Husqvarna Enduros mit Rekluse Automatik

Enduro ohne Kupplung

Die Husqvarna Palette im direkten Vergleich. Einmal mit Rekluse und einmal ohne der Automatik-Kupplung. Quantensprung für die einen, Teufelszeug für die anderen.

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Das ungarische Gulasch brodelte über der Feuerstelle, 6 Husqvarnas standen zum Test bereit. Drei von ihnen befinden sich im Serienzustand, drei weitere Modelle wurden mit Rekluse Kupplungen aus dem Husky Power Programm ausgestattet. Die Automatikkupplung macht die Kupplungsbetätigung überflüssig und soll Endurofahren erleichtern. Doch die Teile spalten die Gemüter. Wir testeten die Rekluse in der 250er 4 Takt, in der 300er Zweitakt und im Klassiker, der FE 450 Viertakt.

Erstmal in den Lenker beissen

Beim ersten Schaltvorgang in den zweiten Gang, beisst man zum ersten Mal in den Lenker. Denn dort wo normalerweise die Kupplung montiert ist, ist nun wie bei einem MTB oder auch bei der KTM Freeride E die Hinterbremse montiert. Dort wo normalerweise die Hinterbremse montiert ist, dort ist nun "nichts". Beim ersten Zugang wird klar. Für erfahrene Enduristen, stellt die Umstellung einen grundlegenden Eingriff in die persönliche Fahrweise dar. Für einen Neueinsteiger wird nun aber alles leichter und vermutlich auch logischer.

Nach den ersten Turns konnten wir mal einiges Positives zu Protokoll geben. Die aktuelle Rekluse Version mit EXP Technik welche hier von Husky verwendet wird, hat nix mehr mit der ersten Generation der Z-Start Modelle zu tun. Damals war das zwar auch eine Art Automatik. Doch das Regelverhalten war grob und vernichtete am Steilhang jegliche Traktion. Nun ist das Regelverhalten butterweich. Man fährt am Steilhang einfach los und die Kupplung regelt sanfter als das ein zärtlicher Klavierspieler mit der linken Hand hinkriegen würde. Also das Anfahren gelingt in so ziemlich jeder Situation mit den Rekluse Bikes auch für erfahrene Piloten mindestens genauso gut wie mit einer Standard-Kupplung. Für Einsteiger klappt das auf Anhieb um Welten besser.

Komfortgewinn bei Stop-and-Go

Bei den Videoaufnahmen lernten wir dann aber einen weiteren Vorteil zu schätzen. Im ständigen Stop-and-Go bei den einzelnen Passagen musste man nicht ständig im Getriebe stochern und den Leerlauf suchen. Wir liessen ständig die Zweite drinnen und fuhren einfach los, wenn der Kameramann den Daumen nach oben hielt. Man wurde schnell schlampig und vergas auch den richtigen Gang einzulegen. Angesichts der grandiosen Kombination von tollem Ansprechverhalten des Motors und der tollen Kupplung, sind solche Fehler überhaupt kein Problem. Nahezu jede Passage kann in 3 verschiedenen Gängen gefahren werden.

Beim Hahnenkampf zwischen den Redakteuren war die Kupplung im flüssigen Gelände ebenfalls ein Segen. Das Motorrad war in engen Kurven, bei Abfahrten, im Sprung oder bei kniffligen Passagen einfach nicht abzuwürgen. Nach Fahrfehlern konnte man auch am Steilhang oder bei der fetten Wurzel einfach wieder losfahren. Also auch für einen erfahrenen Enduristen bietet das System erstmal sehr viele Vorteile. Das grosse Aber kommt jedoch dann, wenn die ganz fetten Hindernisse ins Spiel kommen. Wenig talentierte Piloten, heben ihre Enduro ohne korrekte Bewegungsabläufe, einfach durch den stupiden Einsatz von Drehmoment und schnalzender Kupplung über das Hindernis. Experten wie Dieter Rudolf (Trial Staatsmeister) zeigten jedoch vor (siehe Video), dass man auch ohne Kupplungshebel und mit Automatikkupplung über jedes Hindernis kommt. Doch in den heiklen Situationen verfallen Menschen unter Stress natürlich gerne in fest eingefahrene Verhaltensmuster. Neue Bewegungsabläufe sind da erst mal eine grosse Herausforderung.

