Vergleichstest: BMW S1000RR 2018 Vs. 2019

Ist die BMW S1000 RR 2019 das bessere Landstrassenmotorrad?

Mehr Leistung, weniger Gewicht, noch mehr Ausstattung und noch agiler! Die 2019er BMW S 1000 RR wurde radikal neu gedacht und überarbeitet - herausgekommen ist ein nicht nur äusserlich neuer Supersportler, auch am Motor und bei der technischen Ausstattung wurde kräftig Hand angelegt.

Die 2019 BMW S 1000 RR hat eine Diät hinter sich!

Die neueste Generation des Supersportlers konnte einiges an Gewicht abspecken. So wiegt die Maschine nun anstatt 208 Kg nur noch 197 Kg. Wenn man sich zusätzlich an dem umfangreichen Zubehörprogramm von BMW bedient und das M Paket inklusive Carbonräder wählt, bringt die Maschine lediglich 193,5 Kg auf die Waage.

Neues 6,5 Zoll TFT Display in der BMW S 1000 RR 2019

Wie die Konkurrenz-Supersportler der letzten Jahre setzt auch BMW ab 2019 auf ein TFT-Display in der S 1000 RR. In puncto Design und Connectivity bin ich sehr dankbar, dass die neue BMW nun mit einem TFT-Display ausgestattet ist und allen Piloten die einen analogen nostalgisch anmutenden Drehzahlmesser bevorzugen, kann ich sagen, ihr könnt die Instrumentenanzeige ganz einfach im Menü umstellen - Danke BMW!

So bietet der Pure-Ride-Screen alle notwendigen Informationen für den normalen Strassenbetrieb, während die drei Core-Screen-Darstellungen für den Betrieb auf der Rennstrecke ausgelegt sind und den Drehzahlmesser wahlweise analog oder in Form eines Balkendiagramms darstellen.

Neues DDC im Parallelbetrieb für die neue BMW

Selbstverständlich bekommt auch die neue RR, das passenden Kreuz aus der langen Latte an Optionen vorausgesetzt, ein elektronisch geregeltes Fahrwerk - Zauberwort Dynamic Damping Control (DDC). Das DDC wurde komplett neu überarbeitet und besitzt jetzt motorradspezifische Dämpferventile für Federbein und Gabel. Die Dämpfung bei der neuen Generation des DDCs wird über konventionelle, Shim-bestückte Kolben erwirkt - die maximale Dämpfung wird je nach Bedarf reduziert. Das DDC-Ventil sitzt im Bypass des Kolbens und kann infolgedessen die Dämpfungskräfte innerhalb von ~10 ms optimal aufbauen. Laut BMW soll das Ganze ohne Einbussen in der Rückmeldung stattfinden.

Im Vorgängermodell hingegen waren die DDC-Dämpfungsventile noch in Serie geschaltet. Der Volumenstrom floss durch den konventionellen sowie elektrisch einstellbaren Dämpfungsanteil. Die geringest mögliche Dämpfung war die konventionelle Dämpfung. Mit Hilfe des elektrischen DDC-Ventils wurde die Dämpfung erhöht. Die Folgen dieser Lösung führten zu einem Zwangskompromiss aus Komfort- und hoher Dämpfung, die allerdings tendenziell zu einer Unterdämpfung und zum Pumpen des Fahrwerks geführt hat.

Diese feinen Nuancen sind jedoch im normalen Fahrbetrieb und vor allem auf der Landstrasse nicht wirklich bzw. höchstens für den überambitionierten Fahrer spürbar. Fakt ist jedoch, dass die Zugänglichkeit zum DDC durch den übersichtlicheren TFT Bildschirm und die intuitiver gestaltete Menüführung deutlich verbessert wurde. Eine Eingewöhnungsphase an die vielen Menüpunkte benötigt man trotzdem.

Fahrverhalten und Handling der BMW S1000RR - alt vs. neu

Die grösste Weiterentwicklung gibt es unserer Meinung nach in puncto Fahrbarkeit und im deutlich verbesserten Handling. Grundsätzlich muss man dazu sagen, dass die alte RR alles andere als störrisch und bockig war, jedoch fällt im direkten Vergleich zum aktuellen Modell nach wenigen hundert Metern Fahrbetrieb sofort auf, dass der neue Bayer viel zugänglicher ist. Das Einlenkverhalten im Kurveneingang ist spielerisch leicht. Ein leichter Lenkimpuls, ein leichtes Legen in die Kurve reicht aus und die Maschine macht sofort was du möchtest. Es wirkt fast schon so, als besässe die neue BMW ein Lenkassistenzsystem. Die vorderradlastigere Schwerpunktverteilung (die Vorderradlast wurde von 52,3 auf 53,8 % erhöht), in Kombination mit der angepassten Ergonomie, dem neuen DDC, den verbesserten Fahrassistenzsystemen (Traktionskontrolle, separate Wheelie Kontrolle…), der Unterzugschwinge und vor allem dem neuen Motor, sorgt für ein unglaubliche Plus an Zugänglichkeit, Handling und Fahrbarkeit - Hut ab BMW.

