GasGas ES 700 - Einzylinder Reise Enduro

Reicht ein Zylinder zum Reisen?

Anfang Mai schickten wir Tibor zum ersten Pressetest des 690 und 701 Ablegers nach Spanien. Jetzt dürfen wir sie in heimischen Gefilden testen.

35 Jahre LC4!

Wirft man einen Blick in die LC4 Historie, so findet man eine !35 jährige! Evolutionsgeschichte vor. Das Image des Aggregats hat sich in dieser Zeit vom widerspenstigen ruppigen Männermotor zum einsteiger freundlichen Spassantrieb gewandelt. In der aktuellen Entwicklungsstufe werden aus den 692ccm beachtliche 74 PS geholt. Die lassen sich aber deutlich einfacher fahren als die 50 Pferde der ersten Generation. Möglich gemacht wird das durch die jahrelange Entwicklung und natürlich auch die verschiedenen Mappings der elektronischen Einspritzung. Auf der ES finden wir am linken Lenkerende einen kleinen Schalter der uns die Auswahl über zwei verschiedene Mappings gibt. Mapping 1 geht etwas sanfter zur Sache und ist speziell im unbefestigten Gelände eine starke Hilfe für Offroad Neulinge. In Verbindung mit der Traction Control kann man relativ sicher seine Erfahrungen auf losem Untergrund sammeln. Im aktivierten Modus lässt die TC leichten Schlupf und somit kleinere Drifts zu.

Mapping 2 geht zwar nicht deutlich aggressiver, allerdings spürbar kräftiger ans Werk. Gerade im mittleren Drehzahlbereich packt #2 mehr an, da sind dann auch reine Gaswheelies im zweiten Gang kein Problem.

Leistungstechnisch lässt die ES keine Wünsche offen. Für den Offroad Einsatz sind die 75PS und 73NM mehr als ausreichend. Auch auf der Strasse wurde in mir nicht der Wunsch nach mehr Leistung breit.

Einzylinder Reisemotorrad

Diese zwei Worte haben in den Neunziger Jahren irgendwie so überhaupt nicht zusammengepasst. Damals waren die meisten Eintöpfe noch ohne Ausgleichswelle (minimiert die Vibrationen am Motor) ausgestattet. Sprich nach einer 3 Stunden Ausfahrt war ohne Medizinstudium kaum ein Unterschied zu einer Parkinson Erkrankung feststellbar. Mittlerweile werden in dem Mattighofner Aggregat zwei Ausgleichswellen verbaut. Heftige Vibrationen spürt man somit nicht mehr. Die über die Jahre deutlich komfortabler gewordene Sitzbank trägt ihren Rest dazu bei. Längeren Trips über Tage hinweg steht also nichts mehr im Weg. Mit ihrem geringen Trockengewicht von 146kg ist sie den Zwei (und Mehr) Zylinder Reisemotorrädern gegenüber klar im Vorteil. Somit sind auch anspruchsvolle Offroadeinsätze kein Problem.

Einzylinder mit Elektronik Paket

Im Vergleich zu einer grossen Adventure, beisst die ES in Sachen elektronischen Features natürlich ziemlich ab. Allerdings ist die verbaute Elektronik der ES für einen Einzylinder alles andere als selbstverständlich. Die beiden Mappings hab ich ja schon erläutert, die bringen einen spürbaren Unterschied und lassen sich Off/Onroad sinnbringend einsetzen. Ähnlich sinnvoll ist auch die Traktionskontrolle, Offroad Neulingen wird damit der Alltag im Gelände ungemein erleichtert. Beide Einstellungen bleiben auch bei erneuten Zündungsstart im ausgewählten Modi. Lediglich das ABS Setting schaltet sich nach jedem Stopp wieder aktiv. Auch nicht gerade selbstverständlich in dieser Klasse sind die Anti Hopping Kupplung und der Schaltautomat, der sowohl beim rauf als auch beim runterschalten tadellos funktioniert.

Das Display der ES ist stark an jenes der Hard Enduros angelehnt und glänzt vor Purismus. Geschwindigkeit, Trip, ODO, Neutral, Temperatur und Tankwarner sind alle Infos die man ablesen kann. Etwas nervig fand ich den Blinkerschalter, gefühlt jedes mal drückte ich den Schalter zu wenig stark und fuhr Kilometer lang mit aktiven Blinker herum.

Runter von meinem hohen Ross!

Für Mancher Eins könnte die Sitzhöhe zum Ausschlusskriterium werden. Die 935mm sind jetzt zwar kein Spitzenwert, allerdings um für mehr Sitzkomfort zu sorgen wurde die Sitzbank etwas breiter. Damit ist der Schrittbogen grösser und man kommt mit den Füssen nicht so leicht auf den Boden. Mit meinen 1,80 komme ich nur mit den Fussballen zeitgleich auf den Boden. Was während der Fahrt so wurscht wie der Sack Reis aus China ist, sorgt bei den Start und Stopp Phasen gerade bei wenig routinierten Fahrern oft für ein mulmiges Gefühl.

Das Fahrwerk der ES kommt wenig überraschend von WP. Das Xplore Fahrwerk bietet 250mm Federweg und bietet ganzheitlich betrachtet wohl den besten Kompromiss zwischen einem Reise, Enduro und Strassen Motorrad. Je nachdem wo die GasGas ES 700 vorwiegend eingesetzt wird lassen sich sowohl Federbein als auch die Gabel in Zug/Druckstufe und Federvorspannung einstellen.

Fazit: GASGAS ES 700 2022

Die GasGas ES 700 widmet sich in ihrer Form den Puristen unter den Reise Enduristen. Kein Mäusekino im Cockpit, keine 73 verschiedenen Fahrmodi, kein 400 Liter Gepäcksystem. Einfach mit Schlafsack, Unterhose und Zahnbürste losfahren und dabei auch selektive Offroad Sektionen nicht scheuen müssen und Motorradfahren in seiner unverfälschten Reinform erleben.


  • geringes Gesamtgewicht
  • gut dosierbare Leistungsentfaltung
  • für einen 1 Zylinder sehr vibrationsarm
  • gute Wahl für schweres Gelände
  • schwergängiger Blinkerknopf
  • sehr puristische Armaturen

Bericht vom 27.06.2022 | 47'448 Aufrufe

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