Yamaha MT-09 2021 - Erster Test

Der geilste Zyklop der Geschichte?

Die MT-09 war noch lange Jahre nach ihrer Präsentation der unbestrittene Preis-Leistungssieger des Naked Bike Segments. In letzter Zeit begann die Konkurrenz jedoch gnadenlos am Thron zu sägen. Kann die MT-09 2021 Yamaha wieder an die Spitze bringen?

Wir bewegten die sportliche Mittelklasse-Yamse im hektischen Stadtverkehr Barcelonas, im hügeligen Hinterland und auch auf der Autobahn. Am wohlsten fühlt sich der quirlige Drilling im leichten Chassis erwartungsgemäss auf der Landstrasse. Flotte Wechselkurven im 2. und 3. Gang sind nach wie vor das Metier der MT-09. Auf der Autobahn hingegen fehlt ab ca. 120 km/h naked-bike-typisch der Windschutz, für all jene die sich danach sehnen, hat Yamaha mit der Tracer 9 bzw. Tracer 9 GT aber ohnedies zwei sehr reizvolle Alternativen im Programm. In der Stadt gefällt die pure Schlankheit der Maschine, die das Schlängeln durch Autokolonnen zur leichten Übung macht.

Yamaha MT-09 Test 2021 (hauptsächlich) auf der Landstrasse

Die Anti-Hopping-Kupplung arbeitet leichtgängig. Daran erfreut man sich allerdings ohnehin nur im Stop&Go-Betrieb, überland nimmt einem (ab 2.200 U/Min und 20 km/h) der, neuerdings serienmässige mit Blipper ausgerüstete, Quickshifter das Kuppeln ab. Dieser arbeitet für sich genommen zufriedenstellend, wird aber im direkten Vergleich mit der Konkurrenz zeigen müssen, ob er denen der 890er KTMs und Street Triples dieser Welt das Wasser reichen kann. Der Lenkeinschlag ist klein, was beim Rangieren negativ auffällt.

Das Fahrwerk - die ewige Schwachstelle der MT-09 wurde besser

Die vielleicht am öftesten monierte Schwäche an der Vorgängergeneration der MT-09 war das Fahrwerk, das in der normalen Nicht -SP-Version bei forscherer Gangart relativ rasch an seine Grenzen stiess. Die Fahrwerkselemente von Kayaba mit einer voll-einstellbaren 41mm USD-Gabel vorne und einem in Zugstufe und Federvorspannung einstellbaren Federbein hinten der 2021er Yamaha MT-09, arbeiten auf der Landstrasse zufriedenstellend, die Grundabstimmung ist sportlich straff.

Das Federbein neigt in schellen Wechselkurven, trotzt vollends geschlossener Zugstufe, zu raschem Ausfedern. Hier würde ich also empfehlen, für den gelegentlichen Trackday-Einsatz, nach wie vor auf die SP-Variante, die wir leider bei diesem Event nicht fahren durften, zu sparen. Die Komponenten (bewährtes Öhlins STX46-Federbein und DLC-beschichtete hochwertige voll einstellbare Kayabagabel) versprechen zumindest der Papierform nach, ein deutliches Performanceplus im Angriffsmodus.

Die Bremsen der Yamaha sorgen für gewünschte Verzögerung

Einen soliden Job liefert die Nissin-Bremsanlage ab. Die 298mm Doppelscheiben vorne sorgen für vollkommen zufriedenstellende Verzögerung, ohne den Piloten mit überscharfem Initialbiss zu verunsichern. Die Bremssättel sind jetzt radial montiert. Der Bremshebel ist, im Gegensatz zum Kupplungshebel in 5 Stufen verstellbar. Am Hinterrad werkt nach wie vor eine 245 mm Einzelscheibe, die durch unauffällige solide Leistung glänzt. Unschönes Fadingverhalten konnte bei der Ausfahrt, auch bergab im hügeligen Umland Barcelonas, keines ausgemacht werden. Wie stabil die Brems-Leistung auf der Rennstrecke bleibt, wird sich weisen.

Noch sahniger - Der überarbeitete CP3-Motor der MT-09

Er war und ist auch in der Euro 5-Ausführung das Sahnestück des Motorrads: Der CP3-Motor in der Yamaha MT-09. Mit neuerdings 889 Kubikzentimetern Hubraum, einem Leistungsplus von 4 PS und eine Drehmomentsteigerung um 5,5 Nm stehen nun 119 PS bei 10.000 U/Min und 93 Nm Spitzendrehmoment zur Verfügung. In der Praxis macht sich zudem deutlich bemerkbar, dass das maximale Drehmoment in der 2021er MT-09 schon bei 7.000 U/Min, anstatt wie bei der Vorgängerin bei 8.500 U/Min anliegt. Der Motor zieht das Naked Bike ab 5.000 U/Min bis weit über 9.000 U/Min wie ein Gummiband nach vorne. Es besteht absolut keine Notwendigkeit die Gänge auszudrehen, Laune macht es allerdings schon. Diese Launen haben den Verbrauch während der Testfahrt auch knapp an die 6 Liter-Marke gebracht. Im Alltag sollten Werte zwischen 5 und 5,5 Liter realisierbar sein.

