KTM 790 Duke L Test für Fahreinsteiger

Eignet sich die radikale 790 Duke auch für Anfänger?

Die KTM 790 Duke ist bekannt als super sportliches Naked Bike. Niedriges Gewicht, ordentlich Power und scharfes, präzises Handling zeichnen sie aus. Aber taugt sie auch gedrosselt auf 48 PS zu etwas? Können Fahreinsteiger und A2-Führerschein-Neulinge den wilden Hengst zähmen? Oder sollten nur erfahrene Piloten einen Ritt wagen? Ich, selbst noch komplett grün hinter den Ohren, habe das überprüft. Ein Test von einem Anfänger, für Anfänger!

Die KTM 790 Duke L ist die 70 kW Version der "normalen" 790 Duke. Die Zwillingsschwestern sind baugleich bis auf den Motor. Dieser wurde für das L-Modell auf 95 PS umgebaut, um eine Drosselung auf 48 PS legal zu machen. Die Verringerung der maximalen Leistung um 10 PS wurde mittels kleinen Veränderungen bewirkt, der Motor ist aber prinzipiell der Gleiche. Ein Rückbau auf 105 PS wäre in der Theorie technisch zwar möglich, ist aber wenig empfehlenswert, da der Aufwand und das Risiko den Nutzen übersteigt.

Motor und Leistungsentfaltung der KTM 790 Duke L

Die KTM 790 Duke L besitzt einen flüssig gekühlten Zweizylinder-Reihenmotor mit 799 cm³ Hubraum. KTM ist bekannt für seine sehr sportlichen Bikes und so überrascht es nicht, dass die Motorabstimmung der 790 Duke ähnlich sportlich, aggressiv gewählt ist. Unter 3000 Touren fühlt sich der Motor merklich unwohl, fängt an zu ruckeln, verschluckt sich und macht Zicken. Erst ab so 4500-5000 U/min geht die Party los. Aber wie! Die Duke peitscht durch das Drehzahlband wie ein ungestümer Hengst. Man bedenke, dass ich die gedrosselte Variante mit nur 48 PS gefahren bin. Trotzdem war die Beschleunigung irrsinnig leiwand. Schon 300 Meter vom KTM-Händler entfernt musste ich vor Freude Jauchzen. Der Motor dreht sauber und so quirlig hoch, dass es einem sofort ein Grinsen unter den Helm zaubert. Vor allem gekoppelt mit dem saftigen, tiefen, fast schon V2-mässigen knurrenden Aggregat, ist die Duke ein echtes Spass-Bike. Und das bei einer Serien-Abgasanlage! In der 1000PS-Redaktion war man sich einig, dass aus der Euro-4-Norm kaum mehr rauszuholen ist.

Bremse der KTM 790 Duke L

Auf jede lange Gerade, auf der die unbändige Drehfreudigkeit des Motors ausgekostet wurde, folgt unweigerlich ein Kurve. Dass die Reise dort nicht zu Ende geht, verdankt man vorne einem Doppelscheiben-Bremssystem mit 300 mm Durchmesser und vier hydraulisch betätigten Kolben und hinten einer Scheibe mit 240 mm und zwei Kolben. Beide Bremsen sind sehr gut dosierbar und benötigen kaum Kraft, auch bei starkem Verzögern. Die feine Dosierbarkeit der Hinterradbremse hilft vor allem beim Kurvenfahren um in Schräglage leicht die Geschwindigkeit zu verringern. Allerdings könnte sie ruhig etwas früher zupacken.