Das gesamte Handling der neuen RR geht insgesamt deutlich leichter von der Hand und fühlt sich ebenso wie die Menüführung des Bordcomputers deutlich intuitiver an. Durch die lineare Leistungsentfaltung des neuen Motors und die verbesserte Traktionskontrolle lässt sich die Maschine speziell in der Kurve und am Kurvenausgang viel besser kontrollieren. Im Zusammenspiel mit dem verbesserten Fahrwerk ist die BMW unglaublich linientreu geworden und fühlt sich nicht mehr so zappelig an, wenn man beispielsweise zu viel Gas am Kurvenausgang gegeben hat. Das Vorgängermodell hingegen fühlt sich bockiger an und möchte einfach stärker vom Fahrer instruiert werden.

Auch die Wheelie Neigung bei der neuen BMW wurde deutlich reduziert. Durch den grösseren Radstand von nunmehr 2073 mm im Vergleich zur 18er Version mit 2055 mm und der separaten Wheelie Control, bleibt aktuelle Generation zu fast jedem Zeitpunkt mit beiden Reifen auf dem Boden. Das kann man sehen wie man möchte. Zum einen ist die Maschine nochmals leichter zu steuern, und ich denke, dass die von BMW versprochene eine Sekunde Vorsprung auf der Rennstrecke durchaus machbar ist, zum anderen hat sie aber leider Gottes auch etwas an Charakter und Thrill einer furchteinflössenden 1000er verloren.

Sitzposition BMW S 1000 RR 2019

Das Layout der Maschine ist deutlich kompakter geworden und das ist bereits im Stand spürbar. Die Maschine fühlt sich fast wie eine 600er an. In den Kurven hat man vor allem für den Oberkörper viel mehr Bewegungsfreiheit als früher. Eine angenehme Tatsache, speziell für die fahraktiveren Piloten unter uns.

Beim Vorgängermodell kritisierten Rennfahrer öfters die behäbige Sitzposition und Schwächen bei der Traktion. Normalverbraucher hingegen waren mit der RR jedoch durch und durch zufrieden. Und wenn man mal ehrlich ist, ist ein gewisses Mass an mehr Komfort auf einer Supersportler keine schlechte Sache. Doch keine Sorge, diejenigen unter Euch die die "bequeme" Sitzposition der alten RR bevorzugt haben kommen bei der neuen nicht zu kurz. Die Sitzposition ist zwar deutlich sportlicher und auch das Chassis ist nun deutlich radikaler, jedoch ist die Maschine zugleich agiler geworden. Stärkere Lenkimpulse sind quasi nicht mehr nötig und durch die Gewichtsreduzierung und die präzise abgestimmte Elektronik im Zusammenspiel mit dem zugänglicheren Motor ist das Gesamtpaket des Krads einfach nur traumhaft!

BMW S1000RR 2019 die Veränderungen am Motor - nicht "nur" mehr PS!

Eine der grössten Veränderungen bei der neuen RR hat am Motor stattgefunden. Das neue Aggregat verfügt jetzt über satte 207 PS (ein Plus von 8 PS) bei 13.500 U/min und 113 Nm, die bei bereits 11.000 U/min anliegen. Obwohl die neue BMW ein deutliches Plus an Leistung gewinnen konnte, wurde das nutzbare Drehzahlband der neuen Maschine nochmals um einiges breiter und fülliger gestaltet. Die Maximaldrehzahl des neuen Motors liegt nun bei 14.600 U/min und konnte damit um 600 U/min gesteigert werden. Eine deutliche Verbesserung hat man auch in puncto Gewicht erzielen können. Das neue Herzstück der Doppel-R ist trotz Einsatz der neuen BMW ShiftCam Technologie (variable Nockenwellensteuerung) um 4 Kg leichter geworden - eine beachtliche Leistung! Die variable Ventilsteuerung sorgt bei der neuen BMW für eine extrem harmonische Drehmomententwicklung über das gesamte Drehzahlband und das ist deutlich zu spüren!

Im Vergleich dazu hat der Motor der 18er RR einen fühlbaren Leistungspunch der bei ca. 10.500 U/min einsetzt und dich wortwörtlich wie ein aufgezogenes Gummiband, das plötzlich zurück schnellt nach vorne katapultiert. Die insgesamt 199 Pferdchen der alten RR sorgen immer noch für maximalen Fahrspass und die Spitzenleistung liegt bei 13.500 U/min an. Das maximale Drehmoment beträgt ebenso wie bei der neuen BMW 113 Nm, liegt allerdings bei bereits 10.500 U/min an. Das soll nicht heissen, dass sich das Vorgängermodell der RR früher kräftiger anfühlt, sondern dass die Maschine ein sich stärker anfühlenden Leistungspunch besitzt. Die neue S 1000 RR hingegen fühlt sich in ihrer Leistungsentfaltung sehr linear und kräftig an. So soll die aktuelle Version der Maschine ab 5.500 U/min permanent über mindestens 100 Nm Drehmoment besitzen.

