BMW S 1000 RR Racebike Tuning Projekt - besser als die M 1000 RR?
Wir präsentieren die M 1000 PS!
Ein irrwitziges Vorhaben? Besser als die M 1000 RR ohne dabei die Kosten explodieren zu lassen? Zumindest haben wir uns damit ein ehrgeiziges Ziel gesteckt, in unserem jüngsten BMW S 1000 RR Tuning Projekt.
Wie vor jedem grossen Umbauprojekt, bedarf es gewissenhafter Recherche nach den richtigen Teilen und Zubehör-Herstellern. Glücklicherweise haben wir hier bereits durch vergangene Umbauten, wie zuletzt die Honda Fireblade RR-R, einiges an Know-How und Gefühl aufgebaut, wer die richtigen Partner sind und wo auf Qualität und Funktion der Teile 100% Verlass ist.
Fahrzeug Basis nur mit dem Notwendigsten aus dem BMW Konfigurator
Bei Bestellung des Basis-Fahrzeugs haben wir bewusst ein minimalistisches Setup im BMW Konfigurator gewählt. Es wurde ganz gezielt die günstigste Variante bestellt - nur die Fahrmodi Pro und die bewährten M-Schmiedefelgen waren auf unserer Aufpreisliste. Das ist auch der Tatsache geschuldet, dass das Fahrzeug bereits in der Basis viel an Ausstattung mitbringt. Die Serien-Elektronik der BMW befindet sich mittlerweile auf einem phantastischen Standard - selbst für die Rennstrecke. Der Quickshifter genügt unseren Ansprüchen an Funktion und Feeling ebenso. Schnickschnack wie das elektronische Fahrwerk stand nicht zur Debatte, weil nach ein paar hundert Kilometern zum Einfahren des Motors auf der Strasse, die Originalteile planmässig durch Komponenten von Öhlins ersetzt werden sollten. Vorne haben wir eine FGRT Komplettgabel angedacht, hinten wird ein TTX GP Federbein eingesetzt.
Unangenehm aber notwendig: teure Teile des Herstellers abbauen
Zu Beginn eines jeden Racebike-Projekts steht immer ein unangenehmer Teil an: Wir lassen bei Martin Bauer in der Werkstatt all die teuren Massnahmen, welche der Hersteller zur Erfüllung der Strassenzulassung und diverser Euro Abgasnormen installiert hat, rückgängig machen. Klingt verrückt, ist aber unabdingbar um das Motorrad für den Rennstrecken-Einsatz so hinzustellen, wie es sein muss. Nämlich möglichst minimalistisch, nackt, ohne unnötigen Ballast. Die aufwendige LED Beleuchtung, Spiegel, Blinker, Auspuff, Kohlefilter, etc. - das alles muss raus.
Wer es wie wir, konsequent für den ernsten Angriff machen möchte, entfernt auch die langen Bremsleitungen samt ABS Modulator. Nur so stellt sich dann auch mit der bestellten Brembo Hardware in Form von feinen vernickelten GP4-RX Sätteln und der PR19x16 CNC Radial Bremspumpe das gewünschte glasklare Feeling beim Verzögern ein.
Akrapovic Racing Line für BMW S 1000 RR, ein Augen- und Ohrenschmaus
Ist das geschehen und die Originalverkleidung abgebaut, werden auch direkt die ersten neuen Teile angeschraubt. So beispielsweise die wunderschöne Akrapovic Komplett-Anlage. Diese ist nicht nur leicht (-5 Kilo), sie sorgt auch für freien Durchzug und einen markanten Zuwachs an Leistung. Damit liegen letztendlich 201 PS am Hinterrad unserer BMW an. Noch faszinierender ist allerdings die Tatsache, dass sich in der ohnehin schon starken Mitte der BMW mit der 4-in-1 Racing Line ein hübscher Leistungszuwachs herauskitzeln lässt. Im Bereich von etwa 8.000 Umdrehungen sind es mehr als stolze 12 PS, die Martin mit entsprechender Abstimmung dem Aggregat entlocken konnte. Auf der Website gibt Akrapovic selbst einen Geräuschpegel von 108.9 dB bei 6.500 U/min für die offene Anlage an. Subjektiv empfunden ist es ein präsenter aber nicht aufdringlicher oder gar kreischender Klang. Dumpf und kernig - einfach ein perfekter 4-Zylinder-Sound wie man ihn auch von einem hochwertigen Rennmotorrad erwartet. Optional haben wir von Akrapovic auch noch einen Einsatz für den Endschalldämpfer beigelegt bekommen, welcher die Lautstärke um 4 dB reduziert - auf mancher Strecke bestimmt hilfreich.
