Fantic Caballero 700 - Test in den Alpen 2023

Der perfekte Scrambler für die engen Kehren?

Das Gewicht der Fantic Caballero 700 ist angenehm niedrig, das Handling funktioniert über den breiten Lenker einfach und die Leistung geht mit 75 PS für enges Winkelwerk voll in Ordnung - aber reicht das, um in den Alpen mit den vielen engen Kehren ordentlich Spass zu haben?

Wenn die Strassen richtig eng und verwinkelt werden, hat schiere Leistung in der Regel nichts mehr auszurichten - denn Maschinen mit mächtig Leistung wiegen meistens auch mehr und sind dadurch unhandlicher. Moderne Maschinen wie etwa erstaunlich einfach bewegbare Hyper-Naked Bikes vom Schlage der BMW M 1000 R und Ducati Streetfighter V4 S (Hier geht´s zum Test der beiden Hyper Hyper-Nakeds in den Alpen) widerlegen diese These zwar eindrucksvoll, wirklich schneller als eine Fantic Caballero 700 sind sie aber im engsten Strassengewirr in den Alpen auch nicht.

Die Italiener begehen bei der Fantic Caballero 700 einen schlauen Stilbruch

Denn die behände Italienerin besitzt Zutaten, die ein einfaches - und noch viel wichtiger - spassiges Fahrverhalten garantieren. Da wäre mal der Motor, wer aufgrund des klingenden traditionellen Namens eine Eigenkonstruktion von Fantic erwartet, liegt gewaltig daneben. Denn die Italiener begehen einen schlauen Stilbruch - das Parallel-Zweizylindertriebwerk mit 689 Kubik Hubraum stammt aus Japan und hört auf den Namen CP2. Ja genau, den Motor krallt sich die Caballero 700 von der Yamaha MT-07 und dementsprechend agil und quirlig geht die Fantic mit ihren 188 Kilo fahrfertig (Werksangabe) an die Arbeit. Auf mich persönlich wirkt das Triebwerk in der MT-07 sogar noch antrittsstärker, aber selbst wenn die extravagante, an der Seite hochgezogene Auspufflösung etwas Drehfreude kostet, bleibt immer noch genug übrig, um eine Menge Spass zu haben.

Motorleistung Fantic Caballero 700
Die Fantic Caballero 700 im direkten Vergleich mit ihrer Konkurrentin Ducati Scrambler Icon

Das Handling der Fantic Caballero 700 ist keine Themenverfehlung

Der zweite entscheidende Punkt ist das Handling, das nicht nur durch das bereits erwähnte niedrige Gewicht, sondern auch durch eine aktive, ausreichend aufrechte Sitzposition begünstigt wird. Auf einem Scrambler wäre jede andere, womöglich zu stark vorderradorientierte Sitzposition ohnehin eine Themenverfehlung, die Fantic Caballero 700 kann aber über leichte Impulse am breiten Lenker richtig gut in die engen Radien gedrückt werden.

Warum muss ein Scrambler eigentlich immer eine Einzel-Bremsscheibe haben?

Die Bremse ist für eine Einzelscheibe gut dosierbar und packt auch brav zu, zwei Scheiben würden es aber doch besser machen - ich werden nie verstehen, warum die Kategorie der Scrambler partout mit nur einer Scheibe auskommen muss. Der Retrogedanke soll erhalten bleiben? Würde mit zwei Scheiben gewiss nicht schlechter aussehen. An der Optik gibt es wiederum überhaupt nichts zu bekritteln, die Form der Caballero 700 passt ausgezeichnet. Rundscheinwerfer, rundes Instrument und das kleine runde Rücklicht entsprechen voll dem Scrambler-Gedanken, die fette goldene 45er-Marzocchi USD-Gabel ist nicht nur massiv, sondern bietet mit 150 Millimeter Federweg auch ausreichend Reserven, beim hinteren Mono-Federbein sind es ebenfalls 150 Millimeter.

