Gute Reisequalitäten als komfortabler Begleiter
  • Nicht besonders leistungsstark oder sportlich
  • Fahrwerk stösst bei intensiver Beanspruchung schnell an seine Grenzen

Fazit: KTM 390 Adventure R 2025

So kompromisslos auf den Offroad-Einsatz getrimmt war die 390 Adventure noch nie. Mit mächtigen Federwegen, moderner Elektronik und weniger als 180 kg könnte die 390 Adventure R die seit Jahren gesuchte, eierlegende Wollmilchsau unter den Reiseenduros sein. Sie kann problemlos Autobahnetappen bezwingen, durchs Winkelwerk gejagt oder über Stock und Stein getrieben werden. Aber einen potenziellen Haken gibt es: Der aus der 390er Duke übernommene Motor ist auch in der Adventure R sehr Drehzahl-hungrig. Die Folgen sind permanentes Schalten und kaum spontan verfügbarer Vortrieb. Gerade im Enduro-Betrieb kann das stören. Ob die KTM 390 Adventure R also langjährige Sehnsüchte erfüllen kann, bleibt Geschmackssache.


  • Top Ergonomie für stehendes als auch sitzendes Fahren
  • Einstellbares Fahrwerk mit sehr viel Reserven
  • Hochmoderne Elektronik
  • Guter Windschutz
  • Vielseitig einsetzbar
  • Ernste Enduro-Bereifung
  • Niedriges Gewicht
  • Motor braucht viel Drehzahl für souveränen Vortrieb
  • Motor neigt zum Absterben
  • Bremsen wenig standfest
  • Fokus auf Sportlichkeit mindert Komfort (zB recht harte Sitzbank)

Fazit: Brixton Crossfire 500 STORR 2025

Die Brixton Crossfire 500 Storr zeigt, dass A2-Reiseenduros nicht langweilig sein müssen. Fahrwerk und Ausstattung überzeugen, der Motor verlangt Engagement. Ein gelungenes Erstlingswerk mit Raum für Feinschliff.


  • stabiles Fahrwerk
  • gutes Einlenkverhalten
  • komfortable Ergonomie
  • hochwertige Ausstattung
  • solide Reichweite
  • Hinterradbremse nicht sehr standfest
  • Motor drehzahlhungrig
  • mässiger Windschutz
  • kurzer Schalthebel
  • etwas hohes Gewicht

Bericht vom 12.12.2025 | 1.151 Aufrufe

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