Ducati V4 Rally, BMW GS Adventure und Triumph Tiger 1200 Explorer
Was können die 30 Liter-Fässer im engsten Winkelwerk?
Elendslange Etappen, viel Komfort und vielleicht sogar Geländeausflüge - da gibt es keine besseren Bikes als die drei dicken Dampfer mit 30 Liter-Fässern! In den engen Alpen, vor allem am Stilfser Joch herrschen aber andere Gesetze. Wie schlagen sich die Adventure-Topmodelle von BMW, Ducati und Triumph?
Grosse Adventure-Bikes wie die BMW R 1250 GS, Ducati Multistrada V4 oder Triumph Tiger 1200 sind an Praktikabilität kaum zu überbieten. Von weiten Strecken über Landstrassenspass bis zu gelegentlichen Geländeeinsätzen ist nahezu alles möglich. Wer dann noch einen Schritt weiter gehen möchte, greift zu den jeweiligen Topmodellen BMW R 1250 GS Adventure, Ducati Multistrada V4 Rally oder Triumph Tiger 1200 GT Explorer, die neben noch umfangreicheren Ausstattungen jeweils riesige 30 Liter-Tanks gemeinsam haben.
Die dicken Brummer lassen sich teilweise sogar handlich bewegen!
Das erhöht klarerweise die Reichweite enorm, treibt aber auch das Gewicht der Dampfer in die Höhe, mit ordentlichen 268 Kilo laut Werk ist die BMW die Schwerste der drei, die Ducati mit 260 Kilo und die Triumph mit 255 Kilo wiegen aber auch nur marginal weniger. Nun ist allseits bekannt, dass sich solche Reiseenduros grundsätzlich ja dank der aufrechten Sitzposition in Kombination mit breiten Lenkern erstaunlich agil und teilweise sogar handlich bewegen lassen. In den Alpen, vor allem am speziellen Stilfser Joch mit seinen unzähligen engen Kehren stossen aber auch diese Maschinen an ihre Grenzen - die eine früher, die andere später.
Die BMW R 1250 GS Adventure am Stilfser Joch
Die BMW R 1250 GS ist, so sehr es viele Skeptiker auch stören mag, eine perfekte Maschine für die Alpen. Der niedrige Schwerpunkt des Boxermotors, die längs verbaute Kurbelwelle, die aufrechte Sitzposition und das mächtige, aber gut kontrollierbare Drehmoment von ganz weit unten sind nun mal eine Macht in engsten Kehren. Die Adventure-Version hat zwar bei mehr Gewicht auch noch eine höhere Sitzbank, was vor allem beim Wenden oder Rangieren eine entscheidende Erschwernis darstellt, in Sachen Fahrleistungen hat der Motor aber auch in der grossen GS Adventure so viel Punch, dass man es unfassbar krachen lassen kann. Da fehlt es definitiv nicht an Power, die nochmals 34 PS stärkere Ducati Multistrada V4 Rally geht kaum heftiger ans Werk. Die Bremse ist auch nur im direkten Vergleich auf der Ducati besser, die Anlage der BMW ist jedenfalls standfest und ausgezeichnet dosierbar. Weshalb die BMW R 1250 GS Adventure so viele Fans hat, konnte ich schliesslich auf einer längeren Etappe feststellen: Einen dermassen guten Wind- und Wetterschutz bieten sonst nur die ganz dicken Tourer, die weitaus weniger universell nutzbar sind.
