Motorrad Reise Wörthersee - Rund ums blaue Juwel Kärntens

Auf zwei Rädern ums blaue Juwel Kärntens

Wenn man vorhat, einen Reisebericht zu schreiben, gibt es dann ein besseres Ziel als den Wörthersee? Sicher nicht, aus offensichtlichen Gründen. Und auch zum Motorradfahren eignet sich die Gegend rund um den See hervorragend, denn sie ist schön, bergig und voller interessanter Sehenswürdigkeiten.

Autor: Edmund Ellwanger, Frankfurt a. Main

Oktober ist vielleicht schon ein bisschen spät, doch die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel, als meine Frau und ich in Mieming aus dem Auto steigen. Auto? Mieming? Sollte hier nicht eine Motorradtour zum Wörthersee in Worte gekleidet werden?

Keine Angst, wir fahren zum Wörthersee, per Motorrad, aber nicht mit unseren eigenen Maschinen, da diese nicht nur zusammen 52 Jahre auf den Buckeln haben, sondern auch verkleidungs- und heizgrifflos sind und sich aus noch anderen Gründen nicht (mehr) zum Reisen eignen. Ausserdem wollen wir auf dem Heimweg noch ein paar Kisten Sturm aus Österreich importieren, bei uns als Federweisser bekannt.

Wörthersee
Der himmlische Wörthersee

Edelweiss Bike - einer der grössten Motorradverleiher und Tourenveranstalter der Welt

In Mieming sitzt Edelweiss Bike Travel und dort leihen wir uns zwei schöne, gut gepflegte und geeignete Maschinen aus. Eine V-Strom 650 für meine Frau und eine 1200er GS Adventure für mich. Genau die richtigen Geräte für eine Tour ins wilde, unwegsame Kärnten. Garagenchef Markus, ein alter, äh, altgedienter Edelweiss-Veteran, übergibt uns die Bikes, was nur ein paar Minuten dauert. Nach weiteren zwei Stunden verpacken, beladen und umziehen sind wir schliesslich bereit zur Abfahrt. Markus gibt uns noch einen Übernachtungstipp mit auf den Weg, denn bis zum Wörthersee werden wir es heute nicht mehr schaffen. Selbst ins Lesachtal brauchen wir bis nach Sonnenuntergang! Im hoch über dem Tal gelegenen Guggenberger Hof werden wir sehr herzlich empfangen, die grandiose Aussicht gibt es aber erst am nächsten Morgen.

Das Basislager

Für unsere Wörthersee-Woche haben wir uns ein Mini-Appartement am Nordufer gemietet, von dort aus soll es auf Tagestouren in die Umgebung gehen, auch nach Slowenien und Italien hinüber, unbelastet von Gepäck. Zwischendurch wollen wir auch etwas wandern und so machen wir uns nach der Ankunft gleich auf, die Umgebung zu entdecken. Und werden belohnt von einem herrlichen Blick über den See und etwas später von einem grandiosen Sonnenuntergang.

Nordslowenien mit dem Motorrad - Das Beste vorneweg

Am nächsten Morgen hüllt sich der See in dichten, grauen Nebel, es ist empfindlich kalt. Wir zweifeln an der Qualität unserer Idee, in der Neben-Nebensaison noch hierher zu fahren, doch die Zweifel verfliegen schnell. Wenige Kilometer vom See entfernt ist der Himmel blau, die Sonne scheint. Da das Leben (und das Wetter) unsicher ist, beginnen wir gleich mit dem Dessert, beziehungsweise mit der Runde, die am spektakulärsten zu sein verspricht. Slowenien, Bleder See, Vršič-Pass, Triglav, Mangart Musik in den Ohren eines jeden Motorradfahrers. In Bled sind noch einige Touristen unterwegs und wir mischen uns unauffällig darunter, schlendern Richtung Burg und lassen uns in einer Pletna, einem traditionellen offenen Holzboot, zur Insel im Bleder See hinüberrudern. Man möchte gar nicht wissen, was hier im Sommer los ist, aber jetzt ist der Ausflug sehr entspannend.

