Triumph Bonneville T120 Black vs. Thruxton 1200 Test 2017

Zwei Retro-Bikes mit britischem Charme im direkten Vergleich

Wenn zwei das Gleiche tun, aber doch ganz anders. Während die Triumph Bonneville T120 Black den distinguierten britischen Stil zelebriert, frönt die Thruxton 1200 auch noch dem Sport in guter alter Café Racer-Manier. Gleiche Motoren bedeuten nicht zwangsläufig gleiche Charaktere - wir gehen den Unterschieden der beiden Engländerinnen auf den Grund.

Dass Triumph nicht auf den Retro-Zug aufsprang, der vor wenigen Jahren losgefahren ist und offenbar sein Ziel immer noch nicht erreicht hat, liegt schlicht und ergreifen daran, dass Triumph schon lange in dem Zug sass, als er für einige Jahrzehnte auf das Abstellgleis verfrachtet worden war. Beweise dafür muss man nicht lange suchen, die zahlreichen "Bonnie"-Generationen seit knapp 60 Jahren belegen es eindrucksvoll und es ist schon erstaunlich und bewundernswert, wie sich auch die aktuellen und höchst modernen Modelle in das typische Erscheinungsbild einfügen.

Alles neu unter den alten Kleidern von Triumph Bonneville T120 Black und Thruxton 1200

Ebenso war die wiederbelebte Thruxton-Linie bereits rund ein Jahrzehnt in Amt und Würden, bevor sich andere Hersteller ihrer Wurzeln besinnten - oder gar ganz neu die Szene betraten. Authentischer als es Triumph macht, geht es also kaum und dementsprechend behutsam und feinfühlig wurden die beiden "Alteisen" überarbeitet, oder besser völlig neu gemacht. Denn die klassische äussere Linie verschleiert geschickt, dass es sich sowohl bei der Triumph Bonneville T120 Black als auch bei der Thruxton 1200 um aktuelle, moderne Technik im Inneren handelt.

Der Motor in der Triumph Thruxton 1200 agiert etwas spritziger

Beide besitzen den 1200 Kubik Parallel-Zweizylindermotor, der auf viel Drehmoment von unten und in der Mitte ausgelegt ist. Bei der Bonnie noch mehr als bei der Thruxton, denn die nackte Britin bringt es auf satte 105 Newtonmeter maximales Drehmoment bei nur 3100 Touren, die Thruxton 1200 hat mit 112 Newtonmeter zwar mehr Schmalz, allerdings "erst" bei 4950 Umdrehungen. In Sachen Leistung macht die Thruxton allerdings klar, wer die Sportlerin unter den hübschen Britinnen ist, gegenüber der Bonnie mit 80 PS bei 6550 Umdrehungen liefert sie stolze 17 PS mehr bei 6750 Touren ab. Insgesamt bietet der sportlichere Touch der Thruxton dennoch die angenehmere Motorcharakteristik, das noch freiere Ausdrehen macht Laune und passt gut zum Charakter der Thruxton - würde aber auch der Bonneville T120 Black nicht schlecht stehen. Schlecht funktioniert die Bonnie natürlich trotzdem nicht, sie punktet eben mehr mit ihrer wahrlich gemütlicheren Sitzposition und dem entschleunigten Stil, den die 20 Kilo Mehrgewicht gegenüber der Thruxton 1200 (Bonnie 224 Kilo trocken, Thruxton 206 Kilo) manifestieren.

Die Triumph Bonneville T120 Black ist klarer Komfortsieger

Interessant ist, dass sich beide Modelle bei Fahrwerk und Bremsen vollkommen einig sind - die nicht verstellbare KYB-Gabel mit 41 Millimeter Durchmesser und 120 Millimeter Federweg sowie die lediglich in der Federvorpannung justierbaren hinteren Stereo-Federbeine, ebenfalls von KYB sind für die Bonneville ausreichend komfortabel abgestimmt, für die Thruxton aber auch nicht zu soft. Triumph hat ausgezeichnet analysiert, dass die "normale" Thruxton 1200 nicht endlos sportlich und hart abgestimmt sein muss, immerhin gibt es noch eine um 2000 Euro/Franken teurere Thruxton 1200 R mit Öhlins-Federbeinen hinten, voll verstellbarer Gabel und Brembo-Monobloc-Bremszangen für die ganz eiligen unter den Retro-Fans.

Triumph verzichtet auf übertriebene Sportlichkeit

Auf letztgenannte Top-Stopper müssen Bonneville T120 Black und Thruxton 1200 verzichten. Die 310 Millimeter-Doppelscheiben samt Zweikolbenzangen von Nissin verzögern auf beiden Modellen brav und angenehm dosierbar, aber gewiss nicht bissig - und somit durchaus gelungen auf den beiden Retro-Eisen. Also verzichten die Briten auch bei den Bremsanlagen auf übertriebene Sportlichkeit und unnötiges Bling Bling zu Gunsten einer glaubwürdigen Optik und Performance.

