Suzuki GSX-S1000F Test

Motorrad zum Schnellfahren. Auf der Strasse.

Schnellfahren wird langsam auch bei uns zum Verbrechen erklärt. Obwohl man nur eins macht: Schnell fahren. Uns genau dafür ist die GSX-S1000F gemacht. Nicht zum Reisen. Nicht zum Zu-zweit-Fahren. Nicht zum Pendeln. Zum Schnellfahren.

Warum Suzuki seine neue GSX-S1000F am Kurs der Tourist Trophy auf der Isle of Man präsentierte? 1960 starteten die Japaner erstmals bei einem Motorradrennen in Europa um sich mit den damals dominierenden Europäern zu messen. 1962 gewann man das erste Rennen auf der TT, 1963 zwei weitere, mit einem australischen und einem japanischen Fahrer.

TT-Gewinner als Tourguide

Als Guides standen uns Suzuki-Testfahrer Jürgen Plaschka und TT-Gewinner Richard Milky Quayle zur Verfügung. Milky ist sowas wie der Rookie-Ratgeber, der TT-Tutor, der mutige Neulinge in die dunklen Geheimnisse des Kurses einweiht und sie an die Mindestgeschwindigkeit heranführt. Der Rekord liegt bei fast 132 Meilen pro Stunde, 212 km/h. Im Schnitt.

Geschwindigkeit x 2 = Panik x 4

Das klingt so entsetzlich, dass ich es gar nicht hören will, wenn ich daran denke, wie selten wir beim Test über 132 Meilen schnell gefahren sind. Schon bei 200 km/h rüttelt es einem auf dem streckenweise schlechten Asphalt die Augen aus dem Fokus, dass es schwer wird, die Ruhe zu bewahren. Und wie wir wissen, steigt die Panik mit doppelter Geschwindigkeit zum Quadrat. Selbsterklärten Ordnungswächtern sei an dieser Stelle gesagt, dass es auf dieser seligen Insel ausserhalb der Dörfer auch abseits der Rennen legal ist, so schnell zu fahren wie Mensch und Maschine imstande sind.

Öffentliche Strasse. Best racetrack in the world!

Die Sicht ist tatsächlich ein Problem, erzählt uns Milky, der ausschliesslich Arai trägt, vor allem, wenn man beim Anbremsen bei über 300 aus der Verkleidung auftaucht. Auf der TT wird ohnehin eher aufrecht gefahren, um den Überblick zu behalten und starke Schräglagen sind selten. Mit der GSX-S1000F würde man hier zwar kein Rennen gewinnen, im wahren Leben aber schon. So wie Milky von diesen öffentlichen Strassen mit Linksverkehr als the best racetrack in the world spricht, imponiert mir das und lässt mich schmunzeln. Als würde ich so über meine Hausstrecke sprechen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es auch bei uns und eigentlich überall Streckenabschnitte geben könnte, wo kein Geschwindigkeitslimit gilt. Träum weiter.

3 in 1 für Ex-Supersportler.

Mit der GSX-S1000F richtet sich Suzuki an Fahrer/innen im Alter von 40+ (nona, so alt sind wir Motorradfahrer/innen nunmal), die schon einen Supersportler oder ein potentes Naked Bike besessen haben. Der Wunsch nach einer entspannten Sitzposition, nach mehr Tourentauglichkeit und nach mehr Windschutz war Vater des Gedankens: Ich brauche ein neues Motorrad! Suzuki mischte daher GSX-R1000 K5 (Motor), GSX-S1000 (Styling, Geometrie) und sogar die aktuelle GSX-R1000 (Rahmen, Schwinge) zusammen und heraus kam eine stimmige Mischung aus Superbike, Naked Bike und Sporttourer.

Zugabe Zubehör.

Der Windschutz ist nicht herausragend, aber ausreichend. Eine höhere Scheibe gibt es im Originalzubehör, das noch viele weitere sinnvolle wie eindrucksvolle Schätze in sich birgt. Ich hätte mir serienmässig eine mechanisch in zwei Höhen verstellbare Scheibe gewünscht. Glücklich bin ich hingegen mit dem Fatbar-Lenker von Renthal, mit dem man das 214 kg (mit ABS) leichte Motorrad fest im Griff hat. Ihn gibt es wie die Bremszangen in mehreren Farben, ein absolutes Must-Have. Mit dem ABS geht auch eine Traktionskontrolle einher, die 3-stufig einstellbar und abschaltbar ist. Sie arbeitet sehr fein und unterstützend und brachte mich sogar auf Schotter zügig voran, ohne den Motor völlig abzuwürgen. Diese Sensibilität würde ich mir auch vom ABS wünschen, das meinen Ansprüchen nicht gerecht wird.

Fast ident mit GSX-S1000.

Die GSX-S1000F ist eigentlich das, was viele mit der Montage eines hohen Lenkers auf ihrem Supersportler versucht haben, nur hat das nie so richtig funktioniert. Da sich die F mit dem Naked Bike fast alle Masse und Spezifikationen teilt 999 cc 4-Zylinder, 145,6 (149) PS, 106 Nm, 310 mm Scheiben und brembo monoblocs vorne, 810 mm Sitzhöhe, 1460 mm Radstand, 17 Liter Tankinhalt, 120/190 Bereifung, 43 mm Kayaba USD-Gabel voll einstellbar… - übernimmt sie genau deren kompakte Gestalt und Handlingeigenschaften. Eine straffere Gabeleinstellung und die Halbverkleidung sorgen aber besonders bei höheren Geschwindigkeiten für mehr Stabilität.

Optik und Ansicht.

Optisch gefallen mir beide Schwestern sehr gut, die nackte im satten Blau, die halbverkleidete im matten Grau. Erinnert mich an einen Kampfjet und mit dem Vogelgesicht ein bisschen an die Hayabusa. Das Display ist digital und versorgt den Fahrer mit allerlei Infos, die Stufe der Traktionskontrolle ist blitzschnell ausgewählt. Nur mit der horizontalen Drehzahlanzeige tue ich mir schwer, auch wenn man diverse Anzeigen - man kann nur einen oder zwei Balken von links nach rechts und wieder zurück wandern lassen - selektieren kann.

Müsste ich zwischen GSX-S1000 und GSX-S1000F wählen, ich würde Zweitere vorziehen, weil eben die Motorcharakeristik besser zu diesem Konzept passt und die Halbverkleidung für angemessenen Windschutz sorgt. Ausserdem sieht man in den erhöhten Rückspiegeln viel besser, wenn sich was von hinten nähert. Und dann weiss man: Ich muss noch schneller fahren.

Fazit: Suzuki GSX-S1000F 2015

Die GSX-S1000F ist im Grunde eine GSX-S1000, mit der sie die gesamte Geometrie teilt, mit ein bisschen Mehrwert, der sich aber ziemlich bezahlt macht. Mehr Stabilität bei höheren Geschwindigkeiten, mehr Windschutz und insgesamt besser mit dem Charakter des Motors kompatibel. Der GSX-R Motor ist immer noch eine Macht, auch wenn ihm untenrum etwas der Saft ausgegangen ist. Suzuki bietet auch hier ein tolles Preis/Leistungsverhältnis.


  • oben aufregender Motor
  • starke brembo Bremsen
  • tolles Zubehör
  • feine Traktionskontrolle
  • ABS nicht sportlich genug
  • Windschutz beschränkt
  • Kniewinkel etwas zu spitz

Bericht vom 09.07.2015 | 28'760 Aufrufe

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