MV Agusta Superveloce 1000 Serie Oro Test

Exklusive Augenweide im Wert von über 80.000 Euro

Tatort Varese: Es wird ernst, ich darf wirklich ran! Ein unfassbarer Testtag im Sattel der MV Agusta Superveloce 1000 Serie Oro.

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Die Lombardei - ein Motorradeldorado

Der Lago di Varese, gelegen in der Lombardei im Norden Italiens, ist ein wahres Paradies für Motorradfahrer. Die malerische Landschaft, die kurvenreichen Strassen und die atemberaubenden Ausblicke machen diese Region zu einem Muss. Seit den 90er Jahren werden auch die Kunstwerke von MV Agusta hier direkt am Seeufer gefertigt. Genau hier beginnt auch meine Ausfahrt mit der Superveloce 1000 Serie Oro. Die Test-Route verläuft am Ufer des Ortasees entlang und dann weiter auf den Monte Mottarone, ich habe sie euch auf Calimoto mitgetrackt.

Der Monte Mottarone erhebt sich majestätisch zwischen dem Lago Maggiore und dem Ortasee. Mit einer Höhe von 1.491 Metern bietet er eine der besten Aussichten in der gesamten Region. An klareren Tagen, als an unserem Testtag, kann man von seinem Gipfel aus bis zu den 4000ern der Alpen im Norden und die sich ausbreitende Po-Ebene im Süden sehen und es führt eine asphaltierte Strasse bis ganz nach oben. Sie windet sich in unzähligen Kurven den Berg hinauf und bietet dabei immer wieder beeindruckende Ausblicke auf die umliegende Landschaft. Die Strecke ist abwechslungsreich und fordert sowohl Fahrer als auch Maschine. Die Serpentinen und Haarnadelkurven bieten zwar nicht die perfekte Umgebung, die Stärken der MV Agusta Superveloce 1000 Serie Oro auszukosten, aber eine Gelegenheit, die offenbart, ob sich der Nobelhobel auch im Alltag gut bewegen lässt.

Optik der MV Agusta Superveloce 1000 Serie Oro

Die MV Agusta Superveloce 1000 Serie Oro ist nicht nur ein Motorrad, sie ist ein Traum auf zwei Rädern. Schon beim ersten Anblick beschleicht einen das Gefühl: Hier hat MV Agusta etwas ganz Besonderes geschaffen. Die Winglets, ansonsten teils lieblos angeflanscht, sind ein integraler Bestandteil des Designs. Im Interview mit Chefdesigner Stephane Zach habe ich ihn auf die besondere Formensprache, die mich an die Luftfahrt erinnert, angesprochen. Er erwiderte, dass er diese Assoziation öfters hört, bei der Entwicklung des Projekts aber eigentlich auf MV Agustas reiche Geschichte zurückgeblickt hat, insbesondere auf die Ära von Tamburini. Er betont, dass die das Fahrzeug dominierenden Winglets nicht nur ein Trend sind, sondern in diesem Motorrad auch eine ganz klare Aufgabe haben. Beim Durchstöbern der MV Agusta Geschichtsbuch fand er Inspiration in den GP500-Modellen, die bereits in den 70er Jahren Winglets nutzten, wenn auch nur für zwei Runden in Spa. Danach mussten die ersten Winglets der Renngeschichte wieder weichen, da die Motoren nicht ausreichend kräftig waren.

Kann die Ausstattung auf höchstem Niveau im auch Alltagstempo überzeugen? Fahrwerk und Fahrmodi

Hier möchte ich vorausschicken, dass der Horvath schon einen sehr übersichtlichen Vorstellungsbericht zur Superveloce 1000 Serie Oro verfasst hat, auf den ich hiermit verweise. In den folgenden Zeilen möchte ich auf das Fahrverhalten in der Praxis auf der Landstrasse eingehen. Aus Respekt, Ehrfurcht und mangelnder finanzieller Ausstattung im Fall des Falles war ich dabei verglichen mit dem Potential der Superveloce 1000 im Bummeltempo unterwegs. Auf öffentlichen Strassen lässt sich so eine Rakete ohnehin nicht am Limit bewegen. Es folgt demnach ein Alltagstest.

Das semi-aktive Öhlins-Fahrwerk ist auch in der Superveloce 1000 Serie Oro ein wahres Gedicht. Die Abstimmung erfolgt grundsätzlich analog zu den vier Fahrmodi. Im Modus Custom lassen sich dann noch alle Parameter individuell anpassen, sollte man mit den Voreinstellungen nicht glücklich werden. Auf den Landstrassen entlang unserer Strecke war ich mit dem Sport-Modus stets gut bedient. Die Superveloce Mille bietet ein unglaublich direktes Gefühl fürs Vorderrad. Man hat das Gefühl, eins mit der Strasse zu sein. Gleichzeitig verfügt man durch die Elektronik in jeder Situation noch über mehr Restkomfort als bei herkömmlich einstellbaren Fahrwerken wie bei der Superveloce 800 S, die ich am Vortag sozusagen zur Einstimmung bewegen durfte.

Die Fahrmodi Rain, Sport, Race und Custom lassen keine Wünsche offen. Der Rain-Modus sorgt für sanftes und sicheres Fahren bei Regen, während der Sport-Modus die perfekte Balance zwischen Power und Komfort bietet. Im Race-Modus zeigt die Superveloce ihr volles Potenzial. In der Praxis ist der Sportmodus ideal, die Gasannahme im Modus Race gehört namensrecht eher auf die Rennstrecke. Auf einem Verbindungsstück auf der Tangenzialautobahn sticht mich dann doch der Hafer: Ab 150 km/h beginnt das wahre Vergnügen. Das Motorrad fühlt sich unglaublich stabil an, und das Luftpolster an der Brust trägt einen förmlich. Die sportliche Sitzposition macht Lust auf Geschwindigkeit, besonders auf den kurvigen Abschnitten der Autostrada. Man spürt, dass dieses Motorrad für hohe Geschwindigkeiten gebaut wurde. Der Testfahrer, der mich durch die Lombardei leitet, verrät mir beim Mittagessen, dass er am Oval in Nardo bei 305 km/h die Linke vom Lenker genommen und dem Produktchef ein Foto geschickt hat. Das Thema Stabilität wird bei MV Agusta also ernst genommen.

