Royal Enfield Super Meteor 650 - erster Test 2023

Ernstzunehmender Cruiser hebt Royal Enfield auf ein neues Level

Ein Motorrad in seinem Ursprungsland zu bewegen ist immer ein besonderes Erlebnis. Wir haben uns in die Weiten der indischen Wüste Thar begeben um den neuen Crusier aus dem Hause Royal Enfield auf Herz und Nieren zu testen. Wie Super ist die Meteor 650?

Indien auf zwei Rädern ist immer ein Erlebnis

Das wird der letzte schwache Wortwitz dieses Texts bleiben, ich verspreche es hochheilig. Zurück zum Testort Indien, genauer gesagt das aride Rajasthan ein abwechslungsreicher Teil des Subkontinents. Seit meiner Reise zur Royal Enfield Rider Mania im Jahr 2019 in Goa lässt mich die Faszination für dieses exotische Land nicht los. Das grösstes Bundesland Indiens zeigt mit der lange heiss umfehdeten Grenze zu Pakistan eine ganz neue Seite auf. Royal Enfield hat sich bei der globalen Präsentation für diese Region in der Wüste entschieden, da es hier für indische (Verkehrs-)Verhältnisse ruhig zugeht und die ewig langen Highways mit weit gezogenen Radien das ideale Terrain für das neue Flagschiff im Programm darstellt.

Die Royal Enfield Super Meteor 650 kommt mit bekanntem Twin, der für souveränen Topspeed sorgt

Die Super Meteor 650 führt Royal Enfields Cruiser-Familie, die erstmals 2021 mit der sympathischen Meteor 350 auf den Plan trat, fort. Wie der Name schon vermuten lässt, baut das neue Premiumbike der traditionsreichen Marke auf der 648 ccm Twin Plattform, die in den beliebten Interceptor 650 und Continental GT 650 Modellen bereits für viel Freude gesorgt hat. Die Positionierung im komplett neu entwickelten Rahmen erfolgt leicht geneigt und die Motordeckel wurden neu designend im Inneren des Reihenzweiers bleibt aber alles beim alten.

Die Super Meteor 650 leistet 47 PS bei 7.250 Umdrehungen und hat ein maximales Drehmoment von 52,3 Nm bei 5.650 U/min zu bieten. Im Sattel fühlt sich der Motor dann etwas kerniger an, als in den sportlicheren Schwestermodellen. Er scheint in den Cruiser noch besser zu passen, als in die Interceptor 650 und Continental GT und liefert über ein gut abgestuftes 6-Ganggetriebe souveräne Kraft schon in niedrigem Drehzahlbereich. Die Gänge auszudrehen ist daher nicht erforderlich, dennoch ertappt man sich aber aufgrund des schönen Sounds aus den neu entwickelten Auspuffrohren hin und wieder dabei.

In einer grosszügigen Auslegung der geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen auf den mautpflichtigen und daher menschenleeren schnürdelgeraden Highways Rajasthans, liessen es die einheimischen Guides ordentlich krachen. Bis 120 km/h beschleunigt die Super Meteor erstaunlich zügig, bleibt man dann am Gas sind nach einiger Zeit 160 im analogen Tacho abzulesen. Auch hinsichtlich des Durchzugs vermag die Super Meteor zu überzeugen und ist, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass man hier auf einem Motorrad der A2-Klasse unterwegs ist nicht zu verachten.

Neue Federungselemente heben die Super Meteor auf das nächste Level

Neben dem neu entwickelten Chassis, ist es vor allem die erstmals verbaute 43 mm USD-Gabel vom renommierten Zulieferer Showa, die hinsichtlich der Fahrstabilität neue Massstäbe im Royal Enfield-Universum setzt. Die nicht adjustierbare Big Piston Fork bietet 120 mm Federweg und einen guten Kompromiss aus Komfort und Sportlichkeit. Als es nach den ewigen Geraden dann doch ums Eck ging (meistens, wenn die parallel zum Highway verlaufende Bahnlinie mit riesigen Brückenstrukturen überfahren wurde), gab es wenig Anlass die ambitionierte Marschgeschwindigkeit zu drosseln. Mit Autobahntempo zieht der Cruiser superstabil durch lange Radien, der Radstand von 1.500 mm scheint dafür goldrichtig gewählt.

