Testbericht MV Agusta Dragster 800 RR SCS 2024
Wie gut ist das Hooligan-Bike von MV Agusta in der Praxis?
Die MV Agusta Dragster 800 RR SCS ist ein brachiales Meisterwerk italienischer Ingenieurskunst – aggressiv, einzigartig und vollgepackt mit innovativer Technik. Wie fährt sie sich?
Features und Ausstattung der Dragster 800 RR SCS
Die MV Agusta Dragster 800 RR SCS ist ein Motorrad, das mit einer beeindruckenden Palette an Features aufwarten kann. Ausgestattet mit einer Recluse-Kupplung, die vor allem im Offroad-Bereich bekannt ist, ermöglicht dieses System das Anfahren ohne den Einsatz der Kupplung, was dem Fahrer ein Scooter-ähnlich einfaches Fahrerlebnis bietet. Zudem verfügt die Maschine über einen Quickshifter, der ein schnelles Schalten ohne Kupplungsbetätigung ermöglicht. Weitere technische Highlights sind eine Anti-Wheelie-Kontrolle, eine mehrstufig einstellbare Traktionskontrolle, verschiedene Fahrmodi, ein Tempomat und eine Launch-Control. All diese Funktionen sind über ein 5,5 Zoll grosses TFT-Display steuerbar, das jedoch aufgrund seiner relativ breiten schwarzen Balken optisch kleiner wirkt, als es tatsächlich ist.
Einen kleinen Augenblick bitte,
die technischen Daten werden geladen...
Optik und Design der MV Agusta Dragster 800 RR SCS
Das Design der Dragster 800 RR SCS ist eine gelungene Mischung aus Aggressivität und Eleganz. Besonders auffällig ist der breite 200er Hinterreifen, der mit einer eleganten Carbon-Abdeckung versehen ist, hier zeigt die Dragster ihre rebellischen Züge. Die wunderschöne Einarmschwinge, ein Markenzeichen von MV Agusta, fügt sich nahtlos in das Gesamtdesign ein. Die Sitzposition ist aufrecht, und der breite Lenker verleiht dem Fahrer ein dominantes Auftreten im Rückspiegel der (noch) vorausfahrenden Fahrzeuge. Das Heckdesign besticht durch seine einzigartigen Linien und die geschickte Integration der Fussrasten, die bei Nichtgebrauch fast unsichtbar sind. Fragwürdig ist die Positionierung der Spiegel an den beiden Enden des breiten Lenkers. Zum einen muss man den Blick recht weit abwenden, wenn man in den Spiegeln etwas erkennen möchte, zum anderen erschwert die grosse Gesamtbreite das Durchschlängeln im Stadtverkehr.
Bremsen der Dragster 800 RR SCS
Die Bremsanlage der Dragster 800 RR SCS ist leistungsstark und verlässlich. MV Agusta hat hier auf eine hochwertige M4.32 Brembo-Anlage mit Doppelscheibenbremsen vorne gesetzt, die ein sehr gutes Ansprechverhalten bietet. Die Bremshebel sind individuell einstellbar, was eine optimale Anpassung an den Fahrer ermöglicht. Auch wenn die Kombination mit der Nissin-Bremspumpe auf den ersten Blick unüblich ist, überzeugt sie in der Wirkung und ist für sportliche Einsätze mehr als geeignet. Auf der Landstrasse ist man folglich ausgezeichnet gerüstet damit und es geht einem nichts ab. Das Kurven-ABS bietet zudem eine Hinterrad-Abhebe Erkennung.
Motor der Dragster 800 RR SCS
Der Dreizylinder-Motor der MV Agusta Dragster 800 RR SCS leistet beeindruckende 140 PS aus 798 Kubikzentimetern und erfüllt die Euro 5-Norm, er werkt in überarbeiteter Form auch in der vollverkleideten Superveloce (S). Trotz seiner Strassenzulassung ist der Sound des Motors brachial laut, wenn man der MV die Sporen gibt, was das Fahrerlebnis noch intensiver macht. So intensiv, dass man es fast gar nicht mehr gewöhnt ist. Der Motor entfaltet seine volle Leistung erst bei hohen Drehzahlen, sodass man die Dragster ordentlich drehen muss, um das volle Potenzial zu nutzen. Tut man dies, entwickelt sich ein hohes Geräuschniveau, was auf der Landstrasse nicht jedermanns Sache ist.
Zur Reklusekupplung ist zu sagen, dass das Fahren mit diesem System nach kurzer Eingewöhnung rasch in Fleisch und Blut übergeht. Sportliche Starter an der Ampel werden sich an der Gedenksekunde stossen, die nach dem Einlegen des ersten Ganges auftritt bis die Dragster die Leistung ans Hinterrad schickt. Die spitze Auslegung des Triples verstärkt diesen Eindruck. Denen, die es ganz eilig haben, sei beim stehenden Start die Nutzung der Launch-Control ans Herz gelegt.