Der 1.611 Meter hoch Vršič ist der höchste und der bekannteste Pass Sloweniens, wohl dank seiner Kehren auf der Nordseite, die noch immer mit Kopfsteinpflaster ausgelegt sind. 1915-16 wurde die Strasse von russischen Kriegsgefangenen gebaut, als Nachschubtrasse für die Kriegsmaschinerie der Mittelmächte an der Isonzofront. Daran erinnert heute noch eine kleine russische Kapelle, ansonsten liegt der Pass friedlich vor uns, kaum jemand ist unterwegs. Im Süden mündet der Pass in das urwüchsige und wildromantische Tal der Soča, dem wir ein Stück folgen.

Vrsic Pass Slowenien
Die Aussicht vom Vrsic Pass in Slowenien

Die Mautstrasse zur Mangartscharte gehört zu den spektakulärsten Sackgassen der Alpen. Bei unserem Besuch ist das Mauthäuschen schon verschlossen, die Saison vorbei. Steil und eng führt das Strässchen hinauf, durch einige Kehren und mehrere Tunnels. Etwa zwei Kilometer unterhalb des Gipfels steht ein Durchfahrt verboten-Schild und wir zögern kurz, doch ein entgegenkommender Motorradfahrer macht uns Mut. Die Strasse ist frei, sagt er, es liegen nur ein paar Schnee- und Felsbrocken herum. Alles kein Problem. Wahrscheinlich heisst das Schild nichts anderes als Haftungsausschluss, so wie in Italien. Muss so sein. Wir fahren rauf. Und werden belohnt mit einem atemberaubenden Panorama. All das Land vor uns gehört zu Österreich, die Staatsgrenze befindet sich direkt unter uns, am Fusse der senkrechten Steilwand, auf deren Kante wir stehen. Ein anderes motorradfahrendes Pärchen gesellt sich uns, wir fotografieren uns gegenseitig und beglückwünschen uns zu diesem fantastischen Erlebnis, diesem wundervollen Tag. Auch wenn wir spät dran sind und die Rückfahrt nach Pörtschach eher frostig sein wird.

Kultur gehört auch zur Motorradreise

Auch am zweiten Morgen liegt der Wörthersee im Nebel und wir beginnen zu ahnen, dass nicht die Region oder die Reisezeit falsch gewählt war, sondern nur das Domizil. Denn es ist ausschliesslich der See, der vom Nebel heimgesucht wird, überall sonst strahlt die Sonne von früh bis spät. Etwas Kultur soll heute auf dem Programm stehen, deshalb wollen wir nach Norden, wo eine Wallfahrtskirche, eine spektakuläre Burg und ein Dom darauf warten, besichtigt zu werden. Doch die Abfahrt verzögert sich, im Cockpit der BMW erscheint ein Fehlercode. Der Motor springt zwar an und klingt ganz normal, doch vorsichtshalber kontaktiere ich Markus, den Edelweiss-Veteranen, und hole mir Rat. Er gibt mir die Adresse des Klagenfurter BMW-Händlers und ruft dort an, um unser Kommen anzukündigen. Eine halbe Stunde später, nach nur drei Minuten in der Werkstatt, ist die Sache erledigt, es war nur ein loser Stecker.

Jetzt aber los, die Kultur wartet. Der Herzogstuhl ist ein ca. 1.200 Jahre alter Steinthron, auf dem zwei Personen sitzen können, Rücken an Rücken. Das ist ziemlich einzigartig, aber selber draufsetzen kann man sich leider nicht. Im benachbarten Maria Saal steht eine beeindruckende Kirche, wuchtig, mit zwei Türmen und umfassenden Befestigungsanlagen. Die waren wichtig damals, im 15. Jahrhundert, um sich vor den einfallenden Türken zu schützen.