Guter Kompromiss?

Die Rekluse Kupplung kann jedoch auch in einer (günstigeren) Kompromiss-Variante montiert werden. Dabei bleibt der Kupplungshebel wo er ist und man kann jederzeit regelnd eingreifen. Der Kupplungshebel ist dann zwar nicht mehr so butterweich zu ziehen und die Regelung ist nicht mehr ganz so präzise wie ohne zwischengeschalteter Rekluse Kupplung, aber es funktionierte in der Praxis ganz gut. Dahin ist dann aber ein toller Vorteil an den man sich wirklich schnell gewöhnt. Die Hinterbremse muss dann wieder mit dem Fuss bedient werden. Die Bedienung mit der Hand war jedoch eine wirklich tolle Sache. In den Fingern hat man einfach mehr Gefühl, das Motorrad liess sich quasi punktgenau bei engen Kehren um die Kurve driften. Bei Bergabfahrten konnte man sich mit den Stiefeln fest in die Rasten krallen und mit den Händen gelingt die optimale Bremskraftverteilung perfekt. Also wenn schon Rekluse, dann bitte die volle Ladung. 1000PS empfiehlt das Komplettpaket mit Hinterbremse am Lenker. Jene die die Kupplung vermissen, können sich auch den Kompromiss sparen.

Wer braucht die Automatikkupplung?

Am Ende des Tages können wir von 1000PS folgende Empfehlung abgeben:

Erfahrene Enduristen welche sich selbst als Gewohnheitstiere kennen, werden auch in der aktuellen Variante nicht glücklich werden. Veränderungen sind für sie ein Graus und warum ein gut funktionierendes System ändern. Nicht kaufen!

Neueinsteiger, auch jene die viel Erfahrung auf Asphalt haben, werden die Rekluse Kupplung lieben. Denn sie können das Fahren im Gelände von Null weg neu lernen und haben schlicht und ergreifend einen Bewegungsablauf weniger zu begreifen. Klare Kaufempfehlung von 1000PS!

Jene Enduristen welche möglicherweise aufgrund vom altersbedingten Verfallsprozess ihre Bestform überschritten haben, finden mit dem Rekluse Zeug möglichereweise eine Lösung, mit dem man sich das Fahren ein wenig leichter machen kann. In der Umstellungsphase ist das Teil für alte Hasen zwar sicher etwas mühsam, aber am Ende des Tages hilft es mit Kraft und Konzentration zu sparen. Die ganz argen Felskanten werden ohnehin auf der Chicken-Line umfahren, womit man quasi nur die Vorteile vom System zu spüren bekommt. Gebt dem Teil eine Chance!

Zu welchem Motor passt die Kupplung

Auf welchem Bike hat die Kupplung besonders toll gepunktet? Also auf der 300er 2-Takt wirkte das Gesamtpaket einen Tick zu nervös. Der Motor spricht zwar toll an, aber die Kupplung erwischt den richtigen Drehzahlbereich nicht immer so genau wie der Profi das mit der herkömmlichen Kupplung hinkriegen würde. Die Zielgruppe von sportlichen Zweitaktern wird auch eher zu den Verweigerern von dem neumodischen Zeug zählen. Bei den 4-Taktern war die Kupplung in Kombination mit der 250er ein wahres Wundermittel. Eine FE 250, ausgestattet mit einer Rekluse Kupplung ist quasi eine deppensichere Geländemaschine. So macht Endurofahren vom ersten Meter an Spass. Da stellen sich bestimmt sehr schnell erste Erfolgserlebnisse ein. Im Sattel der 450er funktionierte die Kupplung ebenfalls toll. Man muss nur aufpassen, dass man nicht zu schlampig unterwegs ist. Teilweise ertappt man sich dabei mit viel zu hohen Gängen herumzurollen, weil die Kupplung und der sagenhafte Motor ohnehin alles mitmachen.