Drehmomentverlauf Yamaha MT-09 2021
Drehmomentverlauf Yamaha MT-09 2021 (rot) , Vorgängerin (weiß)

Wenn man über Motoren spricht, muss man zwangsläufig auch über den Sound sprechen. Eigens aus der Musikinstrument-Entwicklung ausgeliehene Sound-Designer aus dem Yamaha-Konzern rückten aus, um dem Drilling einen harmonischen Klang zu verleihen. Hut ab, das ist ihnen allemal gelungen! Interessanter Weise klingt der CP-3 just dort am besten wo er auch am besten "geht". Einziger Wermutstropfen: Das Standgeräusch liegt mit 96 dB eine Spur über der berüchtigten "Ausserfernschwelle". Ob diese sinnbefreite Regelung uns auch im Sommer 2021 wieder ins Haus steht, ist zwar noch nicht ganz klar, falls doch, ist es aber mehrfach bitter, da alle Yamaha-Modelle die von dem herrlichen Drilling befeuert werden über 95 dB liegen.

Elektronik im Überfluss an der MT-09 2021

Das Elektronikpaket inkl. 6-Achsen IMU von Bosch an der MT-09 stammt in seinen Grundzügen von der Yamaha R1 ab, wobei die Abstimmung im einzelnen doch sehr unterschiedlich ausgestaltet ist. Ein Beispiel dafür ist die in 3 Stufen verstell- und abschaltbare Lift-Control. An der R1 ist sie so abgestimmt, dass das Vorderrad möglichst viel Bodenkontakt hat, während sie in der MT-09 nur in Stufe 3 das Abheben desselben ganz unterbindet. In den übrigen Stufen ermöglicht sie unterschiedliche Niveaus an Steighöhe und Spass ab. Für alle Stuntfahrer unter euch: Sowohl die Anti-Wheelie Kontrolle als auch die Slide- und Traktions-Kontrolle sind gänzlich abschaltbar. Beim ABS ist das nicht so, hier lässt sich nur die Schräglagenabhängigkeit deaktivieren, wem auch immer das etwas bringt. Für alle Systeme gilt, dass sie unauffällig und zuverlässig regeln. Das ABS, das bei der Vorgängerin sehr konservativ abgestimmt war, regelt nun etwas feinfühliger.

Die nummerierten Riding-Modes 1,2,3 und 4 unterscheiden sich merklich von einander. Bei der flotten Kurvenhatz hat sich Modus 2 als der goldene Mittelweg herausgestellt. Modus 1 fühlt sich digital und beinahe ruppig an, ist daher für die Landstrasse kaum geeignet. Als es am Vormittag kalt (6 Grad) und feucht war, kam Modus 3 gerade recht, der die MT-09 direkt sanft werden lässt. Der leistungsreduzierende Modus 4 kappt die Maximalleistung der Yamaha und spricht noch sensibler an, was bei der Testfahrt glücklicherweise zu keinem Zeitpunkt erforderlich gewesen wäre. Ride-by-Wire ist natürlich an Board, wobei der Tempomat der SP-Variante vorbehalten bleibt.

Sitzposition, Soziuskomfort und Ergonomie

Yamaha hat die Sitzposition im Vergleich zur Vorgängerin spürbar überarbeitet. Der Lenker ist nun 15 mm höher positioniert. Man hat nun eher das Gefühl in als auf dem Motorrad zu sitzen. Da nicht jeder Pilot gleich gebaut ist, kann man an der 2021er MT-09, sowohl die Position des Lenkers (9 mm vor und 4 mm hinauf), als auch die der Fussrasten (14 mm hinauf und 4 mm nach hinten) nach den persönlichen Vorlieben adaptieren. Die Sitzbank selbst ist auf der Standard-Variante, wie schon bei der Vorgängerin etwas lieblos designt, hier schielt man doch recht schnell neidisch auf die fein abgesteppte Ausführung der SP-Variante, oder die Comfort-Sitzbank aus dem Zubehör. Diese sollte, wie der Name schon sagt auch erhöhten Komfortansprüchen gerecht werden, während der Standardsitz nach einigen Stunden am Bock den Hintern vor Herausforderungen stellt.

Lenker- und Fußrastenposition verstellbar: Yamaha MT-09 2021
Lenker- und Fußrastenposition verstellbar: Yamaha MT-09 2021

Die Sitzhöhe liegt bei 825 mm und damit 10 mm höher als beim vorherigen Modell. An den Tank anschliessend ist die Sitzbank aber verhältnismässig schmal, sodass die Schrittbogenlänge des Fahrers nicht allzu lang sein muss, um sicheren Stand zu gewährleisten. Zu zweit lässt es sich auf der MT-09 für kürzere Strecken ganz gut aushalten, die Zuladung von beachtlichen 225 kg lässt auch zwei ausgewachsene Kerle Platz finden. Allerdings ist der Kniewinkel der Sozia/des Sozius sehr spitz und die Schlaufe an der man sich festhält quasi unbrauchbar. Für 2er-Ausritte empfehlen sich aber ohnedies andere Modelle aus Yamahas Stall.