Burgen, Dome und Berge - Österreichreise am Motorrad

Wir fahren weiter und erklimmen den Magdalensberg, der seine Umgebung um über 500 Meter überragt. Oben gibt es natürlich eine Kirche (zum Wallfahrten) und ein Gasthaus (für die Stärkung danach), von dessen Terrasse sich ein Panorama öffnet, das jeder Beschreibung spottet. Weit schweift der Blick nach Süden, wo die Gipfel der Julischen Alpen den Horizont bilden. Es ist so schön, dass uns fast die Tränen kommen! Schnell etwas Ablenkung…. ah ja, Mostsuppe und Kärntner Kasnudln zeigen schnell Wirkung. Bei der Abfahrt vom Berg haben wir das gewaltige Panorama nochmal vor Augen und ich lehne mich sicher nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass es wohl kaum irgendwo noch schöner ist als hier.

Magdalensberg Kärnten
Der Magdalensberg in Kärnten

Etwas weiter nördlich liegt die Burg Hochosterwitz, die einen hohen, steil aufragenden Felssporn krönt. Natürlich wollen wir hinauf, und zwar nicht mit dem gläsernen Touristenaufzug, sondern ganz traditionell zu Fuss, auf dem alten Fahrweg, der sich stets am Hang entlang hinaufwindet und dabei von 14 mächtigen Toren abgesichert wird. Eine Bilderbuchburg, völlig uneinnehmbar und natürlich mit Burgschenke im Innenhof. Ersteres war früher wichtig, letzteres ist heute unverzichtbar, wenn man seine Burg durch Eintrittsgelder finanzieren muss.

Wir spazieren wieder hinunter und machen uns auf den Weg zum letzten Kulturhöhepunkt des Tages, dem Dom zu Gurk. Dieser beeindruckt schon von Weitem, denn im wenig bebauten Gurktal fallen die beiden 60 Meter hohen Türme natürlich auf. Die über 800 Jahre alte Kirche steht wie ein Fels in der Brandung der Zeit und strahlt Würde und Frieden aus. Auch einen Laden gibt es dort, nur leider hat er das beliebteste Souvenir aus dem Gurktal nicht im Angebot und wir müssen in den nächsten Tante-Emma-Laden, um ein Fläschchen des berühmten Gurktaler Alpenkräuterlikörs zu erstehen. Danach geht es zurück zum Wörthersee, auf kurvigen Strassen ohne jeglichen Verkehr.

Nockalmstrasse & Maltatal - Motorradreise Kärnten

Am nächsten Tag gibts noch mehr Kurven, die Nockalmstrasse steht auf dem Programm. Auf dem Weg dorthin besuchen wir die hübsche kleine Stadt Gmünd, wo nicht nur ein hochinteressantes Porschemuseum auf Besucher wartet, sondern auch eine Burg, die von einer Schwäbin bewirtschaftet wird. Folgerichtig heisst sie Spätzleburg und der Name ist Programm, denn es gibt Spätzle in zig Variationen. Zur Einkehr ist es für uns noch etwas früh, deshalb machen wir noch einen Abstecher ins Maltatal. Hinein führt eine schmale Mautstrasse, die an der Kölbreinsperre endet, mit 200 Metern Höhe die höchste Staumauer Österreichs. Dahinter liegt ein tiefblauer See, eingerahmt von Bergen, auf denen bereits der erste Schnee liegt. Was für ein Bild! Die Aussichtsplattform in der Mitte der Staumauer ist ausschliesslich für Schwindelfreie geeignet!

