Ducati ST2 Umbau von Peter Bösel

Rennstreckenperformance für die Strasse. Aus Schwabbel wird Scharf

Ducati steht in seinen Ursprüngen und bis in die Jetztzeit für Racing, Racing und nochmal Racing! Der Boom, den die Stilikone 916 dereinst auslöste, ist bis heute ungebrochen. Dass eine Marke aber auch Wandlungsfähigkeit beweisen muss, beweist sie nicht erst seit der nun ganz neu vorgestellten Scrambler.

Viel eher noch fand der Strukturwandel auch Einlass in die Werkshallen von Bologna. Als die Ducatisti sich auch den Touren-Tifosi mittels Modell ST2 ab 1997 zuwendeten, dachte die reine Racerseele: Nicht jetzt auch noch die was sollen die Gepäckhaken, Taschen und die Vollbekofferung an einer waschechten Ducati? Banale Alltagstauglichkeit für die rassige Rote? Blasphemie! Und dann kam sogar hernach noch die ST4 mit Vierventiltecknik und die ST3 mit derer drei Ventilen pro Zylinder mit in die Garage. Das Desaster für die racingaffinen Italo-Freaks war perfekt.

Tourentussi zu Rennlotte

Einer, der einer ST2 willentlich die Racinggene aus der ursprünglichen 907 i.e. wieder ins Gesicht schreibt, den Körper aus stolzem Rohrrahmengeflecht strafft und verzaubert, ist der Peter Bösel aus Titting in Oberbayern. Mitsamt seiner Frau! Denn die war es nämlich, die 2013 auf dem Cover eines spanischen Magazins eine schwer verzauberte Ducati entdeckte. Da gab es für sie kein Halten mehr. Solch eine radikal inszenierte Umbaumassnahme, wie sie der Spanier Pepo auf die Räder und hernach stolz ins Blatt gestellt hatte, sollte sofort Einzug halten auch in einen bundesdeutschen Haushalt. Ehemann Peter hatte keine Wahl, er setzte sich mit den Mannen von RAD (Radical Ducati) in Verbindung, liess sich von Pepo Rosell und seinem Kumpel Reyes Ramon erst virtuell beraten und instruieren - und reiste dann doch lieber mit seiner einst verunfallten Touren-Duc im Gepäck nach Madrid. Motormässig waren die 944 Kubik im wassergekühlten V-Zwo im klassischen L-Format und mit sauber ausgereifter Zweiventiltechnik ja vollkommen ausreichend. Nichts zu Rütteln gab es schliesslich auch am klassischen Rohrrahmen aus Bologna, der über alle unergründlichen Erschütterungen eh erhaben ist. Aber die formschöne Einarmschwinge einer Monster S2R hielt Einzug ins System.

Minimal statt maximal

Das Heck allerdings, das musste dem tourentauglichen Hinterteil im J.Lo-Big-Button-Format weichen. Flott Fahren statt weit Tragen lautet die Devise. Und schnieke schnell aussehen sowieso. Deshalb musste die breit zeichnende Verkofferungsmöglichkeit dem schlanken Sitzhöcker aus federleichtem Karbon mit Namen RAD02 weichen, stilecht mit Nummerntafel auf jeder Seite. Als wenn es gleich auf die Rennstrecke damit gehen könne. Aber mit kleinem und feinem Montesa-Rücklicht als krönender Abschluss für die legale Strassennutzung. Filigran gibt sich selbst die Wolfmann-Krümmeranlage mit dem Spark Endschalldämpfer. Auch der aparte Tank aus leichtem Aluminium stammt in seiner speziellen Machart aus spanischer Hand. Das Firmenlogo der Spanier darf deshalb ebenso in seiner Lackierung dort Platz finden. Die Front wird ebenfalls davon stimmig bestimmt, umhüllt die GFK-Halbschalenverkleidung stolz die Insignien von Rennleidenschaft aus Aviacompasti-Digital-Instrument und Tomaselli-Clip-On-Lenkerstummeln. Der Elipsoid-Scheinwerfer in der RAD02-Verkleidung drückt dem Ensemble wiederum den Stempel der Strassentauglichkeit auf. Mit der Suspension sind sich Frau und Herr Bösel insofern ebenfalls einig, dass sie Gabel und Federbein der ST2 übernahmen, während die Räder einer Ducati 748 wieder auf die geliebten Racinggene hinweisen. Der Neuzeit und öffentlichen Strasse zuliebe geht es mit LED-Blinkern in die Kurve, aber weitaus leichtgewichtiger als mit jedem original ST2-Tourendampfer: 169 Kilo stehen mit 16 Litern vollgetankt nur noch auf der Waage. Für die grosse Fahrt taugt das wahrscheinlich nicht. Wohl aber für die schnelle Runde auf der Heimstrecke und das eine oder andere Renntraining mit Artgenossen und Gleichgesinnten. Denen man sich mit dieser straffen Erscheinung nicht gross erklären muss.

Technische Daten

Motor: Ducati ST2 1999, L-Zweizylinder, ohc Zweiventiler, 944 ccm (Bohrung x Hub 94,0 x 68,0), Auspuff: Wolfmann Krümmeranlage, Spark Endschalldämpfer; Getriebe: 6-Gang; Kupplung: Ducati Trockenkupplung; Sekundärtrieb: Kette; Leistung: 83 PS bei 8500/min; Drehmoment: 82 Nm bei 6500/min; Höchstgeschwindigkeit: über 220 km/h

Fahrwerk: Rahmen: Stahlgitterrohr, modifiziertes Heck; Schwinge: Einarmschwinge, Monster S2R; Gabel: Original ST2; Federbein: Original ST2; Räder: Ducati748, vorne 120/70-17, hinten 180/70-17; Bremsen: Brembo

Zubehör: Tank: RAD02 Aluminium; Sitz: RAD02 Karbon; Instrumente: Aviacompasti, digital, LED; Lenker: Tomaselli Clip on; Verkleidung: RAD02 GFK; Scheinwerfer: Elipsoid Scheinwerfer; Blinker: LED; Rücklicht: Montesa

Metrie: Leergewicht: 169 kg; Radstand: 1430 mm; Tankinhalt: 16l; Batterie: LiPo

Erbauer/Besitzer: Peter Bösel, Marktstr. 11, 85123 Titting, Deutschland

Text und Fotos: Sabine Welte

Autor
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Bericht vom 12.01.2015 | 35'464 Aufrufe

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