Harley-Davidson FXDR 114 2019 – erster Test!

Das Softail-Topmodell bewegt sich auf glattem Untergrund

Für Harley-Davidson-„Neulinge“ sind 9 Modelle in einer Baureihe, die sich teilweise auch noch in verschiedene Motorisierungen aufspalten, bestimmt ziemlich unübersichtlich. Für Harley-Kenner sind die aktuell 9 Modelle der Softail-Palette aber scheinbar immer noch nicht genug – die brandneue FXDR 114 ist nicht nur das 10. Softail-Modell, sondern auch die erste 2019er-Harley! Das neue Topmodell besitzt sogar eine Aluschwinge – ob sie damit nun sogar richtig sportlich wird?

Schon alleine der Name des neuen Modells sticht aus der Masse heraus, denn bisher hatte jedes Harley-Davidson-Modell neben dem, nur für wahre Harley-Fans nicht kryptischen Buchstabenkürzel auch einen echten Namen FLFB Fat Boy, FXBB Street Bob, FLHR Road King,… also echte, klingende Namen, die man kennt und schätzt. Und eigentlich hätte auch die FXDR 114 einen klingenden Namen bekommen sollen, Destroyer war angedacht, am Ende entschieden sich die Marketingleute bei Harley aber einzig für FXDR 114 das neue Topmodell sollte schon beim Namen anders sein als die anderen.

Was macht die neue Harley-Davidson FXDR 114 so besonders?

Ganz neu an der FXDR 114 und für ein Softail-Aushängeschild legitim ist zum einen, dass sie nur mit der starken Motorisierung zu haben ist, also gibt es keine kleine 107er-Version der FXDR mit 1745 Kubik Hubraum (107 Cubic Inch) sondern nur den noch dickeren V2-Motor mit 1868 Kubik Hubraum (114 Cubik Inch). Zum anderen zeigt Harley-Davidson erstmals an einer Softail ernst gemeinte Gewichtseinsparungen, der Heckrahmen sowie die Felgen sind aus Leichtmetall gefertigt und die hintere Aluschwinge mit knapp über 6 Kilo spart gegenüber der Stahlschwinge stolze 43 Prozent! Hätten die Ingenieure diesen Schritt bei anderen Bauteilen der Maschine auch noch verfolgt, wäre die FXDR 114 nicht nur im Rahmen der Softails ein ziemliches Leichtgewicht geworden. Allerdings beschränkt sich die Abmagerungskur tatsächlich weitestgehend auf diese Teile, wodurch sich die FXDR 114 mit 303 Kilo fahrfertigem Gewicht, also samt Betriebsstoffen zwischen Street Bob mit 297 Kilo, Low Rider mit 300 Kilo und Breakout (305 Kilo) sowie Fat Bob (306 Kilo) einreiht. Die Verwendung von mehr Alu bringt also nicht echte Gewichtsvorteile vielleicht will Harley-Davidson damit aber einfach mal zeigen, was man so alles drauf hat, um die derzeit hohen Strafzölle auf Stahl zu umgehen.

FXDR 114 – starker Motor, gute Bremsen, fettes Hinterrad

Von der Fahrdynamik her wirkt die neue FXDR 114 auch wie eine Mischung aus Breakout und Fat Bob immerhin erinnern einzelne Komponenten auch stark an die beiden Modelle. Die fette Walze als Hinterrad im Format 240/40-18 entspricht jener der Breakout, lediglich vorne geht die FXDR 114 mit ihrem 120/70-19-Reifen einen weniger radikalen Weg als die Breakout mit ihrem riesigen 21er-Vorderrad. Dafür vertraut die FXDR 114 an der Front auf die Doppelscheiben-Bremsanlage mit zwei 300er-Scheiben und Vierkolbenzangen, die bereits in der Fat Bob einen vergleichsweise sportlichen Charakter verströmt.

Beste Softail-Schräglage aller Zeiten auf der FXDR 114

Sportliches Feeling könnte auch anhand der USD-Gabel mit 43 Millimeter Durchmesser und die Schräglagenfreiheit von 34 Grad entstehen für ein Modell der Softail-Baureihe ist das ein absoluter Bestwert! So dynamisch wie eine Fat Bob lässt sich die FXDR 114 dennoch nicht bewegen, wofür zum einen natürlich der dicke Hinterreifen verantwortlich zeichnet, aber auch die Sitzposition mit den weit vorverlegten Fussrasten. Piloten zwischen 180 und 190 Zentimeter Körpergrösse dürften mit der Geometrie am besten zurecht kommen, kleinere Fahrer müssen sich schon etwas weiter nach vorne strecken, grössere Fahrer haben dafür einen unbequemeren Kniewinkel.