Messwerte der Fantic Caballero 700
Die Fantic im direkten Vergleich mit ihrer Konkurrentin Ducati Scrambler Icon

1000PS gemeinsam mit MOTORRAD in den Alpen

Unsere Tests in den Alpen entstanden im Zuge des Alpenmasters 2023 unserer Partnerzeitschrift MOTORRAD. Im Tauschgeschäft mit unseren Videofähigkeiten bekamen wir einen Grossteil der Motorräder zur Verfügung gestellt und dürfen auch auf Testergebnisse der MOTORRAD-Crew zurückgreifen - denn Messwerte ergänzen subjektive Einschätzungen.

Die Reifen der Fantic Caballero 700 verhindern ein besseres Handling - sehen aber supercool aus!

Und sogar die Reifen haben sich optisch ganz dem Stil der Geländetauglichkeit verschrieben, der Pirelli Scorpion Rally STR hat ordentlich Profil, die Gummimischung liefert aber auch am Asphalt eine gute Vorstellung ab. Lediglich die Reifendimensionen passen zwar mit 110/80-19 vorne und 150/70-17 hinten ausgezeichnet zum Scrambler-Auftritt, das Handling wäre mit einem 17-Zöller vorne aber gewiss noch agiler. Dieser Kompromiss geht aber wegen der wirklich gelungenen Optik voll in Ordnung und von unhandlich ist die Caballero 700 ja ohnehin weit entfernt.

Bild von Vauli
Vauli

"Die Zutaten der Fantic Caballero 700 passen also wirklich gut in die Alpen: Ein quirliger Motor, ein angenehm einfaches Handling und eine gemütliche Sitzposition, die auch bei längerer Anreise keinen krummen Rücken verursacht. Die Einzelscheibenbremse wäre im Doppelpack zwar bestimmt besser, packt aber auch als lonely Ranger herzhaft und gut dosierbar zu. Die große 19 Zoll Reifendimension verhindert zwar ein noch agileres Umlegen, Fantic tut dennoch gut daran, in diesem Kapitel den Scrambler-Look der Funktion vorzuziehen. "

Bild von McGregor
McGregor

"Der überaus gelungene und vielseitige CP2-Motor ist auch in der Fantic Caballero 700 ein gutes Herzstück. Druckvoll und mit schönem Klang untermauert kommt der Scrambler vom Fleck und kann durch sein gut abgestimmtes Fahrwerk punkten. Im Winkelwerk macht sich das große 19-Zoll Vorderrad bemerkbar, da braucht es etwas stärkere Impulse beim Einlenken. Dafür kann die Caballero damit auch ernsteres Gelände angehen, als viele andere Scrambler-Motorräder. Die Bremsen könnten für die flotte Kurvenfahrt auch etwas fester zubeißen, doch im Grunde ist die Fantic Caballero eine sehr schicke und vielseitige Maschine, die das Scrambler-Konzept besser und glaubwürdiger verkörpert, als so manche teurere Maschine im Segment."

Sound der Fantic Caballero 700
Beim kernigen Sound ist bei der Fantic Caballero 700 alles im grünen Bereich.

Fazit: Fantic Caballero 700 2023

Die Fantic Caballero 700 ist eine kleine Mogelpackung - aber eine richtig schlaue! Der Motor der feschen Italienerin stammt nämlich aus Japan und treibt dort als CP2 bekannt, Erfolgsmodelle wie die MT-07 oder Tenere 700 an. Dementsprechend agil und quirlig geht die Fantic mit ihren 188 Kilo fahrfertig ans Werk. Dazu ein angenehm einfaches Handling und eine gemütliche Sitzposition gepaart mit einer hinreissend authentischen Optik - fertig ist der richtig gute Scrambler. Da die Reifen grundsätzlich gut funktionieren und lediglich das grössere 19 Zoll-Vorderrad ein noch agileres Handling verhindert, geht auch hier das Festhalten am Scrambler-Stil voll in Ordnung.


  • agiler und zuverlässiger CP2-Motor von Yamaha
  • bequeme Sitzposition
  • gute, alltagstaugliche Pirelli-Bereifung
  • hinreissend authentische Scrambler-Optik
  • Kurven-ABS
  • Nur eine Einzelscheibenbremse vorne
  • Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage

Bericht vom 19.07.2023 | 52’140 Aufrufe