SM-T vs. Multistrada

Kampf der Kurvenräuber. Ducati vs. KTM. Hightech vs. Maschinenbau.
 

Multistrada vs. SMT

Der Vergleich ist naheliegend. Die KTM 990 SM-T geniesst einen guten Ruf in den Bergen, die Multistrada 1200 möchte mit 150 PS den Olymp der Andrücker-Geräte stürmen. Welche ist schneller? Welche ist besser?

 
Hätte dieses Duell vor einigen Jahren statt gefunden, wäre wohl nicht die Multistrada gegen die KTM angetreten, sondern die Hypermotard. Zwar mit weniger Komfort, weniger Power und wesentlich weniger Sicherheit, aber auf einer Stufe der Radikalität, wie sie sogar die Mattighofener nur selten zu betreten wagen. Doch während die SM-T eine christliche, gesellschaftlich eher tolerierte Form der 990 Supermoto darstellt, inhalierte die neue Multistrada offenbar den teuflischen Geist der Hyper und mutierte zum Tier. Auf seiner Stirn steht aber nicht 666, sondern 1200. Das dunkle Teststretta-Herz mit 1198 Kubik leistet 150 PS und hat einen Blutdruck von 118,7 Nm. Das Böse war schon immer eine starke Kraft auf dieser Welt. Wie sich die rote Multi und die schneeweisse SM-T so gegenüber stehen, erinnert das wirklich an den Urkampf der Mächte aus Himmel und Hölle. Und an einen Vers aus dem legendären Hit über moralische Zwickmühlen, Jein von Fettes Brot: Engel links, Teufel rechts, lechz.

150 PS und ein Blutdruck von 118,7 Nm.
Irgendwie haben wir den Vergleichstest zwischen Multi und SM-T bisher verschlafen. Doch als wir die beiden Kurven-Geräte im Highbike Testcenter in Ischgl nebeneinander stehen sahen, war klar, dass wir unsere Fehdehandschuhe anziehen müssen. Wir wollen es wissen und auch unsere Leser wollen es wissen: Welche ist schneller? Beginnen wir gleich mal mit dem Teil, der normalerweise das Ende eines jeden Testberichtes darstellt: Den Kosten. Die Multistrada ist deutlich teurer (je nach gewählter Ausstattung, in jedem Fall ein paar Tausender). Wir dürfen das nicht aus den Augen verlieren, wenn wir die beiden Kontrahenten aufeinander loslassen. Der Motor der KTM kann auf 1000 ccm Hubraum zurückgreifen, bietet 97 Nm Drehmoment und leistet 114 PS.

Ducatis Testastretta mit 150 sportlichen Italogäule gegen KTMs deutlich schwächeren LC8 Motor.

 
Beim Beschleunigungsvergleich gegen die Stoppuhr verliert die KTM von 0-200 km/h auf die Ducati ca. 2 Sekunden. Im Sattel der beiden Motorräder könnte man sich unterschiedlicher nicht fühlen. Die Ducati Multistrada bietet ein tolles grafisches Infodisplay, ein Vergleich mit jenem Museumsteil der KTM wäre beinahe schon eine Beleidigung für die Ducati. Bei der Ducati geht ohne Elektronik gar nichts und auf Wunsch kann man auch das Fahrwerk per Knopfdruck auf den jeweiligen Gusto einstellen. Auch ABS, Traktionskontrolle und Motoransprechverhalten sowie die Spitzenleistung lassen sich bei der Ducati im Daumenkino in vier verschiedene Modi stellen: Urban, Touring, Sport und Enduro.
Die KTM ist immer noch ein Puristenbike. Das kann man an ihr kritisieren oder auch lieben. Denn sie definiert sich nicht durch irgendwelche Gimmicks, sondern durch knallharte Fahrleistungen. Das gesamte Chassis samt Stahlrohrrahmen, Achsaufnahmen, Federelemente, Gabelbrücken und Lenker sind von feinster Güte. Irgendwie schwebt ja noch immer der Dakargeist über diesen Zweizylindermodellen von KTM und ebenso unzerstörbar und unverwindbar sieht das gesamte nackte Fahrzeug auch aus. In die Mitte wurde ein gut dimensionierter Motor gesteckt, ein paar Verkleidungsteile raufgepackt und fertig ist die komfortable Fahrmaschine.