Die Ducati Multistrada V4 Rally in den Alpen
Die normale Ducati Multistrada V4 S gewann bereits zwei Mal das Alpenmasters, die Rally steht ihr aus den gleichen Gründen nach, wie es die grosse BMW GS Adventure gegenüber der normalen GS tut. Die Sitzbank der Rally-Multi ist härter und höher und der Schwerpunkt wandert bei noch höherem Gewicht nach oben - für mich persönlich war es echt schon schwierig, die Ducati zu wenden. Erst mal in Fahrt ist sie jedoch wieder eine echte Multi V4: Die 170 PS schieben endlos an, da freut man sich schon richtig auf etwas längere Geraden zum Auswinden! In den Kehren benimmt sich das Triebwerk anständig, wenn auch im niedrigen Drehzahlbereich ein wenig Ruckeln in Kauf genommen werden muss. Neben der umfangreichen Elektronik-Ausstattung ist vor allem die Bremse ein absoluter Hammer - selbst beim härtesten Anbremsen bleibt die schwere Fuhre stabil und wird höchst souverän verzögert.
1000PS gemeinsam mit MOTORRAD in den Alpen
Unsere Tests in den Alpen entstanden im Zuge des Alpenmasters 2023 unserer Partnerzeitschrift MOTORRAD. Im Tauschgeschäft mit unseren Videofähigkeiten bekamen wir einen Grossteil der Motorräder zur Verfügung gestellt und dürfen auch auf Testergebnisse der MOTORRAD-Crew zurückgreifen - denn Messwerte ergänzen subjektive Einschätzungen.
Die Triumph Tiger 1200 GT Explorer in den engen Kehren
Die strassenorientierte Version der Triumph Tiger 1200 Explorer-Reihe (es gibt auch eine Tiger 1200 Rally Explorer) macht ihre Sache sehr gut - vor allem für alle, die keine BMW und keine Ducati wollen. Der Motor ist nämlich die goldene Mitte zwischen Zwei- und Vierzylinder, der mit einem Hubzapfenversatz in Richtung Zweizylinder getrimmt wird. Dadurch geht der Klang in Richtung Zweizylinder, während das Drehverhalten mit mehr Dampf bei höheren Drehzahlen wiederum typisch Dreizylinder ist. Die Sitzposition scheint im ersten Augenblick wegen des schmäleren Lenkers gegenüber den beiden Konkurrentinnen gewöhnungsbedürftig, allerdings fühlt man sich auch auf der grossen Tiger GT Explorer sehr schnell daheim. Dank ihrer umfangreichen Ausstattung und dem, in diesem Vergleich (ausstattungsbereinigt) niedrigsten Preis darf die Triumph als Preis-Leistungs-Tipp gesehen werden!
McGregors Meinung zu den 30 Liter-Enduros im Vergleich:
Die drei dicken Reiseenduros sind sich am Papier sehr ähnlich, fahren sich durch die unterschiedlichen Motorenkonzepte aber sehr verschieden. Die Triumph Tiger 1200 GT Explorer ist die klassische, gemütliche Langstrecken-Reisemaschine und fährt sich am trägsten. Dafür bietet sie die meiste Ausstattung bei gleichzeitig niedrigstem Preis. Die BMW R 1250 GS Adventure lässt sich mit ihrem bewährten Boxer-Motor und niedrigem Schwerpunkt sehr unproblematisch durch die engen Kehren des Stilfser Jochs führen. Für eine tourentaugliche Ausstattung müssen aber verdammt viele Häkchen im Konfigurator gesetzt werden. Grösste Überraschung für mich war die Ducati Multistrada V4 Rally, die es schafft trotz 30 Liter Tanks ihr agiles Fahrverhalten beizubehalten und sich auch in der grossen Version sauber durch die Kurven dirigieren lässt. Erst beim Rangieren merkt man das hohe Gewicht.