Weniger komfortabel als auf den ersten Blick vermutet erweisen sich die, in der Vorspannung einstellbaren Stereofederbeine im Heck. 101 mm Federweg sind nicht wenig für einen Cruiser, die Grundabstimmung ist jedoch eher auf der straffen Seite. Wer sich von der Super Meteor 650 also einen schaukelnden Softchopper erwartet, irrt gewaltig. Die gewählte Abstimmung passt in Summe gut zum hochgeschwindigkeitsstabilen Cruiser, ein Durchschlagen der Dämpfer scheint schwer vorstellbar. Ich bin dennoch froh, dass es in heimischen Gefilden keine Geschwindigkeitsschweller indischen Formats gibt, das würde mein Rücken nicht allzu lange mitmachen.

Handlig der Super Meteor, Fahrverhalten, Schräglagenfreiheit

Eines vorweg: Aufgrund der gewählten Teststrecken kann ich über das Fahrverhalten in Wechselkurven und engen Radien des Cruisers keine seriösen Angaben machen. Ein weiterer Test in Österreich ist also unumgänglich. Die Willigkeit mit der die Super Meteor beim Abbiegen und Umzirkeln diverser indischer Hindernisse, wie Kamele und Kühe eingelenkt hat lässt mich jedoch positiv auf die erste Ausfahrt in der Heimat blicken. Die gewählten Felgen- bzw. Raddimensionen von 100/90/19 vorne und 150/80/16 hinten lassen das ja nicht unbedingt erwarten. Der extrem niedrige Schwerpunkt der 650er in Kombination mit einem Lenkkopfwinkel von 27,6 Grad und einem Nachlauf von 118,5 mm dürfte daran jedoch nicht ganz unschuldig sein.

Die Schräglagenfreiheit der Super Meteor scheint ausreichend zu sein, jedenfalls dürfte sie über dem Klassenschnitt liegen. Die Überprüfung dieser Aussagen erfolgt dann, wie gesagt, im Frühjahr.

Eine würdige Bremse für die Royal Enfiled Super Meteor 650

Das Thema Bremse bietet bei manchen Royal Enfields Anlass zur Kritik. Die Twins zählten jedoch bisher nicht zu diesem Kreis und auch die Super Meteor 650 bildet hier keine Ausnahme. Am Papier erwartet man sich von zwei Single-Scheiben mit 320 mm vorn und 300 mm Durchmesser hinten sowie jeweils achsial gelagerten Zweikolben Bremssätteln keine Kunststücke, in der Praxis erwies sich die Bremse jedoch als absolut ausreichend und passend dimensioniert. Ein Zwei-Kanal ABS von Bosch verrichtet unauffällig und nur mit minimalen Vibrationen im Hebel zuverlässig seinen Dienst, es gibt hier also nichts zu bemängeln.

Fahrendes Motorrad

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Ergänzungen zu Gewicht, Tankinhalt, Verbrauch, Reichweite der Super Meteor 650

Wie so oft, offenbaren die nackten Zahlen nur die halbe Wahrheit. Der Vollständigkeit halber hier dennoch das von Royal Enfield angegebene fahrfertige Gewicht der Super Meteor 650: 241 Kilogramm. Diesen Wert werden wir natürlich auf der unbestechlichen 1000PS-Viehwaage verifizieren. Doch selbst wenn er höher ausfallen sollte, zeigt sich, dass der Cruiser durch die günstige Lage des Schwerpunkts sowie die niedrige Sitzhöhe bereits im Stand und noch mehr beim Fahren ein einfach und angenehm zu handelndes Bike ist.

15,7 Liter Tankinhalt bietet der relativ flache und breite Tropfentank der Super Meteor 650. Die Reichweite liegt somit dank des moderaten Verbrauchs definitiv jenseits der 300km. Während unserer Gewalttour von Jaisalmer nach Khimsar am zweiten Fahrtag, die rund 350 km umfasste, wurde sicherheitshalber auf halbem Weg nachgetankt. Erforderlich wäre das trotz der Highspeed-Etappen am Tagesbeginn wohl nicht gewesen, man wollte aber scheinbar auf Nummer sicher gehen. Einen genauen Verbrauchswert kann ich aufgrund dessen leider nicht nennen und muss euch hierzu ebenfalls auf den Test in Österreich vertrösten.