Ein unauffälliges aber umfangreiches Elektronik-Paket

Worauf hingegen bei beiden nicht verzichtet wird, ist ein umfangreiches Elektronik-Paket mit Ride-by-Wire-System, abschaltbarer Traktionkontrolle, Fahrmodi und ABS, das bei der Thruxton 1200 sogar deaktivierbar ist. Auch bei den Fahrmodi kann die Thruxton etwas mehr, während auf der Bonneville T120 Black zwischen "Street" und "Rain" gewählt werden kann, kommt bei der Thruxton 1200 auch noch ein "Sport"-Modus dazu. Ich persönlich befinde sowohl das Triebwerk der Thruxton 1200 als auch jenes der schwächeren Bonneville T120 Black so ausgewogen und gut abgestimmt, dass ich auf verschiedene Modi eigentlich verzichten könnte, aber natürlich ist gegen eine (auf Wunsch) noch sensiblere Gasannahme etwa bei Regen nichts einzuwenden. Störend sind die Features jedenfalls definitiv nicht, die Systeme bauen mittlerweile so klein, dass sie auch auf puristischen Retro Bikes nicht auffallen.

Triumph Bonneville T120 Black und Thruxton 1200 im authentischen Outfit

Beim Design wurde bei beiden Modellen nichts falsch gemacht, die Bonneville T120 Black setzt mit ihren vielen schwarz gefärbten Bauteilen vielleicht noch stärker als die gleich teure Bonneville T120 die Designlinie der Ur-Bonnie gekonnt fort und verpackt modernste Technik sehr harmonisch in ihrem Retro-Kleid. Ebenso läuft das bei der Thruxton, durch den gedrungenen und dennoch sehr schlanken Cafe Racer-Stil knüpft sie nahtlos an die alten Modelle an, während darunter ebenfalls die Technologien der Neuzeit gut versteckt darauf warten, zeitgemässe Performance abzuliefern.

Triumph Thruxton 1200 für Deutschland und Schweiz, in Österreich lieber die Bonneville T120 Black

Die Preise der beiden Retros variieren je nach Land und Modell erwartungsgemäss stark, allerdings ungewöhnlich stark zwischen den Modellen. Während die Bonneville T120 Black nämlich in Deutschland 12.200 Euro, in Österreich 14.100 Euro und in der Schweiz 12.900 Franken kostet, muss man für die Thruxton 1200 in Deutschland nur 600 Euro mehr gegenüber der Bonnie locker machen, in der Schweiz vertretbare 1000 Franken aber in Österreich vergleichsweise unverschämte 1800 Euro. In Deutschland und in der Schweiz würde ich persönlich also für die stärkere und doch etwas extravagantere Triumph Thruxton 1200 gerne den Aufpreis zahlen, in Österreich besitzt aber eindeutig die Bonneville T120 Black das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis.

Fazit: Triumph Bonneville T120 Black 2017

Ein Motorradmodell über 60 Jahre lang technisch auf der Höhe der Zeit zu halten, ohne optisch sich stark vom Ursprung zu entfernen ist eine gewaltige Herausforderung - die Triumph bei der Bonneville T120 Black bravourös gemeistert hat. Der grössere 1200er-Motor, die Elektronik und viele moderne Details wurden herrlich in den Old School-Look eingebettet. Die Fahrleistungen sind beachtlich, im Vordergrund steht aber dennoch die Gemütlichkeit und dieses gewisse Flair, das eine Bonnie nun mal ausmacht. Und da hat Triumph inmitten der vielen Retro-Versuche der Konkurrenz wieder mal voll ins Schwarze getroffen.


  • kräftiger Motor mit ordentlich Drehmoment
  • komfortable Sitzposition
  • gute Bremsen
  • herrlich authentische Optik
  • Fahrwerk nur hinten in Federvorspannung verstellbar
  • unnötige, aber auch nicht störende Leistungsmodi

Fazit: Triumph Thruxton 1200 2017

Auch wenn die Thruxton 1200 das sportliche Modell der Retro-Linie sein soll, wurde das normale Modell erfrischend alltagstauglich und somit harmonisch ausgelegt - die sportlichere Thruxton 1200 R bedient ohnehin die wahren Retro-Racer. So bleibt ein kräftiger Motor, der herzhaft ausdreht, eine gutmütige Bremsanlage, eine etwas langgestreckte, aber ausreichend komfortable Sitzposition und unauffällig verpackte Elektronik-Features in einem Motorrad, das optisch mit Reminiszenzen an die gute alte Zeit auftrumpft, ohne dabei peinlich zu wirken. Auch die Thruxton 1200 hat Triumph also ausgezeichnet hinbekommen!


  • gelungener Cafe Racer-Look
  • starkes Triebwerk
  • angenehm dosierbare Bremsanlage
  • unauffällige Elektronik-Features
  • etwas langgestreckte Sitzhaltung
  • Fahrwerk nur hinten in Federvorspannung verstellbar

Bericht vom 12.10.2017 | 55'736 Aufrufe

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