Handling der KTM 790 Duke L

Auch das Handling der 790 Duke schlägt voll in die Schiene der sportlichen Fun-Bikes. Setzt man sich das erste Mal auf sie, fühlt es sich an als wäre man auf ein Fahrrad gestiegen (im positiven Sinne). Die Taille ist sehr schmal und ermöglicht einen engen Knieschluss. Dadurch bekommt man ein extrem gutes Gefühl vom Motorrad, das Feedback von der Strasse ist ausgezeichnet. Zusätzlich hilft das niedrige Gewicht von nur 187 kg (vollgetankt) beim flotten und agilen Bewegen. Das Fahrwerk besteht vorne aus einer Upside-Down Gabel von WP mit 43mm Durchmesser und 140 mm Federweg und hinten aus einem umgelenkten Monofederbein, ebenfalls von WP, mit 150 mm Federweg. Das Federbein ist in der Federvorspannung einstellbar. Die Abstimmung des Fahrwerks ist sportlich straff und perfekt für das Kurvenfressen. Nicht umsonst nennt KTM die 790 Duke auch "Das Skalpell". Mit Präzision und Leichtigkeit gleitet sie durch die Radien. Das Fahrwerk lässt sich dabei auch durch Bodenwellen in der Kurve nicht aus der Ruhe bringen. Diese feine Abstimmung ist einer der grössten Pluspunkte der 790 Duke und bringt Ruhe in die sonst sehr rasante Fahrt. Für ausreichend Grip sorgen zwei 17 Zoll Reifen mit vorne 120 mm und hinten 180 mm Breite.

Alltagstauglichkeit der KTM 790 Duke L

So sehr die 790 Duke auch auf der Landstrasse brilliert, im Stadtverkehr ist sie recht mühsam zu fahren. Vor allem der Motor protestiert lautstark im langsamen Stadtverkehr und macht Stopp-and-Go-Verkehr noch nervenaufreibender. Zwischen 20 und 25 km/h scheint es keinen passenden Gang zu geben. Mit dem zweiten Gang fährt man bei dieser Geschwindigkeit mit nur 2000 Touren und ist tief in der No-Go-Zone des Motors, und der erste Gang ist auch recht ruppig und nicht wirklich geeignet zum Dahinrollen. Fleissiger Kupplungseinsatz ist gefragt. Gerade im Stadtverkehr mit vielen Ampeln kommt man aber doch recht häufig in diese Situation und das kostet Nerven.

Der Verbrauch der Duke ist stark abhängig von der Fahrweise. Laut Werk sollte der 14 l Tank bei einem Verbrauch von ca. 4 l/100km für gute 300 km reichen. Doch herrscht so eine starke Verlockung ihr die Sporen zu geben, dass es oftmals eher nur für ca. 270 km Reichweite reichte. Auch der mangelnde Windschutz und die fehlenden Möglichkeiten Gepäck zu befestigen schränken das Touren-Potenzial ein. Ein Sozius wird auf der Duke auch nicht glücklich. Der Sitz ist schmal und sehr hoch, als Abstützmöglichkeit bietet sich nur der Fahrer oder der Tank an.

Entgegen aller sportlichen Ansätze und Tendenzen ist die Sitzposition des Fahrers aber erstaunlich gemütlich. Der Radstand beträgt 1475 mm und die Sitzhöhe 825 mm. Der Boden ist selbst für kleinere Personen leicht erreichbar und die schmale Taille vermittelt Selbstsicherheit und ein Gefühl von Kontrolle. Die Position des Oberkörpers ist sehr aufrecht, vor allem wenn man mit dem Schritt bis zum Tank rutscht. So herrscht auch kein Druck auf den Armen und selbst gemütliches Cruisen ist eine Option, ohne jedoch das Gefühl für das Vorderrad zu verlieren. Der Kniewinkel ist zwar durchaus eng, aber für mich, mit 185 cm Körpergrösse und recht langen Beinen, immer noch angenehm.

Technische Features der KTM 790 Duke L

An technischen Features hat die 790 Duke eine Menge vorzuweisen. Der farbige TFT-Bildschirm gleicht beinahe schon einem Smartphone. Neben 4 Fahrmodi (Road, Rain, Sport Track) lassen sich Rundenzeiten messen, Gasannahme, Traktionskontrolle, Anti-Wheelie-Control und mehr verstellen. Auch ein Kurven-ABS ist mit an Bord. Das mit Abstand spektakulärste und wahrscheinlich auch am meisten genutzte technische Feature ist aber der serienmässig verbaute Quickshifter. Dieser macht den schon sportlichen und spritzigen Motor noch lebendiger. Es gibt kaum ein geileres Gefühl, als voll am Gas zu hängen und einfach die Gänge durchzupeitschen. Die Schubunterbrüche sind kurz, die Gangwechsel knackig. Einzig Anfänger sollten sich eine Faustregel merken: Hochschalten nur unter Schub, Runterschalten nur ohne Schub. Andersherum ist der Gangwechsel doch sehr ruppig. Die 1000PS-Kollegen haben aber bestätigt, dass der KTM-Quickshifter auch im Vergleich zu anderen Herstellern ausgezeichnet ist.