Neues Level an Ausstattung und Verarbeitung für die Royal Enfield Super Meteor 650

Neben dem Fahrwerk sind Verarbeitungsqualität sowie die ansprechende Haptik mit Sicherheit die beiden Bereiche, in denen die Super Meteor 650 in bei Royal Enfield bisher nicht bekannte Sphären vorstösst. Mit viel Liebe zum Detail, etwa bei dem von der ersten Super Meteor 700 der 50er-Jahre inspirierten fein gearbeiteten Emblem am Tank, oder der hochwertigen und massiven Ausführung der Hebeleien präsentiert sich der Cruiser spielerisch eine Klasse über anderen Royal Enfield Modellen. Den Vergleich mit britischen Modern Classics braucht die Super Meteor 650 in dieser Hinsicht jedenfalls nicht zu scheuen.

Der komplett neue LED-Scheinwerfer in der Front hat einen faszinierend hellen Lichtkegel. Insbesondere in Indien fällt die Super Meteor dadurch im Rückspiegel sofort auf, ist die LED-Technologie hier doch kaum im Automobilbereich angekommen, geschweige denn unter den Zweirädern üblich. Beim Rücklicht und den Blinkern wird die familiäre Bindung zur Meteor 350 wohl am deutlichsten ersichtlich. Wie bei der kleinen Schwester setzt man am Heck auf LED, während die Richtungsanzeiger mit konventionellen Leuchtkörpern ausgerüstet sind. Im Zubehör finden sich für die 650er jedoch auch LED-Blinker.

Die sonstige Ausstattung zeigt ebenfalls viel Bekanntes aus der Meteorfamilie. Das Kombiinstrument mit analoger Geschwindigkeitsanzeige ergänzt um ein kleines LC-Display mit ECO-, Gang- und Tankanzeige sowie zwei Tages- und ein Gesamtkilometerzähler unterscheidet sich nur durch die Einfassung aus schwarzem Klavierlack von dem der 350er. Das zweite Rundinstrument im Cockpit beherbergt den Turn-by-Turn Navigator, den es in der Meteor 350 (mittlerweile) nur gegen Aufpreis gibt. Mit zugehöriger App verbindet sich das Smartphone mit dem Motorrad und erlaubt eine auf Google Maps basierende Pfeilnavigation. Etwas versteckt hinter einer Abdeckung auf der linken Seite des Motorrads, verbergen sich Boardwerkzeug und der schnelladefähige USB-Port.

Auch die Drehregler links und rechts am Lenker die zum Starten bzw. für die Einstellungen des Lichts dienen kennt man so aus der 350er, ihre Fassungen aus avonisiertem Aluminium hingegen sind neu. Die letzte Gemeinsamkeit mit der kleinen Meteor ist der indische Reifenhersteller CEAT auf den Royal Enfield bei beiden Modellen setzt. Die Pneus werden dabei in enger Kooperation zwischen Reifen- und Motorradhersteller für das jeweilige Modell entwickelt und angepasst. Aufgrund der bereits erwähnten Umstände kann ich auch hierzu lediglich ihre Unauffälligkeit bestätigen. Nässe- und Kurvenperformance müssen an anderer Stelle getestet werden.

Wie reist es sich auf der Super Meteor? Ergonomie, Platzverhältnisse, Soziustauglichkeit, Windschutz

Die Super Metor 650 erhebt den Anspruch, das beste Strassen-Reisemotorrad von Royal Enfield zu sein. Entsprechend grosses Augenmerk wurde auf eine gelungene Ergonomie gelegt. Mit meiner Grösse von 1,87 Metern fühle ich mich im Sattel des Cruisers sehr wohl, ein Gefühl, dass mir nicht jedes Motorrad dieser Klasse vermittelt. Noch besser als der optisch gelungenere zweiteilige Standardsitz, passt sich die Touringsitzbank an die Bedürfnisse Weltreisender an, leider erinnert ihre Form an die enormen King&Queen-Sitzbänke japanischer Softchopper der 90er Jahre. Die 10 mm mehr Sitzhöhe (750 statt 740 mm) fallen kaum ins Gewicht, ein richtiger Gamechanger ist die Touringbank allerdings im Zweipersonenbetrieb. Der Sozia stehen 70% Sitzfläche als bei der Standardvariante zur Verfügung. Hier hebt sie sich deutlich von der Konkurrenz in dieser Klasse ab. Bis dato ist leider nicht bekannt wie hoch die maximale Zuladung der Super Meteor 650 liegt, ausreichend Platz für zwei ausgewachsene Menschen böte sie jedenfalls.