Ein besonderes Highlight ist die anpassbare Schwinge an der MV Agusta Superveloce Serie 1000 Oro. Zwei verschiedene Positionen können genutzt werden, um entweder mehr Druck aufs Vorderrad und damit mehr Kontrolle über die Front oder mehr Druck aufs Hinterrad und damit eine bessere Traktion beim Beschleunigen zu erhalten. Adaptierbar sind die beiden Einstellungen in wenigen Minuten über eine wendbare Aluplatte links am Bike.

Supersportler mit 208 PS im Alltag: Hitzeentwicklung, Komforteinbussen, Wendekreis

Um nicht zu sehr in Lobhudelei zu verfallen, möchte ich auch auf Schwächen der MV hinweisen. Zum einen ist die Hitzeentwicklung bei niedrigen Geschwindigkeiten nicht von schlechten Eltern, zum anderen ist der Wendekreis, wie bei allen MV Agustas mit Ausnahme der Enduro Veloce, mit dem eines mittelgrossen Reisebus zu vergleichen. Das bezaubernd schöne Gestühl aus Alcantara und Leder mit abgesteppten Nähten, auf dem ich Platz nehmen durfte, überzeugt auch eher durch die hochwertige Optik als durch langstreckentauglichen Komfort.

Motor und Sound: eine italo-slowenische Arie aus vier Titan-Endtöpfen

Eines gleich vorweg: Die Superveloce 1000 Serie Oro erfüllt nur die Euro 5 und nicht die noch strengere Euro 5+ Norm. Dennoch ist es unglaublich wie befreit die eigens vom Spezialisten Akrapovic für die 1000er entwickelte Titan-Auspuffanlage ihren herrlichen Sound zum besten geben darf. In tiefen Drehzahlen lauscht man einem potenten Bollern, das in der Mitte ein kerniges Vibrato entfaltet und im 5-stelligen Bereich in einem melodischen Kreischen gipfelt.

Analog zur optischen Untermalung lässt sich auch der Druck im Sattel erleben, den einem das Vierzylinderaggregat beschert. Kraft genug steht prinzipiell immer zur Verfügung, es gibt kaum mechanische Geräusche. In extrem engen Kehren, wie sie am Mottarone vorzufinden waren, muss man jedoch selbst im ersten Gang etwas Geduld mitbringen bis sich der Reihenvierer aus dem Drehzahlkeller erhebt. Doch dann geht's dahin! Rasch jagt die digitale Drehzahlnadel nach oben und der Vortrieb wird dank 16 radialer Titanventilen und DLC-beschichteter Nocken immer vehementer. Über 10.00 Touren entfesselt sich dann ein Feuerwerk, dass auch in Zeiten der omnipräsenten V4-Aggregate atemberaubend ist und erst bei 14.000 Touren gipfelt.

Die Motorelektronik ist auf dem neuesten Stand. Die achtstufige Traktionskontrolle arbeitet selbstverständlich schräglagenabhängig, die Gasanahme per ride-by-wire ist sauber abgestimmt. Die Launch Control auszuprobieren, habe ich als Frevel erachtet. Das sollen die glücklichen Besitzer selbst erproben. Überraschend: Die Superveloce 1000 hat einen intuitiv zu bedienenden Tempomat an Bord.

Potente Bremsen und eigens kreierte Reifen an der Superveloce 1000 Serie Oro

Das Bremssystem von Brembo ist absolut erstklassig. Die 320-mm-Vorderradscheiben und die radial montierten Stylema-Sättel sorgen für eine kraftvolle und präzise Bremswirkung. Hier entspricht die Performance punktgenau dem Einsatzzweck dieses Highspeed-Strassensportlers. Als Referenz aus der Automobilwelt hat man bei MV Agusta Porsches GT3 im Blick. Ein unfassbar schnelles Fahrzeug mit einem brauchbaren Rest an Praxisnutzen. Die speziell für die Superveloce entwickelte Version des Pirelli Diablo Supercorsa SP V4 Reifens mit rotem Streifen an der Flanke verleiht dem Motorrad einen zusätzlichen Hingucker.

Fazit: MV Agusta Superveloce 1000 Serie Oro 2024

Die MV Agusta Superveloce 1000 Serie Oro ist mehr als nur ein Motorrad. Sie ist ein Statement, eine Liebeserklärung an Design und Performance, sie ist mit ihrer limitierten Auflage von nur 500 Einheiten ein Sammlerstück und bestimmt ein Klassiker von Morgen. Es bleibt zu hoffen, dass einige künftige Eigentümer sie auch tatsächlich auf der Strasse bewegen. Mit viel Glück bekommt man dann eine in der freien Wildbahn zu Gesicht. Augen offen halten!


  • gigantischer Sound
  • edle Materialien
  • perfekte Verarbeitung
  • hohe Exklusivität
  • überraschend viel Restkomfort
  • herausragende Stabilität
  • enorme Performance
  • in Handarbeit in Italien produziert
  • Einschlag segmenttypisch gering
  • Hitzeentwicklung bei niedriger Geschwindigkeit

Bericht vom 24.07.2024 | 16’524 Aufrufe

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