BMW G 310 GS Test

Der perfekte Einstieg in die Reise-Enduro-Szene?

Einsteiger-freundliche Naked Bikes gibt es Zuhauf. Auch Cruiser und Supersportler findet man für Fahranfänger. Doch im Reise-Enduro-Segment sind sie rar gestreut. Die BMW G 310 GS will genau das sein. Eine Reise-Enduro für jedermann. Doch wie viel taugt die "kleinste" GS für komplette Anfänger? Um das herauszufinden bin ich, Gregor, Praktikant bei 1000PS und kompletter Fahranfänger, mit dem Bike zwei Wochen lang gefahren.

Die GS-Modelle von BMW sind weltbekannt und fast schon Kult. Doch ideal für Einsteiger würde sie wohl kaum jemand nennen. Vor allem durch ihre Grösse und Gewicht wirken sie für Anfänger geradezu einschüchternd. Doch die BMW G 310 GS sucht den Mittelweg aus klassischer GS und Naked-Bike der A2-Klasse. Mit Erfolg!

Fahrzeuggeometrie der BMW G 310 GS

Vom Gittterrohrahmen, über den Radstand von 1.420 mm bis zur Sitzposition die G 310 GS zeigt sich als echte GS und steht ihren grossen Schwestern in fast nichts nach. Sicher und gemütlich nimmt man in dem hohen Sitz Platz. Mit 835 mm Sitzhöhe bei Leergewicht ist sie zwar nicht übertrieben hoch, kleinere Menschen könnten aber trotzdem leichte Schwierigkeiten haben. Vor allem der Gepäckträger hinter dem Soziussitz ist recht hoch und kann einem müde geschwungenen Bein manchmal in die Quere kommen. Doch beim Sitzen thront man auf der G 310 GS wie ein König. Die Sitzbank ist weich und gemütlich, der Schrittbogen angenehm und die gesamte Haltung sehr aufrecht. Das gibt einen super Überblick über die Umgebung und vermittelt ein sehr sicheres Gefühl. Der Lenker ist leicht gekröpft und recht breit, was auch zu diesem sicheren, selbstbewussten Gefühl auf der GS passt.

Abenteuer im Alltag erleben auf der BMW G 310 GS

Am Heimweg liegt ein Waldweg der nur so nach Abenteuer schreit? Mit der G 310 GS überhaupt kein Problem. Genügend Bodenfreiheit, 180 mm Federweg sowohl vorne als auch hinten, abschaltbares ABS und Stollenreifen machen es möglich. Auch hier braucht sich die kleine GS nicht verstecken. Selbst steilere Schotterstrassen werden selbstbewusst attackiert und mit Leichtigkeit überwunden. Waldwege mit Wurzeln sind auch kein Problem. Erst bei grobem Schotter mit ausgewaschenen Wasserrinnen wird die Maschine etwas instabil und vor allem die Reifen wollen nicht mehr richtig Grip finden. Das mag aber auch nur am Reifendruck liegen, den ich natürlich nicht vor der kleinen Offroad-Session verändert habe. Aber um solche Wege zu überwinden geht es der BMW G 310 GS gar nicht. Sie brilliert darin, dem Fahrer Möglichkeiten auf kleine Abenteuer im Alltag zu bieten.

Alltagstauglichkeit der BMW G 310 GS

Nach 1700 gefahrenen Kilometern kann ich bestätigen: Der Weg in die Arbeit, auf die Universität oder zum Einkaufen gestaltet sich auf der BMW G 310 GS sehr angenehm. Die Sitzposition ist gemütlich, Platz für kleinere Gepäckstücke gibt es allemal und das geringe Gewicht von nur 170 kg (fahrfertig, vollgetankt) macht Rangieren sehr leicht. Laut Werksangabe verbraucht die G 310 GS 3,33 l/100km, was bei dem 11 Liter fassenden Tank eine Reichweite von 300 km bedeutet. In der Realität waren es bei mir, bedingt durch zeitweise etwas sportlicheres Fahren eher gegen 250 km pro Tankfüllung. Doch das reicht auch vollkommen für die tagtäglichen Wege, und selbst etwas längere Ausfahrten gehen sich aus. Ich selbst bin das erste Mal zur legendären Kalten Kuchl in Niederösterreich gefahren, und der ganze Weg (Wien Kalte Kuchl - und wieder zurück) von ca. 200 km auf kurvigen und hügeligen Strassen ging sich locker ohne nachtanken aus.

