Wechseljahr Trophy in Sardinien

Drei Herren Tour durch Sardinien

Nach zweijähriger Abstinenz vom Tourenfahren aufgrund der Aufzucht des Nachwuchses, finanzieller und beruflicher Burn und Porno outs, beschlossen der kreischende Imker, Mausi und die gehässige Schwiegermutter eine 3 Herren Tour in das Mekka des Kurvenräuberns nach Sardinien zu unternehmen.

Nachdem Sardinien sozusagen der Bentley des Tourenfahrens ist, gibt es eine Flut grösstenteils langatmiger und selbstbeweihräuchernder Reiseberichte übers Knieschleifen auf den Küstenstrassen und Küheerschrecken in den entlegenen Bergbauerndörfer. Deshalb konzentrieren sich Mothers Reiseerfahrungen auf die genutzten Untersätze der Reiseteilnehmer, die verschiedener nicht sein könnten und drei Generationen vertreten.

Mothers Kawasaki ZRX 1200 R

Erworben als bewerteter Scheunenfund und Totalschaden aus einer Verlassenschaft und liebevoll wieder aufgepimpt, Bike Big der Sonderklasse mit Lawson Replica Lackierung, Bj. 2007 und damit die letzter ihrer Bauart, in 20 Jahren schlagen sich die Leit dafür die Schädel ein, da solche Bikes aufgrund der jährlichen Schadstoffkastrationen nicht mehr gebaut werden.

Imkers Ducati Monster

zwei Dinge zeichnen den Imker aus, kein Untersatz ohne stechendes Air Brush Lackierung und Sparmeister der Sonderklasse beim Ankauf, um dann ums gleiche Geld nicht sichtbare leistungssteigernde Komponenten einzubauen, um andere Verkehrsteilnehmer in Notstand zu bringen.

Mausis BMW 1000RR in Vollausstattung

in jeder Hinsicht um 3 Klassen überlegen und dank ihrer 2 IXIL Ofenrohre dermassen laut blechern, dass jedes Rindviech auf den Strassen laufend das Weite suchte.

Die Anreise erfolgte mit einem 340.000 km Lancia und einem 3 er Anhänger, der so eng war, dass sich zur allgemeinen Freude die Bikes 24 Stunden ein Motordeckelpetting gaben und Mausi bei Ankunft in Olbia weinend mit dem Lackstift nacharbeiten musste. Der Gedanke mit Mausi und dem Imker in einer 7M² Kabine ohne Fenster einen Männer stärkenden Einzelschlaf zu führen, liess mich ein überteuertes Fly Niki buchen, sodass die Tour mit Überfuhr meiner Furie schon vor dem ersten Anstarten einem wirtschaftlichen Totalschaden glich.

Wie es für launische alte Männer gehört bezogen wir in San Teodoro ein zentrales Basiscamp um unsere Schminktascherl zu deponieren. Das Terra Di Mare Resort&Spa, Via Naviglio, 08020 San Teodoro, Italien, http://www.hotelterradimare.it/ , ist eine unfassbare Kaufempfehlung, wo eine Jungschar an Rezeptionistinnen fast jeden, leider nur jugendfreien Wunsch von den Augen ablesen.

Erste Tour

Das Hotel befindet sich genialerweise 3 km von der Autostrada, um schnell in alle Windesrichtungen blasen zu können. An sich war vereinbart, dass sich Mausi erstmalig um die gesamte Routenführung mit seinem neuersten BMW Navi Weihnachtsgeschenk kümmert.

Die dreiwöchige Einspeicherei aller Touren zuhause entpuppte sich bei 35 Grad als Rohrkrepierer, da alle 20km das nächste Bergbauerndorf einzuspeichern war. Nachdem Mausi während der Fahrt wie DJ Bobo auch sämtliche Elektronikspielereien wie ipod und Ipad bediente waren wir aufgrund stossartiger unangekündigter Vollbremsungen in dauernder Lebensgefahr.

Auch die zweite Variante, dass der Imker erstmalig durch Kartenstudium eine Toura Grande zusammenstellt, erwies nach der Umrundung des fünften Kreisverkehrs als ergebnislos, sodass ich wiederum als Schlachtross den Zug anführte unter den dauernden unambitionierten Überhol und Bremsmanövern von Mausi.

Mein Wunsch, mich mit meinem nostalgischen Zweirad mal ein bisserl einzufahren, führte uns aufgrund eines Falschabzweigers in die Gegend von Bitti und Lula, kleinste Bergbauerndörfer umrandet von bizarrster Landschaftsformation, wo man 1 Stunden auf kurvigsten aber auch engsten Geschlängle am Ohr liegt.

Gefährlich sind mitunter die wahllos auf der Strasse liegenden Gesteinsbrocken, die zwar beim Überfahren zur Freude des hinteren Teilnehmers unter der Last des Bike Bikes regelrecht zerplatzen, aber einen relativ einfach vom Bike holen wenn man sie nicht mittig nimmt, auch die teilweise sandige Unterlage liess ohne ABS und sonstigen Helferlein die ohnehin schon kochende Kombi in Hochofen artige Temperaturen steigen. Mausi spielte hier seine Technikvorteile vollends aus, ohne jedoch nur annähernd ein teilweises Fahren auf Sicht in Kurven in Betracht zu ziehen.

Einen kühlenden Abschluss bildete der karibische und puderweisse Strand La Cinta in San Teodoro.

