Bilder: BMW S 1000 XR 2021 gegen Ducati Multistrada V4 2021
Rasches Reisen ist mit diesen Eisen kein Problem. Sitzposition aufrecht, Motor mit Supersportgenen, alle erdenklichen Komfort-Features: Diese Eigenschaften teilen sich BMW S 1000 XR und Ducati Multistrada V4 S. Doch kommt die Ducati der extrem handlichen BMW bei der flotten Landstrassenhatz nach?
Nach dem vielbeachteten Vergleichstest der Ducati Multistrada V4 S mit der BMW R 1250 GS erreichten uns viele Zuschriften und Kommentare wir hätten die falsche BMW ins Duell mit der Ducati geschickt. Glücklicherweise fiel uns kurz danach eine BMW S 1000 XR in die Hände…
Während der GS ganze 34 PS auf die Leistung der Multistrada V4 fehlen, sind es bei der S 1000 XR derer nur 5.
Beim Drehmoment sieht die Sache natürlich gänzlich anders aus, hier kann die Ducati mit ihren 125 Nm deutlich mehr aufwarten als die BMW S 1000 XR mit 114.
Beide 4-Zylinder Aggregate stammen bekanntlich ursprünglich aus den Supersportmaschinen des jeweiligen Hauses. Ducati ist die die Konfiguration des V4 für die Landstraße noch einen Ticken überzeugender gelungen als BMW mit dem Reihenvierer.
Die flotte Bayerin liebt Drehzahlen, während die italienische Diva bereits aus dem Drehzahlkeller ordentlich Dampf bietet.
Oben raus fasziniert da wie dort die gebotene Leistung, in unglaublicher Schnelle ist man in führerscheingefährdenden Geschwindigkeitsbereichen.
Dass wir hier nicht nur zwei Modelle sondern gleich zwei Motorradklassen gegeneinander antreten lassen hat einen guten Grund. Ducati hat bietet für flottes Reisen mit der Multistrada derzeit nur eine Modell-Reihe im Programm,
während BMW mit der XR- und der GS-Reihe zwei verschiedene bietet.
Folglich muss die Multistrada einen deutlich größeren Spagat zwischen Komfort, Geländetauglichkeit und Sportlichkeit hinlegen als die XR.
Ein Zugeständnis an die ersten beiden Punkte ist die Bereifung in der klassischen GS-Dimension 120/70 R19 vorne und 170/60 R17 hinten.
Die Vorgängerin der Multistrada V4 hatte, wie die aktuelle BMW S 1000 XR, an beiden Rädern 17 Zoll und hinten einen 190er Schlapfen.
Aufgrund der massiven Leistung (und der einstelligen Temperaturen am Testtag) hatte der 170er Pneu an der Ducati am Kurvenausgang bei ähnlicher Schräglage deutlich größere Schwierigkeiten die Kraft auf der Straße zu bringen, als sein 190er Counterpart auf der BMW. Dadurch verliert die Multistrada Meter für Meter auf die S 1000 XR.
Ähnliches gilt beim Thema Fahrwerk: Die (natürlich elektronisch verstellbare) straffere Federung und kürzeren Federwege bietet die BMW, sie spielt hier ihre Auslegung 100% Straße gnadenlos aus.
Die Stabilität, vor allem in flotter gefahrenen, weiten Radien ist beinahe auf Supersport-Niveau - ein echter Stelzensportler.
Da kann die Multistrada V4 S trotz mannigfaltiger Einstellbarkeit des elektronischen Fahrwerks und Auto-Leveling auf den Beladungszustand, nicht ganz mithalten.
Wiederum macht das Thema Kompromiss ein besseres Ergebnis im Bereich Sportlichkeit zunichte. 170 mm Federweg vorne und 180mm hinten lassen sich nicht leugnen.
Kein Nachteil ohne Vorteil: In der Komfortwertung lässt die Multistrada V4 S die BMW S 1000 XR locker stehen.
Die Sitzhöhen von, da wie dort, 840mm (bei der Ducati lässt sich die Sitzbank auch in einer um 20 mm höheren Position montieren,
bei BMW ist eine höhere und eine niedrigere Sitzbank erhältlich +/- 20 mm) sind stattlich, aber Personen über 1,75 Meter sollten gut damit zurechtkommen.
So ähnlich sich die Sitzbänke in der Höhe zeigen, so unterschiedlich sind sie in der Polsterung beschaffen
Im angenehm komfortabel gedämpften Ducati-Sattel ist genug Platz um die Position zu ändern, während man vom deutlich härteren BMW-Sitz, durch die kuhlen-artige Ausformung in eine Position gedrängt wird.