Ergonomie-Setup mit Gilles Tooling Fussrasten und Lenkerstummel
Perfekt justierbar, funktionell top und nicht zuletzt auch optisch ein Leckerbissen sind die Teile von Gilles. Die MUE2 Fussrasten in Kombination mit den GP-Light Lenkerstummeln hat Martin Bauer so eingestellt, dass wir eine tolle, entspannte Sitzposition hinbekommen haben. Das Wort "bequem" erscheint in so einem Racebike Projekt beinahe unangebracht und dennoch - bei der ersten Sitzprobe auf unserer BMW war der Begriff überraschend treffend. Die Fussrasten an sich sind robust konstruiert und bieten tollen Grip. Die Positionierung der Rasten erfolgt durch eine Kombination aus schieb- und drehbarer Einstellung an nur einem Punkt, so kann diese auch später in der Boxengasse noch schnell und einfach angepasst werden. Die Verarbeitungsqualität von Kettenspanner und diverser Kleinteile, die wir ebenfalls von Gilles Tooling eingesetzt haben ist, wie von den Spezialisten aus Luxemburg gewohnt, grossartig. Sie werten nicht nur in Sachen Funktion sondern auch mit der edlen Optik den Auftritt unseres Fahrzeugs gehörig auf.
Racing Verkleidung aus Carbon von Ilmberger
Das erste Highlight im Aufbau des Projekts war zweifelsohne, als das Fahrzeug zum ersten Mal fix fertig mit der feinen Racing Verkleidung von Ilmberger Carbon vor uns stand. Der stolze Moment, wenn man das vollendete Projekt erstmals betrachten kann. Eine perfekte Symbiose aus feinsten Materialien und handwerklichem Können - herrlich. Die Verarbeitung und Passgenauigkeit der Kohlefaser Teile von Ilmberger ist übrigens wie gewohnt auf Top-Niveau. Die Montage und Ausrichtung ging vergleichsweise schnell von der Hand. Mit den entsprechenden Schnellverschlüssen ist später auch die Montage und Demontage in der Boxengasse ein Kinderspiel. Besonders cool ist die Tatsache, dass die M 1000 RR Racing Verkleidung von Ilmberger auch an die S angebaut werden kann. Damit kommen wir nicht nur unserem erklärten Ziel optisch näher, die BMW wirkt dank ausladender Winglets an den Seiten auch deutlich bulliger. Bei all der Wohltat fürs Auge nicht zu vernachlässigen: In Sachen Aerodynamik stimmt so natürlich auch die Performance auf der Rennstrecke - mehr Anpressdruck, weniger Wheelies.
Optische Vollendung mit feinster Lackarbeit von Ivan Klaric
Zur Vollendung des Projekts, lieferten wir die Maschine in das Karosserie Center Klaric. Dort wurde sie von Lackprofi Ivan in liebevoller Detailarbeit zum optischen Meisterwerk. Mehrheitlich mit Lack anstelle von Folie - eine Selbstverständlichkeit für den Geschäftsführer, der auch schon an unserem Fireblade Projekt im Jahr zuvor selbst Hand angelegt hatte. Doch die unfassbar geile Optik bringt auch Nachteile mit sich. Es fährt stets ein tiefer Respekt im Sattel mit, um das edle Schmuckstück vor dem Kiesbett zu bewahren.
In kurzer Zeit vollendet und direkt schnell - erstes Rollout
Denkbar ist der, im wahrsten Sinne des Wortes, "schnelle Erfolg" natürlich auch bei diesem Projekt nur dank unserem Fahrwerks-Guru und Tuning Experten, Martin Bauer. Er hat in vergleichsweise wenig Zeit - gerade mal zwei Testtage im Zuge der 1000PS Trackdays - ein wunderbar fahrbares und ausbalanciertes Setup gezaubert. Das Handling ist phänomenal intuitiv und trotz aller Leichtigkeit herrscht eine gespenstische Ruhe und Präzision im Chassis. Das schafft natürlich schnell eine gewaltige Portion Vertrauen, auch für die weniger geübten Racer in der 1000PS Redaktion.
