Kawasaki Versys 650 Test 2015

Die Versys 650 von Kawasaki – stärker und schöner

Die Neuauflage der Kawasaki Versys 650 ist viel mehr als nur ein Facelift – meint zumindest die Marketing-Abteilung der Grünen. Immerhin wurde der Motor um 5 PS stärker, der Heckrahmen überarbeitet, die Bremse verbessert und die Ausstattung aufgewertet, um nur einige Neuheiten zu nennen. Sowohl den Kunden als auch Kawasaki selbst wird es aber bestimmt freuen, dass vor allem die Optik des neuen Jahrgangs enorm gewonnen hat.

Markengesichter sind zur Zeit unbestreitbar in Mode und Kawasaki nimmt es damit ganz genau. Im Programm der Grünen gibt es kaum noch ein Modell, das nicht die beiden spitz zulaufenden, aggressiv wirkenden Scheinwerfer hätte. Während es bei anderen Herstellern aber stört, tut es bei Kawasaki richtig gut immerhin passt eine sportliche Optik ausgezeichnet zu den Japanerinnen. Vor allem passt es aber zur neuen Kawasaki Versys 650, die nun nicht mehr den etwas fragwürdigen Scheinwerfer in Pilzform trägt sondern eben zwei scharf gezeichnete Schlitzaugen.

Damit einher geht aber nicht nur eine ernstzunehmendere Optik sondern auch handfeste, praktische Vorteile: Das Windschild ist nun grösser und 60 Millimeter höhenverstellbar. Letzteres sogar ohne Werkzeug, allerdings nicht während der Fahrt, weil die beiden Verstell-Drehräder aussen an der Scheibe sitzen. Schmecks, die Möglichkeit an sich ist bereits viel wert und macht aus der Versys eine viel bessere Tourerin als die Vorgängerin es war. Auch der erstarkte Motor bringt mehr Souveränität ins Spiel, statt 64 PS stehen nun 69 PS bei 8500 Umdrehungen zur Verfügung. Auch das Drehmoment wird geringfügig auf 64 Newtonmeter bei 7000 Touren angehoben.

Der Motor der Versys 650 wurde stärker - quirlig ist er nach wie vor

Davon profitiert vor allem die Drehzahlmitte zumindest am Papier. Dass sich das Leistungsplus gegenüber der Vorgängerin nämlich nicht allzu brachial auswirkt leigt vor allem daran, dass der quirlige Reihen-Zweizylindermotor mit 649 Kubik Hubraum schon vorher keine lahme Ente war sondern erstaunlich viel Schmalz für solch eine kleine Reise-Enduro ablieferte. Mit grossen Enduros sollte man sich freilich nicht messen, da hat man gewiss das Nachsehen, im Gebiet ihrer natürlichen Feinde wie etwa Suzuki V-Strom 650 ist die neue Versys 650 aber ein ziemlich scharfes Eisen.

Eine Bremse, die niemanden erschreckt

Auch die Bremsanlage wurde in die sportliche Richtung überarbeitet, da war die Vorgängerin aber auch allzu lasch unterwegs. Die neue Versys 650 besitzt nun einen neuen Hauptbremszylinder, der die Zweikolbenanlage mit 300er-Scheiben effizienter macht. Ganz zufrieden bin ich zwar immer noch nicht, zu gross ist meiner Meinung nach die aufzubringende Kraft, um eine anständige Verzögerung zu erreichen das allerdings bei sehr provokanter Fahrweise, die man der angepeilten Käuferschaft von Kawasaki zu Recht nicht unbedingt zuordnet. So wie es sich in dieser Klasse gehört, erschreckt die Bremse jedenfalls keinen Einsteiger oder Anfänger.

Komfortables und wendiges Fahrverhalten

Das Fahrwerk wurde ebenfalls gehörig in die Mangel genommen, an der Front dämpft und federt nun eine 41 Millimeter Showa-Telegabel mit getrennten Funktionen in beiden Holmen links wird gefedert, rechts gedämpft. Die Änderungsmassnahmen bewirken auch um 25 Millimeter längere Federwege, was natürlich vor allem einem gesteigerten Komfort zugute kommt. Damit entspricht das Fahrwerk wieder dem Gedanken, nichts und niemanden erschrecken zu wollen. Bei allzu sportlicher Fahrweise dürfte es daher durchaus straffer zu Werke gehen, dafür lässt sich die Federvorspannung des hinteren Federbeins praktisch per Handrad verstellen.

Die spacige Ganganzeige ist nur optional erhältlich

Sehr lobenswert, wenn auch etwas skurril umgesetzt ist nun die Ganganzeige, die einen eigenen Platz im unteren Teil der Cockpitverkleidung bekam und mit ihren rot leuchtenden Ziffern im Stil alter Digital-Uhren ziemlich cool wirkt. Ein wenig ärgerlich und unverständlich ist, warum dieses, bei anderen Herstellern durchaus gängige Feature bei Kawasaki nun immer noch nicht serienmässig mit an Bord ist sondern sogar Aufpreis kostet! Wie viel, steht noch nicht fest, man kann nur hoffen, dass es sich dezent im zweistelligen Eurobereich einordnet alles darüber wäre ziemlich dreist für eine zwar coole aber doch nicht unbedingt aussergewöhnliche Lösung.

Zubehör auf Höhe der Zeit

Auf der Höhe der Zeit befinden sich hingegen die restlichen optionalen Zubehörteile. Das Kofferset ist bündig und farblich in die Versys 650 integriert und wer beispielsweise in der Stadt die Kolonnen-durchstech-Verhinderer abmontiert, muss nun keine hässlichen Träger mehr in Kauf nehmen. Auch Heizgriffe, Nebelscheinwerfer in moderner LED-Optik und eine 12 Volt-Steckdose sind praktische Gimmicks und erhöhen die Reiselust auf der "kleinen" Versys enorm.

Fazit: Kawasaki Versys 650 2015

Die neue Versys 650 ist wahrlich mehr als nur eine geliftete alte Dame – neben der zeitgemässen Optik wurden auch der Motor, das Fahrwerk und die Ausstattungsliste überarbeitet. Sie bleibt ihrer sportlichen Linie treu, die 5 PS mehr kommen für eine gesteigerte Souveränität dem mittleren Drehzahlbereich zugute - allerdings war auch schon die Vorgängerin eine herrlich quirlige Spassmaschine. Der Komfort wird stattdessen durch schlaue Lösungen wie das grössere und nun höhenverstellbare Windschild enorm gesteigert. Schliesslich sind auch die optionalen Features auf der Höhe der Zeit: Schöne und geräumige Koffer, Heizgriffe, LED-Nebelscheinwerfer, Rahmen-Schutzbügel und eine 12 V-Steckdose. Lediglich die Tatsache, dass für die Ganganzeige Aufpreis verlangt wird, trübt das Bild der gelungenen Mittelklasse-Reiseenduro ein wenig.


  • quirliger Motor
  • bequeme Sitzposition
  • effektives, verstellbares Windschild
  • komfortables Fahrwerk
  • sportliche Optik
  • Ganganzeige kostet Aufpreis
  • schaukelt in schnellen Kurven etwas auf
  • Bremse benötigt viel Handkraft

Bericht vom 02.01.2015 | 25'437 Aufrufe

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