Die Harley-Davidson FXDR 114 eignet sich perfekt für den Eissalon

Damit man diese Komfortschwäche aber überhaupt merkt, muss man schon eine Tour von rund 260 Kilometer absolvieren, so wie wir es bei der Präsentation der FXDR 114 in Griechenland machten. Wer lediglich sein Schmuckstück vor dem 10 Kilometer entfernten Eissalon präsentieren will, wird die FXDR 114 als sehr umgänglich und einfach beherrschbar kennenlernen. Und auch ich durfte mich auf erstaunlich kurvigen und ausreichend gut asphaltierten Strassen in Griechenland sowohl von der Verlässlichkeit der vorderen Bremsanlage als auch der Schräglagenfreiheit überzeugen. Natürlich immer mit dem Hinweis darauf, dass auch die FXDR 114 niemals an die Handlichkeit eines Naked Bikes herankommt, aber in der Riege der Softails tatsächlich mehr Dynamik zulässt, als die meisten anderen Modelle.

160 Newtonmeter auf der FXDR 114 malen schwarze Striche

In Sachen Triebwerk gibt es keine Überraschungen, der bekannte 114er-Milwaukee-Eight-V2 ballert brachiale 160 Newtonmeter Drehmoment bei nur 3500 Umdrehungen auf das Hinterrad womit man auf so manchen spiegelglatten Strassen Thessalonikis ganz herrlich schwarze Striche malen kann. Da wir die FXDR 114 zeitweise auch im Regen fahren durften/mussten (Regen bei Vauli-Präsentationen ist wie das Amen im Gebet…), kam natürlich auch die Frage auf, warum Harley-Davidson gerade beim neuen Softail-Topmodell keine Traktionskontrolle verbaut. Denn auch wenn das Triebwerk harmonisch ans Gas geht, würde ich einen 300 Kilo-Brocken mit 160 Newtonmeter Drehmoment nur ungerne in ungeübte Hände geben.

Mit einer Harley-Davidson kauft man nicht nur ein Motorrad

Aber moderne Features hin oder her, mit einer Harley-Davidson kauft man nicht nur ein Motorrad, sondern auch Tradition, Lifestyle und einzigartiges Design. Und genau darum geht es bei der neuen FXDR 114, das Styling ist cool, brachial und insgesamt äusserst gelungen. Die Front wirkt minimalistisch und anders als bei der Fat Bob nicht ganz so aggressiv, das Heck erscheint mit der stylischen Verkleidung des fetten 240er-Hinterreifens gleichsam mächtig und hübsch und der Auspuff zitiert moderne Bikes also den Fortschritt, den auch Harley-Davidson gehen möchte. Herrlich kontrovers wirkt dagegen der Ansaugschnorchel für die Airbox an der rechten Seite, der tatsächlich auf den meisten anderen Motorrädern extrem dämlich, weil unglaubwürdig aussehen würde, auf der FXDR 114 aber herrlich stimmig wirkt und somit ausgezeichnet in das gelungene Gesamtkonzept passt. So auch die minimalistische Tachoeinheit, die natürlich nicht so gut ablesbar ist, wie bei den Softail-Modellen mit grossem Rundinstrument, aber das coole Styling geht (zu Recht) vor.

Cool, mächtig und sportlich - die FXDR 114 ist alles zusammen

Da sich die FXDR 114 nicht nur über ihre coolen Features wie 240er-Hinterreifen, Doppelscheibenbremse und kräftiger 114er-Motor als Topmodell erklären möchte, sondern auch durch ihr cooles, einzigartiges Design, ist es sehr subjektiv, ob der höchste Preis innerhalb der Softail-Baureihe gerechtfertigt ist. 24.595 Euro in Deutschland, 29.495 Euro in Österreich und 23.900 Franken in der Schweiz sind gewiss eine Menge Geld, ich persönlich finde etwa die Breakout schon ausreichend cool, die Fat Boy ausreichend mächtig und die Fat Bob noch sportlicher. Geht es aber um all das zusammen, so verkörpert es die Harley-Davidson FXDR 114 durch ihren gelungenen Auftritt am besten. Und dass sich das Topmodell FXDR 114 auch noch als teuerste Softail präsentiert, wird das zahlungskräftige Harley-Klientel eher freuen, als abschrecken.

Fazit: Harley-Davidson Softail FXDR 114 FXDRS 2018

Die Harley-Davidson FXDR 114 will sich als Topmodell der Softail-Baureihe behaupten – das manifestiert sie bereits durch ihren hohen Preis. Die Leichtbau-Ambitionen durch Aluheck, -felgen und –schwinge klingen sehr zukunftsweisend, mit 303 Kilo fahrfertig reiht sich die FXDR 114 aber unauffällig in die Softail-Palette ein. Die Bremsanlage mit Doppelscheiben an der Front und die beste Schräglage unter den Softails kommen der Sportlichkeit zugute, der fette 240er-Hinterreifen und die Sitzposition mit weit vorne positionierten Fussrasten lassen hingegen eher den Cruiser in der FXDR 114 herausstechen. Entscheidendes Kaufargument dürfte aber ohnehin das coole Styling sein, das die FXDR 114 zum optimalen Schauobjekt macht.


  • Stimmige Optik mit coolen Details
  • sehr drehmomentstarkes Triebwerk
  • gute Bremsen
  • für eine Softail viel Schräglagenfreiheit
  • unauffälliges ABS
  • Auf langen Strecken ermüdende Sitzposition
  • keine Traktionskontrolle
  • sehr kleine Armaturen
  • hoher Preis

Bericht vom 10.09.2018 | 78'428 Aufrufe

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