Bilder: Harley-Davidson Road Glide Special vs. Honda Gold Wing Tour DCT 2020
Es sind schon ganz spezielle Leute, die sich solche Eisenschweine (und das meine ich gar nicht böse oder negativ!) in die Garage stellen. Denn knapp 400 Kilo fahrfertig erfordern vor allem beim Rangieren schon eine gute Technik und ausreichend Beinmuskulatur. Rollen diese Dickschiffe aber erst einmal, dann gleiten, fahren und bremsen sie erstaunlich gut! Die Herangehensweise der beiden Schlachtschiffe in Sachen Langstrecke könnte dennoch unterschiedlicher nicht sein welche ist denn nun der bessere Tourer?
Wer sich auf fast 400 Kilo einlässt, was Honda Gold WIng Tour DCT und Harley-Davidson Road Glide Special nun mal wiegen, muss schon ziemlich gefestigt sein sowohl beim Charakter als auch bei der Beinmuskulatur.
Denn nur zu oft stößt man auf Unverständnis, warum man sich eine solche Schrankwand antut, wo doch gerade das Motorradfahren eine dynamische und sportliche Sache sein soll, die mit solchen schweren Eisen nicht funktioniert was natürlich keineswegs stimmt.
Die Honda besitzt in ihrem ultramodernen 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe samt herrlich präziser Automatik-Funktion auch einen Kriechgang, der die dicke Gold Wing im Schneckentempo sowohl vorwärts als auch rückwärts voran treibt
Die Harley besitzt indes zwar bereits sechs Gänge, diese wollen aber nach traditioneller Manier mit einem lauten Klonk eingelegt werden, einen Rückwärtsgang sucht man vergeblich.
Auf der einen Seite also die Honda Gold Wing Tour DCT als mörderisch mit allen Finessen aufgerüsteter Technologieträger, auf der anderen Seite die Harley, die der guten alten Zeiten wegen absichtlich mehr rüttelt, klopft und scheppert.
Man darf in diesem Zusammenhang aber nicht vergessen, dass Harley-Davidson tatsächlich ganz bewusst mit dieser Tradition spielt, denn mal ganz ehrlich: Ist es nicht einfach herrlich, die stampfende Power eines V2-Zylinders unter sich zu spüren, wie er unsagbar viel Schmalz aus zwei je über 900 Kubik großen Töpfen schöpft?
In Zahlen sind es aus 1868 Kubik Hubraum 89 PS bei knapp 5000 Touren, was bei den erwähnten 387 Kilo Gewicht nicht allzu berauschend ist.
Allerdings bekommt man auch 163 Newtonmeter Drehmoment bei nur 3000 Undrehungen serviert und genau das macht eine Harley aus.
Da könnte man nun glatt glauben, der seidige Boxer-Sechszylinder der Honda Gold Wing Tour DCT hätte so gar nichts gegen den fetten Ami-Block auszurichten.
Statt über 900 Kubik pro Häfen schnurren bei ihr sechs Becherlein mit je nur etwas mehr als 300 Kubik. Doch auch, oder besser gerade dieses Triebwerk mit insgesamt 1833 Kubik Hubraum hat Charakter und Charme, zwar anders als die Harley, aber auf ganz spezielle Weise.
Bereits 126,5 PS bei 5500 Touren sind fast 40 PS mehr bei zugegeben vernachlässigbaren, aber doch vorhandenen 4 Kilo weniger Gewicht.
Vor allem aber das Drehmoment fährt noch ärger als jenes der Harley 170 Newtonmeter bei 4500 Umdrehungen muss man einfach erlebt haben, um sich davon ein Bild zu machen, wie unfassbar souverän eine Gold Wing anschiebt und Fahrt aufnimmt.
Wer es souverän, distinguiert mit einem riesigen Haufen Hightech-Gimmicks mag, wird mit der Gold Wing Tour DCT so richtig glücklich.
Aber nicht jeder mag es so berechenbar mit einer weißen Weste, so mancher sieht in einem Motorrad, speziell in einer Harley ein bisschen den Bad Boy, der dir beim Gasaufreißen den Stiefel in den Allerwertesten tritt eine Road Glide Special zum Beispiel!
Aber bitte keine Sorge, auch die Harley ist bestens kontrollierbar, der Motor benimmt sich mit all seinen absichtlichen Good Vibrations sehr gutmütig
Vor allem zu wenig Schräglagenfreiheit kann man auf einem Harley-Modell der Touring-Reihe nur schwer bekritteln, da darf man auch bei flotter Fahrweise erstaunlich weit umlegen, ohne lästiges Kratzen hinnehmen zu müssen.
Das mag natürlich zusätzlich auch am großen 19 Zoll-Vorderrad der Road Glide Special liegen, das die ganze Maschine klarerweise noch etwas mehr vom Boden hebt, allerdings will dieses größere Rad dann auch etwas unwilliger einlenken als ein kleineres Rad wenn auch die Harley dadurch in Fahrt keineswegs unhandlich wird.
Und so viel kleiner ist das 18 Zoll-Vorderrad der Honda Gold Wing Tour DCT ja auch nicht, aber insgesamt spürt man gerade beim Fahrwerk das Streben der Honda-Techniker nach Perfektion.
Die entkoppelte Vorderradaufhängung ist einfach ultrapräzise und filtert alle Unebenheiten heraus.
Hat man erst einmal Vertrauen gefasst, diese dicke Berta auch durch enge Kurven flott zu scheuchen, wird man merken, dass es sportlicher geht, als man vermutet hätte.
Besonders beeindruckend ist dabei die Bremsanlage mit zwei 320er-Scheiben samt Sechskolbenzangen an der Front sowie einer 316er-Scheibe hinten in gekoppelter Combined Braking-Version: Einfach faszinierend, wie einfach, präzise und zugleich mit enormer Vehemenz die Fuhre gebremst werden kann.
Doch auch die Harley-Davidson Road Glide Special kann beim Bremsen-Kapitel überzeugen. Vielleicht nicht ganz so souverän wie die Honda, mit ihren beiden Scheiben an der Front aber ebenfalls sehr präzise und vor allem standfest.
Wenn zwei das gleich tun, ist es noch lange nicht dasselbe ein ausgelutschter Spruch, aber durchaus für diese beiden Eisenschweine passend.
Sowohl die Harley-Davidson Road Glide Special als auch die Honda Gold Wing Tour DCT wollen mit viel Komfort und Langstreckentauglichkeit auf der weiten Reise überzeugen.
Der Weg dorthin ist allerdings doch äußerst unterschiedlich: Möchte man noch annehmen, dass nahezu gleiches Gewicht und Hubraum doch für ganz ähnliches Fahrverhalten sorgen müssten, wird man schnell eines Besseren belehrt.
Die Honda präsentiert sich mit ihrem kräftigen und vor allem durchzugsstarken Boxer-Sechszylinder gepaart mit dem Hightech-DCT-Getriebe mehr als souverän...
...während die Harley ihr fast gleich hohes Drehmoment statt aus sechs, aus nur zwei Töpfen generiert da darf es ja wohl ein bisserl mehr stampfen!
Galerie von: 1000PS Internet GmbH
hochgeladen am 19.05.2020