BMW HP Parts müssen weichen - dafür gibt’s jetzt das M Paket

Mit der neuen S 1000 RR wurde auch ein neues Zubehörkonzept veröffentlicht. Die BMW HP Parts sind Geschichte und die aus dem PKW-Bereich bekannte M-Linie für sportliche Sonderausstattung wurde eingeführt. Ein für mich logischer und guter Schritt den BMW Motorrad gegangen ist, um Synergien aus beiden Fahrzeugsegmenten zu nutzen. Die Ausstattungsvariante mit der höchsten Güte ist ab sofort das M-Paket.

Im einzelnen Umfasst das neue M Paket folgende Komponenten: Fahrmodus Pro, Sportlackierung, M Carbonräder, M Light Weight Batterie, M Sportsitz, M Heckhöherlegung, M Schwingendrehpunkt.

Folgenden Umfang enthalten die anderen Pakete:

  • Dynamik-Paket: DDC nächste Generation Dynamic Damping Control, Heizgriffe, Temporegelung.

  • Race-Paket: Fahrmodus Pro, M Schmiederad, M Light Weight Batterie, M Heckhöherlegung, M Schwingendrehpunkt.

  • Weiteres: Diebstahlwarnanlage, Soziussitzabdeckung, RDC, E-Call.

Fazit zur BMW S 1000 RR 2018

Die letzte Generation der Doppel-R ist nach wie vor scharf wie eine Messerschneide. Die Maschine bietet immer noch Leistung satt und besitzt einen brachialen "Drehmoment-Punch", der dich beim Einsetzen brutal nach vorne katapultiert. Die "alte" BMW besitzt gegenüber der aktuellen Generation einiges mehr an Temperament. Zum einen muss man mehr Kraft und fahrerisches Können aufwenden, wenn die Maschine aufgrund der plötzlich einsetzenden Leistung und der gröber regelnden Elektronik zubeisst, zum anderen muss man sich auch beim Handling stärker ins Zeug legen. Das Vorgängermodell aus dem Hause BMW ist eben genau wie ihre Karl Dall Optik für den ein oder anderen Piloten etwas unharmonischer. Um den alten Giganten fachgerecht durch die Kurven und auf der Strecke zu jagen, stehen geschärfte Sinne und ein stärkerer Körpereinsatz an der Tagesordnung.

Wer nicht sofort das Neuste vom Neuen besitzen muss und bereit ist einige Kompromisse in Sachen Handling und Elektronik einzugehen, ist mit der letzten Generation der RR mit Sicherheit nach wie vor sehr gut bedient und kann im Vergleich zur aktuellen Version eine Menge Geld sparen. Dazu kommt, dass die alte RR ein sehr ausgereiftes Modell ist, bei der die Fehler und Problemzonen gut bekannt sind und leicht gelöst werden können.

Fazit: BMW S 1000 RR 2019

Die neue BMW S 1000 RR 2019 ist eine komplett neue Supersportler. Sie ist deutlich kompakter und vor allem leichter geworden. Die Maschine lässt sich sagenhaft gut steuern und fühlt sich im vergleich zum Vorgängermodell fast schon wie eine 600er an! Die Sitzposition und das gesamte Set-Up der Maschine sind deutlich sportlicher geworden, können aber durch das deutlich verbesserte Elektronikpaket, das eingesparte Gewicht und nicht zu guter Letzt durch die fast schon lineare Leistungsentfaltung des Aggregats viel anwenderfreundlicher auf den Asphalt gebracht werden - Bravo! Ein Wermutstropfen bleibt leider erhalten, wer maximal von den Neuerungen profitieren möchte, muss leider auch maximal viele Kreuzchen beim Händler setzen. Dafür gestaltest Du dir aber deine individuelle BMW!


  • Sehr lineare Leistungsentfaltung dadurch deutlich kontrollierbarer und sicherlich für die meisten Piloten auch schneller. Breites Drehzahlband und angenehme Dosierbarkeit...
  • Das neue DDC der RR funktioniert nochmals deutlich präziser und bietet euch TOP-Performance
  • Super Elektronik-Paket
  • Hervorragender Schaltassistent
  • Aktiver sprich sportlichere Sitzposition
  • Hochwertige Details wie Rahmen, Schwinge und Display lassen das Herz höher schlagen
  • ... leider hat die Maschine aufgrund der linearen Leistungsentfaltung ein gewisses Mass an "Thrill" verloren.
  • Die neue S 1000 RR ist fast schon "zu perfekt"
  • Menüführung bedarf einiges an Eingewöhnungszeit

Bericht vom 02.10.2019 | 73'962 Aufrufe

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