Fahreinsteigerfreundlichkeit der KTM 790 Duke L

So, und wie kommt ein Fahreinsteiger mit so etwas zurecht? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn es kommt meiner Meinung nach stark auf den Charakter des Fahrers an. Ruhige oder gemässigte Persönlichkeiten werden mit der Duke eher nicht zufrieden sein. Zu ungestüm ist die Beschleunigung und gemütliches, langsames Fahren funktioniert eher mässig. Die Duke verlangt einfach nach rücksichtslosem Gasgeben und gnadenlosem Kurvensurfen. Deswegen werden Hobby-Rennfahrer und Landstrassenflitzer vermutlich nicht mehr von der Duke absteigen wollen. Dabei sollten Anfänger aber so viel Reife beweisen, dass sie es nicht übertreiben. Ich selbst hatte diese Reife manchmal nicht, nur ABS und Traktionskontrolle ersparten mir einen unwürdigen Abgang. Zusammengefasst sei also gesagt: Es ist durchaus fahrbar für Fahreinsteiger, es gibt aber einfachere und gemässigtere Motorräder für sie.

Preis der KTM 790 Duke L

Der Preis spielt natürlich auch eine wichtige Rolle. Viele Fahranfänger sind jung und haben eher ein begrenztes Budget. Die Duke punktet mit ihrer Sportlichkeit und den zahlreichen technischen Features. Die Folge davon ist ein saftiger Preis für eine neue KTM 790 Duke L. Allerdings im Vergleich zu ähnlichen Motorrädern, wie der Triumph Street Triple S oder der Kawasaki Z900, durchaus akzeptabel und nichts unübliches. Allerdings fühlen sich manche Schalter, wie zum Beispiel der Blinker, etwas billig an. Ausserdem berichten viele 790 Duke Besitzer von einer undichten Stelle am Motorblock aus der Öl austritt. Auch bei meinem Pressefahrzeug war dies der Fall. Solche Mängel fallen bei einem sonst so hochwertigen und teuren Motorrad noch mehr auf.

Wer jetzt sagt, er kann nicht mehr ohne 790 Duke, der sollte einen Blick auf die 1000PS Motorradbörse werfen. Hier gibt es alle Angebote und Preise zur KTM 790 Duke L in Österreich, Deutschland und der Schweiz.

Weitere Informationen unter https://www.ktm.com/

Fazit: KTM 790 Duke 2018

Die KTM 790 Duke L ist ein absolut sportliches Naked-Bike mit hohem Spassfaktor. Ob ein Fahranfänger mit ihr klarkommt, hängt stark von dessen Persönlichkeit und Fahrverhalten ab. Es gibt mit Sicherheit besser zum Lernen geeignete Motorräder, aber sportliche Radienjäger werden sich mit kaum etwas anderem zufrieden geben. Von alltäglichen Fahrten in der Stadt ist die 790 Duke L auch eher wenig begeistert. Auf der Landstrasse geht dafür die Post ab, selbst mit nur 48 PS. Einfach ein Spass-Bike wie es im Buche steht.


  • spritziger, drehfreudiger Motor mit heftiger Beschleunigung
  • optimal abgestimmtes Fahrwerk für sportliches Fahren
  • Hammer-Sound selbst mit Serientopf
  • viele elektronische Gimmicks und Funktionen
  • extrem präziser Quickshifter der flottes Fahren noch leiwander macht
  • angenehme Sitzposition
  • ruppiges Fahrverhalten bei niedrigen Touren
  • zickig im Stadtverkehr
  • teils fummelig wirkende Schalter am Lenker
  • Öl-Leck am Motorblock bei vielen 790 Dukes

Bericht vom 01.11.2018 | 133'138 Aufrufe

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