Zum Preis der Rekluse Kupplung: Je nachdem ob man den Kupplungshebel durch eine Hinterbremse ersetzen möchte oder eben nicht ist man mit ein paar Hundertern oder einem knappen Tausender mit dabei. Details zum Preis und weitere Infos im Video!

Bei dem Test haben wir jede Menge Fotos und Videos produziert.

Fazit: Husqvarna FE 250 2015

Beim Test fuhren wir die FE250 im Serienzustand und dann auch mit der Rekluse Automatikkupplung. Die Automatikkupplung passt wirklich gut zu der kräfteschonenden und einfach zu fahrenden FE250. Vermutlich passt das Zubehörteil auch perfekt zur Zielgruppe der Maschine. Insgesamt ist die FE250 ein Motorrad welches deutlich mehr kann als man ihr auf den ersten Blick zutraut. Bei sehr harten Passagen, sind es dann aber ausgerechnet die wenig talentierten Piloten, welche sich ein paar Drehmoment mehr wünschen würden.


  • sehr kräfteschonend zu fahren
  • Motor spricht über gesamten Drehzahlbereich toll an
  • wirkt leicht und handlich aber nicht nervös wie die 350er
  • hochwertige Komponenten
  • Bei Fahrfehlern am Steilhang oder vor grossen Hindernissen kann die 250er nicht zaubern
  • die 250er präsentiert sich zwar gerne als Einsteiger-Enduro, ist aber in der Preisliste logischerweise fast genauso teuer wie die grossen Enduros.

Fazit: Husqvarna FE 450 2015

Immer noch die goldene Mitte. Deutlich einfacher zu fahren als eine 350er. Nicht ganz so nervös aber eben einen tick behäbiger. Leistung und Drehmoment hat sie ohne Ende. Die 501er ist offen gesagt überflüssig. Dieses Motorrad ist niemanden zu schwach. Vermutlich nicht die coolste Wahl, 450er war jahrelang "mainstream", aber im Laufe einer harten Endurowoche der beste Partner den man sich wünschen kann. Die paar Kilo extra sind auf den gemütlichen Verbindungsetappen schnell vergessen. Beim Test fuhren wir sie auch mit einer Rekluse-Automatikkupplung. Das funktionierte grossartig und spart Kraft.


  • viel Leistung aber trotzdem einfach zu fahren
  • souveränes Fahrverhalten in nahezu jeder Situation
  • Nicht nervös, nicht kippelig, stabil aber handlich genug
  • hohe Verarbeitungsqualität
  • Ausgereiftes Konzept, tausendfach bewährt
  • Auf der Sonderprüfung langsamer als eine 350er oder eine Zweitakter
  • Nach dem Sturz wird man an die zusätzlichen Pfunde im Vergleich zu 350er erinnert - wenn man sie aufheben muss

Fazit: Husqvarna TE 300 2015

Die Rennmaschine für Zweitaktfreunde. Perfekt abgestimmt und pfeilschnell. Ein Bestseller im Husvqarna-Programm! Zu Recht! Im Test probierten wir sie auch in Kombination mit einer Rekluse Kupplung. Doch da wirkte das Gesamtpaket einen Tick zu nervös. Die TE300 geniesst man am besten ganz normal mit herkömmlicher Kupplung.


  • leicht, bärenstark, sauschnell
  • Motor gut zu dosieren
  • Im unteren Drehzahlbereich viel Traktion, im oberen Drehzahlbereich Power für jede Lebenslage
  • Günstig im Betrieb, kaum Servicekosten
  • Zuverlässig! Der riesige Motor fährt ohnehin zu 95% im Teillastbereich
  • Auf Verbindungsetappen nervöser und anstrengender als eine Viertakter
  • geringere Reichweite als mit Viertakter

Bericht vom 28.03.2015 | 54’639 Aufrufe

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