Fahreindrücke zu unsrem BMW M 1000 PS TuneUp Projekt
Die BMW S 1000 RR besticht als superb ausgestattetes Racing Bike, ähnlich wie schon im Serientrimm, durch ihre Zugänglichkeit. Im Vergleich zu anderen Superbikes, die wir in der Vergangenheit auf der Tuning-Bank von Martin Bauer hatten, weist sie eine weniger radikale Ergonomie auf. Das Sitz-Arrangement kommt damit grossgewachsenen Fahrern und auch korpulenteren Personen besonders entgegen.
Der schon in der Drehzahlmitte sehr kräftige Motor bietet ein unfassbar breit nutzbares Drehzahlband und fordert deutlich weniger Schaltarbeit als bei manch anderen Superbikes. Trotzdem fehlt es ihm keineswegs an Spitzenleistung. Das kommt wiederum Einsteigern zu gute, die im Zweifelsfall einen höheren Gang wählen. An der Serien-Elektronik gibt es auch nichts auszusetzen, sie regelt in den Race Pro Modi sehr sensibel und lässt sich auch für wirklich tiefe Rundenzeiten fein einstellen. Martin Bauer hat damit beispielsweise bei einem Reifentest von Einsteiger Slicks zwischendurch eine Zeit von 1:56 in den pannonischen Asphalt gebrannt. Redakteur Mex als Hobby-Racer im Laufe der Saison eine Zeit von 2:01 am Pannonia-Ring.
Besonders beeindruckend ist an unserer BMW auch die Art und Weise, wie Geschwindigkeit abgebaut werden kann. Und das nicht nur wegen der feinen Brembo Hardware - beim harten Ankern merkt man das gelungene Chassis-Setup und die hohe Güte der Öhlins Gabel. Das Bike bleibt unbeirrt in der Spur und trifft beim Einlenken auf der Bremse den Scheitelpunkt sehr exakt. Die Öhlins FGRT 232 liefert in Schräglage ein schön detailliertes Feedback an den Lenker und beschleunigt den Aufbau von Vertrauen zur Frontpartie der S 1000 RR ungemein.
Ohne übertriebene Härte im Setup von Martin Bauer liefert auch das TTX GP Federbein stets ein klares Feedback. Die traktionsorientierte Auslegung unserer M 1000 PS sorgt - auch dank famoser Haftung der Pirelli Diablo Superbike Slicks in Mischung SC1, welche wir diese Saison zumeist an der BMW im Einsatz hatten - für katapultartige Beschleunigung am Kurvenausgang. Im Attacke-Modus bei der Jagd nach wirklich tiefen Rundenzeiten entstehen ab und an, je nach Strecke und Asphaltbeschaffenheit, leichte Pumpbewegungen im Heck, diese arten aber niemals aus. Je mehr Zeit man im Sattel verbringt, desto eher gewöhnt man sich an den Umgang damit. Der Beweis für ein perfekt funktionierendes Gesamtpaket offenbart sich dann überraschend oft beim Blick auf die Zeitentabelle.
Fazit zu unserem BMW S 1000 RR Racebike Projekt
Die M 1000 PS zauberte jedem der sie diese Saison probiert hat ein Lächeln ins Gesicht. Selten gingen den Testern schnelle Rundenzeiten so einfach von der Hand. Die hohe Stabilität bei gleichzeitig zugänglichem Handling sucht ihresgleichen. Zudem ist die Geometrie alles andere als Radikal, so dass sich schnell ein Wohlgefühl im Sattel einstellt. Die druckvolle Leistung aus der Mitte des Drehzahlbandes trägt ebenfalls zur unkomplizierten Handhabung unseres BMW Racebikes bei. Nur die Vibrationen, die der Motor der K67 an die Lenkerstummel weitergibt sind wir nicht ganz losgeworden, sie bedürfen etwas Gewöhnung. Dennoch sind wir mächtig stolz. Die BMW wurden ein unfassbar schönes und schnelles Gesamtpaket. Sie wird uns auch die nächste Saison noch viel Freude auf den 1000PS Trackdays bereiten.
Bericht vom 12.01.2023 | 8’778 Aufrufe