Fahrverhalten auf der Landstrasse der Dragster 800 RR SCS
Auf der Landstrasse zeigt die Dragster 800 RR SCS ihre wahre Stärke. Dank des breiten Lenkers und der aufrechten Sitzposition fühlt sich das Fahren sehr kontrolliert und sicher an. Je enger die Kurven im Hinterland von Varese werden, desto mehr spielt die Maschine ihre Vorteile aus, spielerisch lässt sich die Dragster von einem Radius in den nächsten werfen. Im Winkelwerk stört die Motorcharakteristik der dann etwas. Man muss in sehr niedrigen Gängen unterwegs sein, um die Leistung, die erst in der oberen Hälfte des Drehzahlbands so richtig entfesselt wird, gut auszunutzen.
Fahrwerk der Dragster 800 RR SCS
Das voll einstellbare Fahrwerk der Dragster 800 RR SCS bietet bereits im Grundsetup der hochwertigen Komponenten einen guten Kompromiss zwischen Komfort und Sportlichkeit. Die Gabel spricht fein an, und das Federbein bietet genügend Komfort, um auch längere Touren angenehm zu gestalten. Auf schlechten Strassenbelägen zeigt das Fahrwerk seine Stärken und sorgt durch das effektive Dämpfen harter Schläge für ein transparentes Fahrgefühl, ohne an Sportlichkeit einzubüssen.
Ergonomie der Dragster 800 RR SCS
Ergonomisch gesehen bietet die Dragster 800 RR SCS eine sehr angenehme Sitzposition mit einem durchaus entspannten Kniewinkel, der auch längere Fahrten komfortabel macht. Der breite Lenker unterstützt die aufrechte Sitzposition und ermöglicht eine gute Kontrolle über das Motorrad. Ein kleiner ergonomischer Nachteil ist die seitiche Ausformung links und rechts am Tank, die das Halt-Finden am Bike etwas erschwert.
Alltagsproblemchen an der MV Agusta Dragster 800 RR SCS
Wo sportliches Licht ist, findet sich meist auch alltäglicher Schatten. Der geringe Einschlag der MV führt zu einem unnötig grossen Wendekreis, was das Manövrieren etwa im innerstädtischen Bereich erschwert. Zudem entwickelt das Motorrad im Stand und bei niedrigen Geschwindigkeiten eine erhebliche Abwärme, was besonders im Sommer unangenehm sein kann. Das TFT-Display könnte bei der Gesamtgrösse der Einheit einen grösseren Durchmesser bieten. Die dicken schwarzen Balken rund um den Screen wirken etwas aus der Zeit gefallen.
Traumhafte Seen rund um Varese - Norditalien als Motorradreiseziel
Abschliessend sei noch erwähnt, dass die Gegend um Varese, in der sich auch das Werk von MV Agusta befindet, ein hervorragendes Reiseziel für Motorradfahrer darstellt. Die malerischen Strassen rund um den Lago Maggiore und den Lago di Varese bieten ideale Bedingungen für ausgedehnte Motorradtouren und lassen das Herz jedes Bikers höherschlagen. Einen besonders schönen Teil meiner Testrunde (die auch über Strecken, die die MV Agusta Testfahrer bei der Bike-Entwicklung nutzen verläuft) habe ich euch mit Calimoto mitgetrackt. Wer also die Möglichkeit hat, sollte unbedingt eine Reise nach Norditalien in Betracht ziehen, um die Schönheit der Region und das Fahrerlebnis hier - vielleicht sogar auf einer MV Agusta - zu geniessen.
POKY
Weitere Berichte
Fazit: MV Agusta Dragster 800 RC SCS 2024
Die MV Agusta Dragster 800 RR SCS ist eine würdige MV und ein Motorrad für echte Enthusiasten. Sie vereint mutiges Design, innovative Technik, agiles Handling und kraftvolle Leistung in exklusiver Handarbeit aus Italien. Praktische Schwächen, wie den grossen Wendekreis oder die starke Hitzeentwicklung vergisst man beim imposanten Schrei des Dreizylinders im Winkelwerk.- Innovatives Recluse-Kupplungssystem
- Hochleistungs-Dreizylinder-Motor mit 140 PS
- Aggressives und einzigartiges Design
- Hochwertige Brembo-Bremsanlage
- Umfassende elektronische Assistenzsysteme (Traktionskontrolle, Anti-Wheelie, Launch-Control)
- Volle Einstellbarkeit des Fahrwerks
- Exklusive Handarbeit aus Italien
- Geräuschniveau bei voller Leistungsentfaltung
- Grosser Wendekreis durch geringen Einschlag
- Hohe Drehzahlen notwendig um das volle Potenzial des Motors auszuschöpfen
- Starke Hitzeentwicklung im Stand und bei niedrigen Geschwindigkeiten
- Hoher Preis
Bericht vom 03.09.2024 | 11'005 Aufrufe