Zu Beginn des Vergleiches waren wir uns sicher, dass die teurere und stärkere Multistrada die KTM wird einstampfen können. Doch nach einer langen Alpentour über diverse Pässe war klar, dass man genauer hinsehen muss. Die KTM ist einfach nicht zu biegen! Sie ist schnell und kann auch mit 150 PS nicht so leicht überholt werden. Warum? An der Hotelbar im Hotel Yscla in Ischgl wurde hitzig diskutiert. Die KTM war am Kurveneingang einfach überlegen. Das Motorrad aus Mattighofen hat eben Supermoto-Gene in sich und lässt eine beinahe schon irr schnelle Linienwahl zu. Die Multistrada ist die Kreuzung von einem Supersportler mit einer Reieseenduro und bietet die Leistung vom Sportler und den Komfort der Enduro.


5% weniger Speed, dafür 50% mehr Komfort.
 
Am Kurveneingang ist sie de4shalb weniger direkt und aggressiv, dafür eben deutlich komfortabler. Am Pass fährt man mit der KTM also schneller, mit der Multi aber länger. Sie bietet vielleicht 5% weniger Speed, dafür aber 50% mehr Komfort. Eine glasklare Sache ist das Duell dort, wo die Multi ein wenig auf Drehzahl kommt. Also bei längeren Geraden zwischen den Passkehren oder auch in den schnellen Kurven. Da kann die Multi die Leistung gnadenlos ausspielen und auch den vollen Kurvenspeed fahren.
 

 
Bei der Bremserei schenken sich zumindest vorne beide Kontrahenten nichts. Auch beim ABS sind beide auf einem hohen Niveau, das Teil an der KTM ist noch eine Spur sportlicher ausgelegt. Es sollte auch Puristen zufriedenstellen. Die Hinterbremse ist an der KTM deutlich besser.

Der Test öffnet schonungslos die Augen.
Die Laufkultur der beiden V2-Motoren ist in Ordnung, zumindest dann, wenn man V2 Motoren liebt. Das Vibrationsniveau ist nun mal höher als bei einer GS oder auch bei der neuen Tiger 800. In den Rückspiegeln beider Kontrahenten ist der jeweils andere immer nur verschwommen wahrzunehmen. Gut, dass sie normalerweise in Rot und Orange auch als Farbfleck immer noch ins Auge stechen. Bei unseren Testbikes hatten wir teilweise weisse Exemplare zur Auswahl. Der Test hielt uns zwei Dinge schonungslos vor die Augen. Zum einen wurde klar, wie wenig Hightech nötig ist, um richtig schnell fahren zu können. Routine, 114 PS, ein gutes Chassis und gute Bremsen und schon hat man ein schnelle Spassmaschine für grossartige Touren in die Berge zur Verfügung. Andererseits zeigte die Multistrada deutlich, wie viel Leistung man in eine Reiseenduro stecken kann und das Motorrad dank Hightech immer noch fahrbar bleibt.

Die Traktionskontrolle, das ABS, das elektronisch einstellbare Fahrwerk und die verschiedenen Fahrmodi schaffen es, 150 fahrbare und nutzbare PS zu implementieren. Insgesamt ist die Multistrada das etwas vielseitigere Motorrad. Sie ist eine vollwertige Reisemaschine, welche Dich auch mit Sozia und Gepäck sehr glücklich macht. Auf der anderen Seite aber auch eine grimmig schnelle Sportmaschine. Die KTM ist und bleibt eine Reisesupermoto, die man eher alleine geniesst und perfekt zu Wochenendtouren passt. Sie gehört auch ohne Hightech immer noch zu den besten Motorrädern am Markt, könnte aber bei einigen Details zumindest in Sachen Optik eine Modernisierung vertragen.
 

Technische Daten

KTM 990 SM - T Ducati 1200 Multistrada

 

Text: NastyNils
Fotos: 1000ps, Werk

Bericht vom 26.08.2011 | 13'811 Aufrufe

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