Honda SH350i Test 2021

Des „Pendlers Darling“ mit grösserem Motor

Wer einen hochwertigen Grossrad-Roller sucht, kommt nur schwer am Honda SH vorbei. Da es bekanntlich immer besser geht, steht in der Roller-Mittelklasse für 2021 nach dem SH300i ein neues Modell mit grösserem Motor, schärferer Optik und aufgemöbelter Elektronik am Programm - der neue Honda SH350i ist da!

So nervig sie auch für die Hersteller sein müssen, so vorteilhaft sind verschärfte Normen manchmal für uns Endkunden. Denn durch die Euro5-Norm musste Honda auch beim SH300i reagieren - und warf kurzerhand den 279,1 Kubik grossen Einzylinder aus dem Mittelklasse-Grossradroller, um ihn durch den, ein Moped (knapp 50 Kubik) grösseren, reibungsoptimierten eSP- (enhanced Smart Power) Motor mit 330 Kubik samt mehr Leistung und Drehmoment zu ersetzen. 29 PS statt 26 PS bei 7500 Umdrehungen sind das Resultat in Sachen Power, noch beeindruckender ist das maximale Drehmoment von nun 32 Newtonmeter bei 5250 Umdrehungen anstatt der 25,5 Nm bei 5000 Touren beim SH300i.

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Die Schwachstelle ist der Pilot, nicht der neue Honda SH350i

Nun gut, eigentlich war schon der 300er-SH in allen Lebenslagen erstaunlich kräftig und antrittsstark, da macht es der SH350i klarerweise mindestens ebenso gut und beschleunigt richtig flott und agil aus dem Stand auf rund 100 km/h. Und selbst darüber geht es noch hurtig voran, die Schwachstelle bei unserem Test war wegen der niedrigen Temperaturen der Pilot, der bei klirrender Kälte einfach nicht mehr (ertragen) wollte als knapp 130 am Tacho. Zum Glück bietet Honda auch für den neuen SH350i wieder eine hohe Scheibe an, die zwar die Höchstgeschwindigkeit verringert, dabei aber auch den Druck des Fahrtwindes auf den Fahrer und somit ein entspannteres Pendeln ermöglicht.

Das Fahrwerk des neuen SH350i schluckt alle Unebenheiten

Mit Pendeln meine ich allerdings nicht etwa ein unstimmiges Fahrverhalten des SH350i, sondern die tägliche Fahrt zur und von der Arbeit, also das Commuting. Denn das Fahrwerk ist weit entfernt von unangenehmen Tendenzen oder allzu schwammigem Einlenken. Natürlich sind die 35er-Telegabel an der Front und die beiden Stereo-Federbeine im Heck nicht so präzise wie die Fahrwerkskomponenten eines sportlichen Motorrades, aber wenn der Komfort an erster Stelle steht und dann auch noch ein erstaunlich stabiles Fahrverhalten herausschaut, kann man sich wirklich nicht über das Fahrwerk beschweren. Zusätzlich schafft es der SH350i trotz seiner vergleichsweise grossen 16 Zoll-Bereifung (110/70-16 vorne, 130/70-16 hinten) erstaunlich handlich um Ecken zu wieseln, ohne dabei, wie bereits erwähnt, instabil oder unpräzise zu werden. Denn 174 Kilo fahrfertig sind ja nicht unbedingt federleicht, die schwerpunktgünstige Gewichtsverteilung beim SH350i begünstigt aber das Handling enorm. Damit wäre also geklärt, dass der neue grosse SH mit viel Fahrspass von A nach B gescheucht werden kann.

Die Elektronik macht den Unterschied zwischen SH300i und SH350i aus

Was den neuen 350er-, abgesehen von mehr Leistung und Drehmoment, tatsächlich besser als den 300er-SH macht, ist ein unsichtbares Sicherheits-Feature, die serienmässige Traktionskontrolle HSTC (Honda Selectable Torque Control). Viele werden meinen, dass man so etwas auf einem 30 PS-Roller nun wirklich nicht braucht. Ich betrachte sie aber gerade auf einem Pendler-Roller, der sich eignet, das ganze Jahr, also auch im Winter, genutzt zu werden, als Sicherheitsnetz für den unwahrscheinlichen Fall der Fälle, dass das Hinterrad wirklich mal den Grip verliert. Ein Fortschritt sind auch die neuen Voll-LCD-Armaturen, bei denen man zumindest die Geschwindigkeit richtig gut ablesen kann. Wer sich beim neuen SH350i ein Farb-TFT-Display erwartet hat, wird zwar enttäuscht, kann aber von Honda aus gerne ein paar tausend Euro mehr in die Hand nehmen und zum Forza 750 greifen. Und auch das Beibehalten des Smart Key-Systems (Zündung, Starten, Sitz und Topcase öffnen ohne Schlüssel!) als Serienumfang ist vielleicht kein Fortschritt, dafür so innovativ und funktional, dass es immer noch ausgezeichnet als Verkaufsargument herhalten kann.

Immer noch kein Knuddel-Faktor am Honda SH350i

Ob die geschärfte Optik an der Front mit etwas grimmiger dreinblickenden LED-Leuchten den Kauf des neuen SH350i rechtfertigt, muss jeder natürlich selbst entscheiden. Für mich wäre es jedenfalls nicht der vorrangige Grund zum grossen SH zu greifen, es bestechen ja beide Modelle nicht unbedingt mit ihrem unglaublich sportlichen Design. Und auch den beliebten Knuddel-Faktor kann so manches europäische Roller-Original besser als jeder SH mit seinen grossen Rädern. Allerdings bleibt sich Honda absolut treu, macht die SH-Reihe mit jeder Generation besser, ohne bei anderen Herstellern abzukupfern. Das klassische form follows function-Prinzip also - und genau darum geht es auch beim brandneuen Honda SH350i.

Fazit: Honda SH350i 2021

Der neue SH350i unterscheidet sich, abgesehen von den etwas grimmiger dreinblickenden LED-Scheinwerfern, vorrangig durch den neuen, 50 Kubik grösseren Motor. Damit flitzt der SH350i noch agiler davon, als es der ohnehin erstaunlich flinke SH300i schon getan hat. Das Fahrverhalten ist so stabil, wie man es von den grossen Rädern erwarten darf, trotzdem angenehm handlich und vor allem sehr komfortabel. Das praktische Smart Key-System bleibt erhalten, neu sind die Traktionskontrolle HSTC als „Sicherheitsnetz“ und die Voll-LCD-Armaturen, die den 350er-SH zur schlauen Evolution des SH300i machen.


  • kräftiger, spritziger Motor
  • angenehmer Komfort
  • gutmütiges, stabiles Fahrverhalten
  • gute Bremsen
  • Traktionskontrolle in Serie
  • typische SH-Optik
  • Smart Key-System
  • Stauraum unter dem Sitz fasst nur einen Integralhelm
  • Handschuhfach reicht gerade mal für den Smart Key

Bericht vom 26.03.2021 | 69'831 Aufrufe

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