VAULI
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Fazit: BMW R 1250 GS Adventure 2023
Die grosse GS Adventure ist und bleibt ein grossartiges Motorrad für jegliches Geläuf - auch für enges Winkelwerk. Der niedrige Schwerpunkt des Boxermotors, die längs verbaute Kurbelwelle, die aufrechte Sitzposition und das mächtige, aber gut kontrollierbare Drehmoment von ganz weit unten sind nun mal eine Macht. Die Adventure-Version hat zwar bei mehr Gewicht auch noch eine höhere Sitzbank, was vor allem beim Wenden oder Rangieren eine entscheidende Erschwernis darstellt, in Sachen Fahrleistungen hat der Motor aber auch in der grossen GS Adventure so viel Punch, dass man es unfassbar krachen lassen kann. Die Bremsanlage der BMW ist standfest und ausgezeichnet dosierbar und die Ausstattung sowie die Elektronik können ordentlich aufgerüstet werden - sofern man die Häkchen bei der Bestellliste ankreuzt. Das treibt den Preis natürlich in die Höhe, die vielen Fans der dicken GS Adventure stört das aber offensichtlich nicht.- drehmomentstarker Motor der aus dem Drehzahlkeller stark beschleunigt
- tiefer Schwerpunkt sorgt für überraschend zugängliche Manövrierfähigkeit
- praktische Details für Vielfahrer an Bord
- gigantische Reichweite von 600 km
- erstaunlich niedriger Verbrauch
- guter Wind- und Wetterschutz
- toller Fahrkomfort
- kräftiger Motor
- tolle Elektronik
- gut ablesbares Display
- souveränes Gefühl im Sattel
- praxistaugliche Fahrhilfen
- tolle Ergonomie für grosse Menschen
- hohes Gewicht
- Schaltvorgänge bei tiefen Drehzahlen etwas hakelig
- zerklüftete Optik mit wenig Eleganz
- in Vollausstattung hochpreisig
VAULI
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Fazit: Triumph Tiger 1200 GT Explorer 2023
Ein schlauer Schachzug der Briten - im Segment der grossen Reiseenduros gibt es nicht viel Konkurrenz mit einem so riesigen Spritfass! Die GT Explorer überzeugt mit ausgeprägter Agilität und dank dem charaktervollen Dreizylinder auch mit Power und Souveränität in jeder Lebenslage. Ihr grosser Vorteil ist neben der tollen Mischung aus Sportlichkeit und richtig viel Komfort auf der langen Reise, wo man sich dank Kardan-Antrieb auch die lästige Kettenpflege spart, auch ihr vergleichsweise moderater Preis. Die Tiger 1200 GT Explorer muss sich also keineswegs vor ihren Mitstreiterinnen verstecken und hat für all jene, die auf den herrlichen Dreizylinder-Motor stehen, das Zeug zur perfekten Reiseenduro.- souveräner Motor
- hochwertiges Elektronikpaket
- semiaktives Fahrwerk regelt fein
- üppige Serienausstattung
- Langstreckenkomfort
- hervorragender Wind- und Wetterschutz
- Kardanantrieb
- geringfügige Lastwechselreaktionen
VAULI
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Fazit: Ducati Multistrada V4 Rally 2023
Die Ducati Multistrada V4 Rally ist ein faszinierendes Reisemotorrad. Sie fühlt sich bei sportlicher Fahrweise ebenso wohl wie bei gemütlicher Fahrt über Schotterpisten. Sie deckt einen breiten Einsatzbereich ab und ist mit den hochwertigsten Zutaten ausgestattet. Sie bietet tollen Fahrkomfort bei jedem Reisetempo.- tolles Fahrverhalten
- grossartige Bremsen
- faszinierender, beeindruckend sportlicher Motor
- Motorleistung durch grandioses Ansprechverhalten wunderbar zu dosieren
- angenehme Sitzposition
- Tempomat mit Radarsystem
- toller Windschutz
- gute Stabilität auch bei hohen Geschwindigkeiten
- umfangreiches Elektronikpaket
- sehr breiter Einstellbereich sämtlicher Komponenten und Systeme
- sehr vielseitig einsetzbar
- immer noch überdurchschnittlicher Verbrauch
- hohes Gewicht
- ordentlicher Preis
Bericht vom 12.07.2023 | 22'446 Aufrufe