Maltatal mit Stausee
Der Stausee im Maltatal

Nach dem Spätzle-Lunch ist schliesslich die Nockalmstrasse dran. Auch sie kostet Maut, und das nicht zu knapp, doch man bekommt wirklich einiges geboten, denn die Strecke ist hervorragend ausgebaut, sehr kurvig und überaus aussichtsreich. Die 52 Kehren, die hier Reidn heissen, sind nicht nur durchnummeriert, sondern jeweils einer einheimischen Pflanzenart gewidmet. Man kann beim Fahren also nebenbei noch seine botanischen Kenntnisse auffrischen, sehr schön! An der höchsten Stelle der Strasse, der Eisentalhütte, bleiben wir stehen und führen uns ein Heissgetränk zu, denn es ist kalt. Ja, Oktober, schön, aber kalt. Aber nicht nur deshalb zieht es uns jetzt zurück zur Homebase, noch etwas anderes lässt uns Gas geben, wir haben noch was vor.

Nur läppische 120 Kilometer entfernt, in Bärnbach, spielt heute Abend nämlich eine unserer Lieblingsbands und wir haben Karten für das Konzert. Also schnell zurück zu unserem Gasthof, etwas essen, wärmer anziehen und flugs wieder aufgestiegen, diesmal zu zweit auf die Adventure. Diese motorradgewordene Trutzburg wird uns sicher nach Bärnbach und zurück transportieren, auch bei Dunkelheit und Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt. Muss ich erwähnen, dass wir die einzigen Gäste sind, die per Motorrad angereist kommen? Auf der Rückfahrt ist die Autobahn wegen Bauarbeiten gesperrt und wir brauchen über zwei Stunden, um unser warmes Bett zu erreichen. Meine Frau kann nicht so lang warten und schläft bereits auf dem Soziussitz ein…

Der letzte Tag - Bittersüss

Auch unser letzter Tag am Wörthersee verzaubert mit Sonne und blauem Himmel. Wir fahren nochmal Richtung Süden, wandern zum Wildensteiner Wasserfall und durch die Trögener Klamm und nehmen auch noch ein paar schöne, kaum befahrene Pässe unter die Räder. An einem Felsen prangt ein mehrere Meter hohes Abbild von Christophorus, dem Schutzheiligen der Reisenden und damit auch der Motorradfahrer. Auch dem Pyramidenkogel statten wir noch einen Besuch ab, vor allem dem Aussichtsturm auf seinem Gipfel. Mit 100 Metern Höhe ist er der höchste hölzerne Aussichtsturm der Welt und bietet natürlich einen überirdischen Blick auf den Wörthersee im Norden und auf die bis knapp 3.000 Meter hohen Alpengipfel im Süden.

Christophorus-Schutzbild am Wegesrand
Christophorus-Schutzbild am Wegesrand - schützt auch uns Biker

Und dann neigt sich diese wunderschöne Woche auch schon wieder dem Ende zu, wir müssen zurück nach Hause. Auf dem Weg nehmen wir noch die Villacher Alpenstrasse mit und besuchen den Factory Outlet Store von Loacker, dem Südtiroler Waffelspezialisten. Vor allem das angegliederte Café sei allen Süssmäulern wärmstens empfohlen, der Topfenstrudel mit Marillenröster ist absolute Weltklasse!

Tourenzentrum Österreich - Edelweiss Touren

Spät nachmittags erreichen wir Mieming, wo Edelweiss-Urgestein Markus schon auf uns wartet. Dank Vollkaskoversicherung dauert die Motorradrückgabe nur Sekunden, auch ent- geht natürlich schneller als beladen. Wir verabschieden uns von Markus und den treuen Miet-Stahlrössern und steigen ins Auto, gerade als es anfängt zu regnen. Glück gehabt! Jetzt noch 500 Kilometer nach Hause fahren, auf unseren Oldtimern ohne Verkleidung oder sonstigen Komfort? Lieber nicht. Edelweiss, Im sure well miet again!

PS: Unser begeistertes Schwärmen vom Wörthersee, von Kärnten und den Julischen Alpen hatte Folgen, denn schon kurz darauf nahm Edelweiss dort eine Tour ins Programm auf: das Tourenzentrum Österreich. Gern geschehen!

Bericht vom 03.12.2020 | 8'682 Aufrufe

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