Der Kniewinkel für den Fahrer ist cruisertypisch entspannt, auch in der zweiten Reihe lässt es sich aushalten. Die Breite des Lenkers ist gut gewählt, Brems- und Kupplungshebel sind einstellbar, die Spiegel - gleich ob die serienmässig verbauten oder die coole Lenkerendvariante - bieten gute Sicht nach hinten. Der Tank bietet aufgrund seiner breiten Bauform einen guten Knieschluss. Im Zubehör sind klassische Hartschalen-Seitenkoffer im Baggerstil erhältlich die 35 Liter Stauvolumen bieten.

Eine wohl unlösbare Aufgabe hat man auch bei der Super Meteor nicht entschlüsseln können und zwar den für jeden passenden Wind- und Wetterschutz zu finden. Der eigens im Windkanal entwickelte Windschild hat zwar einen Schlitz, um Verwirbelungen zu minimieren, er ist allerdings nicht höhenverstellbar. Dadurch trifft der Windstrom bei grösseren Piloten in einem ungünstigen Winkel auf den Helm. Selbst beim vortrefflich leisen Arai Quantic und mit meinem Mass-Gehörschutz von Neuroth entstehen dadurch bei konstant höheren Geschwindigkeiten unangenehme Windgeräusche. Meine Empfehlung lautet daher entweder auf das grössere Windschild aus dem Zubehör zurückzugreifen oder gänzlich auf den Windschild zu verzichten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Royal Enfield im Ergonomiekapitel richtig gut gearbeitet hat, das gilt im Übrigen gleichermassen für kleinere Piloten, für die der Windschutz der Scheibe zudem besser funktioniert. Bei Langstrecken kommt der Standardsitz jedoch an seine Grenzen.

Varianten, Farben und Individualisierungsmöglichkeiten der Super Meteor 650

Die Super Meteor 650 wird in zwei grundsätzlichen Varianten als "Solo-Tourer" und "Grand-Tourer" auf den Markt kommen. Erstere wird in fünf Farben erhältlich sein - Astral Black, Astral Blue, Astral Green, Interstellar Grey und Interstellar Green, zweitere gibt es in den klassischeren Designs Celestial Red und Celestial Blue.

Wem das noch nicht genug ist, der kann auf das umfangreiche Angebot an Originalzubehör (LINK RE-Homepage) zurückgreifen. Den (Kombinations-)Möglichkeiten sind dabei von den bereits erwähnten Lenkerendspieglen (klare Empfehlung!), über Deluxe-Fussrasten, bis hin zu einem anderen Felgensatz beinhaltet, keine Grenzen gesetzt. Solo-Fahrer können sich statt des Soziussitzes einen Alu-Gepäckträger montieren, der der Super Meteor einen stylischen Auftritt verleiht.

Royal Enfield Super Meteor 650 Preis und Verfügbarkeit

Wie heisst es so schön: Das Beste kommt zum Schluss! Dieser Spruch bewahrheitet sich bei der Royal Enfield Super Meteor gleich doppelt. Zum einen wird sie bereits ab März 2023 bei den Händlern stehen, zum anderen ist das aufgerufene Preis mit 7.890 Euro (bzw. 8.090 Euro für die Varianten Interstellar und 8.390 Euro für die Varianten Celestial) in Deutschland hinsichtlich des Gebotenen eine echte Ansage. Für Österreich und die Schweiz stehen die Preise noch nicht fest. Aktuelle Angebote zur Royal Enfield Super Meteor 650 in eurer Nähe (Link) finden sich natürlich wie gewohnt am 1000PS Marktplatz.

Fazit: Royal Enfield Super Meteor 650 2023

Vollmundig hat Royal Enfield sein neues Flaggschiff Super Meteor genannt und siehe da, die sympathische 650er ist tatsächlich ein grosser Wurf. Die Konkurrenz muss sich künftig warm anziehen, um hier mitzuhalten. Der indische Traditionshersteller hat bewährte Stärken genutzt und bei diesem Cruiser nicht nur hinsichtlich Look & Feel einen Gang zugelegt. Die hübsche Super Meteor 650 ergänzt das Portfolio logisch nach oben und wird viele Käufer glücklich machen.


  • ausgewogenes Motorrad
  • stimmiger Motor
  • wertige Haptik
  • Connectivity Serie
  • hochgeschwindigkeitsstabil
  • kraftvoller LED-Scheinwerfer
  • Preis-Leistung top
  • Seriensitzbank auf langen Strecken strapaziös
  • Windschild für Grossgewachsene unterdimensioniert

Bericht vom 16.01.2023 | 63'677 Aufrufe

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