Auch der Sozius oder die Sozia findet auf der V4 mehr und angenehmer Platz, der Kniewinkel ist entspannter.
Auf der BMW sitzt man stark ins Fahrzeug integriert und hat durch die aufgezwungene Sitzposition eine ausgeprägtere Vorderradorientierung.
Beim Thema Wind- und Wetterschutz bietet die Multistrada in diesem Vergleich klare Vorteile, wobei angemerkt werden muss, dass auch die XR mit dem optional erhältlichen hohen Windschild hier keine schlechte Figur macht.
Der (optinale) Akrapovic an der BMW entfesselt einen brachialen Sound in oberen Drehzahlregionen.
Auf der Multi V4 S haben wir ebenfalls erst in der "Full"-Ausstattung den Akrapovic verbaut, der verglichen mit seinen Supersport-Ahnen jedoch an weitere Reisen angepasst verhaltener klingt.
Man könnte meinen mit 20 (BMW) bzw. 22 Liter (Ducati) Tankinhalt, muss man sich um das Thema Reichweite keine besonderen Gedanken machen.
Doch wer den beiden Traum-Reisemaschinen die Sporen gibt wird feststellen, dass der Sprudel bei geöffneten Drosselklappen in beachtlicher Geschwindigkeit seiner Bestimmung nachkommt und in vergleichsweise hohen Mengen kontrolliert zur Explosion gebracht wird.
In der Praxis bedeutet das, dass man auf die offiziellen Herstellerangaben da wie dort einen guten Liter addieren muss und nach unter 200km die Reservelampe im hübschen Farbdisplay aufleuchtet.
Zwischen 7 und 8 Liter auf 100km genehmigen sich beide Motorräder mit Leichtigkeit.
Der größte Vorteil der XR ist das deutlich niedrigere Gewicht im Vergleich zur Multistrada V4.
Schon die offiziellen Angaben der Ducati (243kg) bedeuten 17 kg Mehrgewicht im Vergleich zur BMW mit 226 kg.
Im direkten Vergleich merkt man, sowohl in der Anbremszone, als auch in flotten Wechselkurven die zusätzlichen Pfunde der Multi.
Dazu kommt, dass das 19 Zoll Vorderrad nicht so mühelos in die Radien fällt wie das 17 Zoll Vorderrad der BMW.
Die unbequemere Sitzposition der Bayerin wird beim Handling zum Vorteil, da dadurch mehr Transparenz für das Vorderradverhalten gegeben ist.
Echte Vorteile bietet die Ducati hingegen in sehr langsamen Kehren. Zum einen ist der kraftvolle V4 hier vom Drehmoment her im Vorteil, zum anderen ist der Einschlag der Multistrada besser als der der S 1000 XR und die Sitzposition auf der Maschine hilft beim Überblick behalten.
Am Stilfser Joch (oder in unserem Fall auf der Dopplerhütte) wird es also eng für die BMW.
Bei beiden Maschinen auf hohem Niveau präsentieren sich die Bremsen. Sowohl auf der Ducati als auch auf der BMW wird mit den 320 bzw. 330 mm Doppelscheiben überzeugende Verzögerung geboten.
Einzig die Hinterradbremse an der Ducati präsentiert sich etwas zahnlos, was insbesondere im Gelände zu einem Problem werden könnte - doch das ist Inhalt für einen anderen Test.
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Die 6-Achsen IMU erlaubt es hemmungslos an den Hebeleien zu ziehen, auch wenn die Vernunft im selben Moment eigentlich stark davon abraten würde.
Besonders am Saisonbeginn, wenn die Temperaturen noch niedrig und die Straßen noch rutschig sind ist man aber auch als vernunftbegabter Tester froh über diese Helferlein!
Die Eingriffe der Elektronik lassen sich bei BMW und Ducati nachvollziehbar durch den gewählten Modus stufenweise anpassen.
Die Regelung erfolgt sehr sanft und erlaubt in den schärferen Modi auch den ein oder anderen Hinterrad-Rutscher bevor sie um der Sicherheit Willen eingreift.
Tempomat ist natürlich bei beiden Maschinen verfügbar, in der (von uns nicht getesteten) nackten Grundversion allerdings da wie dort nicht an Board.
Dank Radar-Technologie funktioniert dieser auf der Multistrada V4 sogar adaptiv, er hält also den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug.
Galerie von: 1000PS Internet GmbH
hochgeladen am 15.03.2021