BMW G 310 GS – Motor und Leistung

Verbaut ist ein wassergekühlter Einzylinder-Viertakt-Motor mit 313 cm³ und Nasssumpfschmierung. Dieser Motor leistet 25 kW (34 PS) bei 9500 U/min und 28 Nm bei 7500 U/min. Die Gasannahme und Leistungsentfaltung ist sehr sanft und linear, wobei der verfügbare Schub in den oberen Drehzahlbereichen deutlich zurückgeht. Und so kommen wir auch zum grössten Manko der BMW G 310 GS. Selbst für mich als kompletten Fahranfänger, der seine ersten Strassenkilometer auf zwei Rädern, teilweise mit vollen Hosen und mit viel Unsicherheit, auf dieser Maschine gefahren ist, waren 34 PS einfach zu wenig Leistung für die BMW. Dabei geht es überhaupt nicht um sportliches Fahren oder Raserei, sondern um Alltagstauglichkeit. Bis 70 km/h fährt das Bike rund und harmonisch, doch will man mal auf etwas höhere Geschwindigkeiten beschleunigen will die G 310 GS nicht auf Touren kommen. Man dreht am Gashebel wie ein Wahnsinniger und sieht trotzdem die Km/h am Tacho nur langsam steigen. Auch Landstrassen oder Autobahnfahrten sind eher ungemütlich. Laut BMW ist die Höchstgeschwindigkeit 143 km/h, doch durch die geringe Leistung benötigt der Motor schon bei 120 km/h 8000 Umdrehungen/min und eine fleissige Hand am Gasgriff. Gemütlich die Schnellstrasse nach Hause fahren fühlt sich anders an.

Wertigkeit und Preis der BMW G 310 GS

Wie von BMW nicht anders zu erwarten sind die verbauten Teile alle hochwertig, und das spürt man auch. Nichts knarzt, hat übermässiges Spiel oder fühlt sich seltsam an. Das Display ist zwar unspektakulär, bietet aber mit Ganganzeige, gefahrenen Kilometern, verbliebene Reichweite, Drehzahl- und Geschwindigkeitsanzeige alles was man benötigt. Zusätzlich gibt es, ganz BMW-typisch, noch jede Menge Zubehör auf der BMW Website, um sein Motorrad ordentlich zu pimpen. Doch all diese Qualität und Wertigkeit hat ihren Preis. Die BMW G 310 GS kostet in Deutschland 5.800 € und in Österreich um die 6000 €. Das ist schon ein ordentlicher Batzen, besonders für junge Motorradfahrer bei denen das Geld meistens nicht so locker sitzt.

Fazit: BMW G 310 GS 2018

Die BMW ist ein tolles, einfaches und sehr gemütliches Einsteiger-Motorrad für abenteuerlustige Alltagsfahrer. Sowohl Pendeln, als auch Tagestouren funktionieren sehr gut mit ihr. Doch die Leistung ist schon recht wenig. Mit 34 PS ist sie zwar sehr Anfänger-freundlich, allerdings wünscht man sich sehr schnell mehr Punch und Kraft. Gerade bei einem Preis von ca. 6000 € ist es fraglich, ob man finanziell einen so schnellen Wechsel an Motorrädern verkraften kann, oder nicht gleich zu einem stärkeren Bike in der A2-Klasse greift.


  • Gemütliche Sitzposition
  • niedriges Gewicht
  • hochwertige Verarbeitung
  • Einsteiger-freundliche Gasannahme
  • auch Fahrten durch leichtes Gelände möglich
  • wenig Leistung, vor allem bei höheren Geschwindigkeiten
  • hoher Preis

Bericht vom 30.08.2018 | 104'251 Aufrufe

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