Speedweekend Salzburg

Speed-Horror am Salzburgring. Die CBR fährt im 6. in den Begrenzer.

Honda SpeedWeekend Salzburgring 2008

Hochgeschwindigkeitshorror. Die rot-weiss-rote Hölle.

Nach der Steilkurve wird nur mehr beschleunigt, bis der 6. um Gnade winselt. (Foto: Enenkel Racing)

Die schlimmsten Feinde werden oft zu den besten Freunden. Ich weiss das, ich hatte früher viele Feinde und daran war ich oft selbst Schuld. Trotz zahlreicher Fehleinschätzungen in der Vergangenheit habe ich nicht daraus gelernt und es passiert mir immer wieder, dass ich vorschnell ein Urteil fälle und damit das wahre Wesen eines Menschen oder einer Sache nicht gleich zu erkennen vermag. Schön gesagt.

Dennoch muss ich erwähnen, dass meine anfängliche Abneigung dem Salzburgring gegenüber durchaus seinen berechtigten Grund hatte. Und zwar jenen, dass ich vor 2 Jahren mit einem E-geprüften Remus Auspuff mit intaktem DB-Killer durch die Phonkontrolle fiel und die Heimreise antreten durfte, nachdem ich bereits die Anfahrt auf dem Motorrad von Eisenstadt nach Salzburg hinter mir hatte.

Die Stahlwolle-in-den-Hintern-Stopferei wollte ich meiner CBR auf alle Fälle ersparen, den Serienauspuff hatte ich leider nicht im Rucksack. (Obwohl: Serienauspuff schützt vor Strafe nicht. Heuer wurde jemand mit einer Serien-Fireblade der Zutritt zur Rennstrecke versagt. 's unglaublich.) Die Schuld ist jedoch nicht beim pflichtbewussten Mikrofonprofessor zu suchen, der sich selbst vor der endgültigen Wegrationalisierung der letzten echten Rennstrecke in Österreich ins Hemd macht, sondern bei so manch gutbürgerlichem Anrainer, dem die Strecke nach 30 Jahren jetzt doch zu laut geworden ist, oder der beim Neubau in bester Lage und Zimmer mit Aussicht nicht mit gar so viel Lärm gerechnet hat. Wäre interessant zu wissen, in wie vielen geöffneten Fenstern der umliegenden Häuser ein DB-Messgerät neben der Hauskatze steht (oder umgekehrt.)

Wer beim Motorrad nicht spart...

...muss das bei sich selbst tun.

Spektakel. Das Publikum treibt einen zu Höchstleistungen - oder zum Highsider. (Foto: Enenkel Racing)

Nie vergessen, was auf dem Spiel steht.

 
Wie dem auch sei, heuer war mit der komplett serienmässigen CBR600RR alles klar, allerdings nicht lange. Ich kannte die Strecke lediglich von ein paar Besichtigungsrunden mit KTM vor 2 Jahren, damals durften wir nur ausnahmsweise in gemässigtem Tempo rausfahren, weil es sich, glaube ich, um einen verordneten Schweigetag gehandelt hat. (Bei Nichtbeachtung wird wahrscheinlich der gesamte Ring unverzüglich gesprengt und endlich mit einem Goldplatz begrünt.) Ich betrachtete die Strecke ab sofort als ein Oval mit störender Schikane, uninteressant, einfallslos und fad. In meiner Erinnerung habe ich sämtliche Kurven ausgebügelt und sah nur noch zwei Geraden. Es sollte also keine fahrtechnischen Probleme geben, bremsen muss man wahrscheinlich eh nur zweimal und im Kreis fahren kann sowieso jeder.

Doch wie schon oft zuvor wurde ich eines Besseren belehrt. Knifflige Passagen und Wechselkurven, die saubere wie entschlossene Fahrtechnik verlangen, Bremszonen, in denen man alles auf eine Karte setzen und genauso schnell verspielen kann und schlussendlich diese ewig lange Gerade - eigentlich eine Doppel-S - auf der du so alleine bist, wie man auf einer Rennstrecke nur sein kann. Alleine mit der Entscheidung, selbst dann noch am Gas zu bleiben, wenn alle vernünftigen Stimmen und jemals gehörten guten Ratschläge in deinem Kopf einstimmig Einspruch erheben und die erbsengrossen Eier in deiner Hose nicht mehr dort sind, wo sie hingehören. Gemeinsam wollen, sei es nur für einen Augenblick, die Vollast unterbrechen. Damit der Körper wieder atme, die Augen wieder sehen, der Kopf wieder denken und nicht zuletzt das Motorrad abbiegen kann.

 

Speedweekend Salzburgring 2008 Video

Was wir gelernt haben: Man muss sich Zeit lassen, um eine Strecke kennen zu lernen. Vielleicht lernt man sie so zu lieben. Und: Man sollte sich keine Zeit lassen, die Strecke zu verlassen, wenn der eigene Motor Öl verliert und die rot gelbe Flagge geschwenkt wird. Sonst wird man schnell zum Mister Unbeliebt.

Wer sich das Video auf seinen Computer downloaden möchte, klickt mit der rechten Maustaste hier und wählt "Ziel speichern unter".

Schnitt: Volli
Videodreh: kot

Wie gesagt....was auf dem Spiel steht.

 
Ein gesunder Geist lässt einen gesunden Körper hier einfach nicht am Gas bleiben. Das ist anfangs so, als würde man seiner Hand erklären wollen, doch bitte auf der heissen Herdplatte liegen zu bleiben, es wird schon nix passieren. Das ist gegen die Natur, die mit ihren mitgegebenen Reflexen und Instinkten nichts anderes will, als uns am Leben zu erhalten. Und plötzlich soll man als rudimentärer Racer gegen 7 Millionen Jahre Evolution und Naturgeschichte arbeiten, das kann nicht einfach so funktionieren, das braucht schon einige Runden. Nach den ersten wollte ich übrigens unverzüglich abreisen, habe geflucht und geschimpft, wie krank man sein müsste, um sich so eine Streckenführung einfallen zu lassen und wünschte mir sehnlichst, ich hätte die Lautstärkenkontrolle nicht bestanden. 2 Turns später hätte ich glücklicher nicht sein können, die Strecke gibt einfach alles her, man muss sich nur trauen, die Geschenke zu akzeptieren, die sie den Mutigen bringt. Dann weicht die Furcht schnell der Freude und was man anfangs noch gern umfahren hätte, wird zum Highlight jeder Runde.

Plötzlich fährt der 6. in den Begrenzer und du schnalzt mit 265 auf die lange Rechts zu. Jetzt bist du am Ziel, mehr geht nicht. Du hast den grössten Achttausender bestiegen, die stärkste Mauer durchbrochen, die höchste Wahrheit enträtselt. Du hast dir soeben selbst bewiesen, dass du einzigartig bist, weil du den Mut hattest, voll am Gas zu bleiben, bis die Maschine das weisse Handtuch werfen musste. Diesen Moment wirst du nie vergessen. Denn genau in diesem Moment reisst es eine Tausender an dir vorbei. Der Traum ist zu Ende. Willkommen zurück auf dieser endlos kranken Welt, willkommen in der grünen Hölle des Salzburgrings.

Nächste Station Brünn, 30.5 bis 1.6. Es wird schnell.

 

www.speedweekend.honda.at

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Text: Christoph Lentsch
Fotos: Walter Wimmer für Enenkel Racing, kot, Anita Kohlweg

 

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Bericht vom 16.05.2008 | 4'147 Aufrufe

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