Display Yamaha MT-09 2021 - endlich TFT, endlich Farbe

Spät aber doch hält nun also auch in die MT-09 ein TFT-Farbdisplay Einzug. 3,5 Zoll Diagonale sind heutzutage nichts mehr zum Angeben, aber zumindest die Ablesbarkeit ist ohne Tadel. Die Menüführung über Scrollrad gelingt nach kurzer Eingewöhnungsphase ohne grosse Mühe. Eine etwas grössere Darstellung liesse Einstellungswechsel während der Fahrt allerdings noch leichter zu. Ein nettes Feature ist der sich mit steigender Drehzahl farblich ändernde U/Min-Balken. Es gilt: Ist er grün, macht der Pilot alles richtig. Erst jenseits der 9.500 Umdrehungen färbt sich die Anzeige orange und mahnt zum Gangwechsel. Unter 5.000 Touren sind die Balken weiss.

Fahreindrücke MT-09 2021 Landstrasse

Die MT-09 bietet mehr denn je ein unfassbar brachiales Aggregat in einem beinahe magersüchtiges Chassis. Das fehlende Gewicht kommt dem ambitionierten Piloten beim flotten Umlegen ebenso zugute, wie beim späten Anbremsen und beim gnadenlosen aus den Ecken feuern. Der 3-Zylinder ist ein Freudenspender erster Güte, daran ändert sich auch 2021 nichts. Ergonomisch ist zudem definitiv ein Schritt nach vorne gelungen. Durch die überschaubare Schrittbogenlänge auf der einen Seite und die adjustierbare Fussrasten- und Lenkerposition auf der anderen Seite, passt diese MT-09 kleinen und grossen Piloten besser als je zuvor. Die sportlichen Bridgestone S22 in den klassentypischen Dimensionen 120/70/17 und 180/55/17 als Erstausrüstung passen herrlich zu dem quirligen Naked Bike und runden die Performance optimal ab.

Optik, Zubehör und Farben Yamaha MT-09 2021

Eines vorweg, so abgedroschen es auch klingen mag: Die Bilder werden der Erscheinung der MT-09 in natura nicht gerecht. Die Maske kann man mögen, oder auch nicht, Fakt ist, dass die Lichtausbeute im Dunkeln (wir sind bei der Testfahrt u.a. durch eine kaum beleuchtete verlassene Messehalle gefahren, siehe Fotos) deutlich besser ist als bei der Vorgängerin. Zudem ist die Front, hat man einmal im Sattel Platz genommen ja nicht mehr zu sehen. Der Rest des Motorrads ist optisch durchaus gefällig gestaltet, das schlanke Heck ist besonders gut gelungen. Die Verarbeitungsqualität und Lackierung ist ansprechend. Die einzigen echten Kritikpunkt stellen die seltsam anmutende Positionierung der Hupe und die, durch die minimalistische Maske nicht versteckten, Schläuche und Kabel an der Front dar.

Natürlich schiebt Yamaha einiges an Originalzubehör für die MT-09 mit an den Start. Wie gewohnt gibt es verschiedene Packs, die eine Reihe an Teilen sinnvoll miteinander kombinieren. Im Angebot gibt es unter anderem das Urban Pack, das Travel Pack und das Sport Pack. Detail-Abbildungen findet ihr in der Bildergalerie zur Yamaha MT-09 2021.

Preis und Verfügbarkeit Yamaha MT-09 2021

Die Yamaha MT-09 wird für das Jahr 2021 in folgenden drei Farbvarianten verfügbar sein:

  • Storm Fluo (rote Felgen)
  • Tech Black
  • Icon Blue (blaue Felgen)

Der Preis der Yamaha MT-09 2021 ist heiss, so viel sei verraten! Alle Angebote für Yamha MT-09 für euren Markt findet ihr wie gewohnt auf unserem Marktplatz. Die ersten Modelle sollten Ende April beim Yamaha-Händler eures Vertrauens eintreffen.

Fazit: Yamaha MT-09 2021

Bravo Yamaha! Ja, die Optik polarisiert und regt auf, aber das Fahren der neuen MT-09 ist definitiv nicht minder aufregend. An den richtigen Schrauben zu drehen, bringt die MT-09 wieder ganz weit nach vorne in der Naked Bike Mittelklasse. So viel Ausstattung und Spass bei einem dermassen attraktiven Preis, weiss kaum ein Mitbewerber zu liefern. Einzig Connectivity-Jünger, die riesige Displays lieben, werden mit der MT-09 wohl nicht ganz glücklich werden.


  • Motor über jeden Zweifel erhaben
  • Preis-Leistungsverhältnis top
  • umfangreiche Serienausstattung
  • Leichtgewicht
  • Details an der Front entsprechen nicht dem hochwertigen Gesamteindruck
  • Connectivity nur rudimentär vorhanden
  • geringer Lenkeinschlag erschwert das Rangieren

Bericht vom 27.02.2021 | 54'161 Aufrufe

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