Zweite Tour

Diese führte uns von San Teodoro über die berühmte SS 125 nach Arbatax, 150km Kurvenumlegerei auf einem Asphalt wie am Slovakiaring, wo ich erstmals mein fahrerisches Übergewicht gegenüber den beiden anderen Herren ausspielen konnte, die ZRX 1200R präsentierte sich auf den langgezogenen Kurven mit dem voll einstellbaren Fahrwerk wie ein TGV bis 150, darüber wie eine 50kg zu schwere Bauchtänzerin, was aber der Begeisterung über die wuchtigen Ausblicke aufs kristallklare Meer keinen Abbruch tat. Unbedingter Stopp ist in Santa Maria Navaresse angesagt, ein kleiner Küstenort mit smaragdgrüner Bucht und mystischer Wehrtürmen. Über Tortoli, und Lanusei gelangten wir nach Gairo Sant Elena, ein absolutes Muss für Freude der Wandmalereien, wo Mausi als selbst deklarierter Kunstkenner bei mittlerweile 36 Grad zur Begeisterung des Imkers eine halbe Stunde inflationäre Wegwerffotos machte.

Dritte Tour

Nach Querung Sardiniens via E840 nach Sassari und dann Alghero standen die wohl berühmtesten 60km Küstenstrasse nach Bosa an, teilweise 300 m über dem Meer stehen bis auf ein paar teilnahmslose Kühe auf der Strasse vollem Andrücken unter Ausschluss der Öffentlichkeit (wohlgemerkt Ende Mai/Anfang Juni) nichts entgegen, wie man einen so irrsinnigen Gripp auf einer für den Verkehr zugelassenen Strasse zusammenbringt, bleibt ein wohl gehütetes Geheimnis der Sarden, auf jeden Fall gehören die Reifenhändler in Sardinien wohl zu den Reichsten der Reichen, Biker die ohne nigelnagelneue Reifen nach Sardinien kommen, sehen sich (wie Mausi nach 1200km) spätestens nach ein paar Tagen neue Pfneus ausfassen. Im Übrigen streikte auf der BMW vom Mausi Schaltautomat und Tempomat, was mich mit noch grösserer Freude auf meinen komplett unkaputtbaren Retroblock ohne Elektronik blicken liess. In Alghero ist das Capo Caccia mit der Grotta Neptuno (600m Schlucht ins Nichts) ein grandioses Highlight. Bosa präsentiert sich mit seiner wunderschönen Altstadt in gefühlten 1000 Pastellfarben. Bosa bietet sich zudem als genialer Badestopp an, wo man mit dem Bike bis ins Meer vorfahren kann. Die Heimfahrt führte wiederum ins Hinterland über die SS292 nach Padria, wo ich mir im herrlichen See von Lago del Termo die mittlerweile versteinerte Salzkruste vom Leib kratzte. Die Rückfahrt nach Alghero ist eine Durchfahrt durch orangefarbene Terrassenlandschaft mit neuem Asphalt samt 100 x 3km Geraden inklusive 180 Grad Kehren.

Vierte Tour

Die Costa Smeralda darf natürlich bei einem ersten Antrittsbesuch in Sardinien nicht fehlen, beginnend von einer Besichtigung der 7 Sterne Hotels bei Porto Cervo (Cala di Volpe), wo die Hotels bis ins Wasser gebaut sind, damit besachwalterte Promis und Fussballer auch den Weg ins Meer finden. In Porto Rotondo finden sich zwischen Pelzmäntelläden, kristallklare Buchten, wo in den elitären Beach Clubs das Glaserl Rose so viel kostet wie meine dickbäuchige ZRX am Gebrauchtmarkt. Wirklich sehenswert ist ganz im Norden Capo Testa, wo man mit dem Bike zwischen komplett abgelutschten Granitsteinen von Megastrand zu Megastrand surfen kann und damit die Seychellen getrost aussparen kann. Von Capo Testa runter Richtung Castelsardo findet sich für Freunde des Dragster Fahrens eine 50km lange Gerade wo mit einem 200ps Gefährt vorbei ein roten Felsen (Isola Rossa) auch durchgehende Volllast kein Problem wären. Im Übrigen scheren sich die Carabinieri null um Verkehrsübertretungen, ausser wenn man ab 20 Uhr in Schlangenlinie die Fussgängerzonen benutzt (auch Videoüberwachung).

Ein Muss ist auch der Rocca dell` Elefante fürs Fotoshooting wo man sich einen riessigen Gesteinsrüssel ans Ohr hängen kann. Apropos abhängen: Mausi und der kreischende Imker hatten sich vor der 4. Tour dem Ducati Club Wien angeschlossen, was zur Folge hatte, dass sie den Rest der Woche sowohl Tag als auch Nacht die SS125 Küstenstrasse zwecks Exekutionen befuhren. Aufgrund des wahnwitzigen Tempos der Truppe mit dem animo einer Eintagsfliege sparte ich als umsorgenden Familienvater eine Begleitung aus, sodass noch Zeit dafür blieb, der Sardinien Rallye 2015 einen Besuch abzustatten. Wo man einige Tage zuvor geblasen ist als gebe es kein Morgen mehr, driften die PS- Monster über künstlich gebaute Sprungschanzen, dass einem vom Zuschauen übel wird.

Auf jeden Fall besteht in Sardinien absolute Sucht und Wiederholungsgefahr. Wer ein bisserl das Hirn einschaltet, bekommt die beste Bike-Straund Kombination weltweit ever, nächstes Jahr ist der Süden dran, sollte ich es schaffen, Mausi und den Imker davon zu überzeugen, nicht die ganze Woche ein und dieselbe Strasse auf und ab zu brennen, wieder in gleicher Besetzung.

Autor

Bericht vom 30.07.2015 | 9'532 Aufrufe

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