Bilder: KTM RC390 Cup Almeria 2018
Beim Nolan Presse Event in Almeria stand diesmal auch ein Langstreckenrennen am Programm, ausgetragen mit Rennmaschinen aus dem KTM RC390 Cup. Abgesehen vom einzigartigen Modus Operandi des Rennens war das Fahren mit den nur 38 PS starken Motorrädern auf einer "grossen" Rennstrecke eine interessante Erfahrung. Neben einer sauberen Linie, schwungvoll gezogenen Radien und dem richtigen Umgang mit Bremse und Getriebe - gebraucht wurden praktisch nur die Gänge 4 bis 6 - entschied auch das Fahrergewicht über Sieg oder Niederlage.
Während bei einer Tausender ständige Zurückhaltung geboten ist, um vom Leistungstornado nicht aus dem Sitz geblasen zu werden - wozu besonders bei Hobbyfahrern die Elektronik einen wesentlichen Teil beiträgt - ist es bei einem 38 PS starken Einzylinder genau anders rum. Hier hat man einfach nie Leistung, Beschleunigung findet fast unbemerkt statt.
Beim Einlenken, Korrigieren, Aufstellen oder Umlegen plagt man sich nicht, sondern muss aufpassen, exakt und gefühlvoll zu arbeiten. Denn mit 138 kg vollgetankt ist die RC390 einem Fahrrad bald näher als einem Motorrad. Nichts an diesem Leichtgewicht könnte furchteinflössend oder einschüchternd wirken. Trotzdem verlangt einem der richtige Umgang damit einiges ab.
Einerseits verlangt ein Motorrad, dem es an Leistung wie Gewicht fehlt, nach Beherrschung in der Direktion. Jeder Impuls wird leichter, schneller und wirkungsvoller umgesetzt als auf einem "richtigen" Motorrad, weshalb man seine Bewegungsabläufe bewusster kontrollieren sollte. Andererseits muss man, um eine Chance zu haben, einfach laufen lassen und jedes Quantum Schwung mitnehmen.
An Kurveneingängen, die nicht auf lange Geraden folgen, muss ein schneller, genauer Einstieg gewählt und die Linie möglichst sauber durchgezogen werden. Jede noch so kleine Korrektur kostet Zeit, und zwar nicht nur im Moment, sondern noch lange danach. Bis man mit 38 PS einen Fehler wieder ausgebügelt hat, vergeht viel Zeit und Asphalt.
Eine unsaubere Linie und übermäßigen Bremseinsatz mit niedrigeren Gängen aus den Ecken und einer folglich höheren Schaltfrequenz auszugleichen versuchen ist der falsche Weg. Man erlangt dadurch keinen Vorteil, weil man mit dieser Motorisierung keinen Leistungsvorteil herausholen kann, egal, wie hart man im Getriebe rührt und am Kabel zieht.
Durch die stärkere Motorbremswirkung und den zusätzlichen Schaltvorgang verliert man mehr, als man gewinnen kann, weshalb ich den Rat von Profi Max Neukirchner befolgt, nur die Gänge 4 bis 6 zu verwenden, was sich als entscheidender Hinweis herausstellen sollte. Mein Vorteil lag ohnehin woanders, nämlich am Gewicht, am Gewicht des Fahrers.
Speziell auf der langen Geraden vor der Start-Ziel konnte ich jene Meter wieder gut machen, die ich im Winkelwerk verloren hatte. Die Herren Kuck und Friedmann, auf dem Bild links zu sehen, bringen je 20 bis 30 kg mehr auf die Waage als ich und bezahlten dieses Mehrgewicht mit geringerem Topspeed. So holte ich Rückstände von gut 40 m ohne Anstrengung wieder auf.
Doch es blieb nicht nur dabei, muss ich zu meiner Ehrenverteidigung sagen. Denn irgendwann dachte ich: Wenn ich auf der Geraden schneller bin als die anderen, dann bin ich es ja an jeder Stelle der Strecke. Und so konnte ich uneinholbar davonziehen. Zu meinem Ärgernis war ein anderer Kollege aber noch schneller, obwohl er schwerer war. Wie kann das sein? Weil er die sauberste und ruhigste Linie überhaupt fuhr, das war sogar optisch zu erkennen, dass er alles richtig machte. Was wiederum die These bestätigt, dass auf so einem Motorrad weniger mehr bedeutet.
Warum ein nervöser Schaltfuß auch sonst nicht zu empfehlen ist, sehen Sie hier. Hab' ich schon erwähnt, dass wir mit umgekehrtem Schaltschema fahren mussten? Zugleich offenbart sich ein weiterer Vorteil von schwachen Rennmotorrädern: Das Stürzen tut nicht so weh, die Schäden halten sich in Grenzen und die Kosten sind gering.
Galerie von: 1000PS Internet GmbH
hochgeladen am 12.01.2018